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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kirschbomben kaum Wirkung zeitigten, und dicht aneinander gedrängt auf den Baum zumarschierten. Dann machten sie sich mit ihren Schwertern über den Stamm her.
    »OooOooO!« stöhnte der Baum, und es klang, als würde der Wind seufzend durch sein Geäst streichen. Er erlitt schreckliche Schmerzen.
    Blyght ließ sich auf die Phalanx fallen und kniete sich auf die Schilde, um Lücken und Ritzen ausfindig zu machen. Durch diese quetschte sie weitere Kirschbomben. Die Explosionen in dem beengten Raum der Formation sprengte die überlappenden Schilde auseinander. Rauch quoll hervor, und die hustenden, um sich schlagenden Soldaten erhöhten noch das Durcheinander. Blyght verlor den Halt und stürzte mitten in die Phalanx hinein.
    Nun grabschten die unverletzten Punier nach dem Messingmädchen. Blyght wehrte sich verzweifelt, doch es waren ihrer zu viele, und sie waren ihr an Kräften überlegen. »Schaut mal, was wir hier haben!« rief einer von ihnen lechzend. »Eine goldene Nymphe!«
    »Ha, was wir mit der anfangen, wissen wir ja!« rief ein anderer. »Haltet mal ihre Arme und Beine fest…«
    Imbri, die all dies aus der Tiefe des Urwalds mit angesehen hatte, galoppierte zum Versteck der Sirene hinüber. Sobald sie auf Empfangsentfernung war, sendete sie ihre Nachricht: »Sie haben Blyght! Sie hauen Goldys Baum ab! Jetzt bist du an der Reihe!«
    Die Sirene nickte. Sie legte Hand an die Harfe und begann zu spielen. Magisch erklang Musik und durchdrang die Luft. Dann begann sie zu singen. Ihre Stimme verschmolz auf seltsame Weise mit den Noten zu einer ungewöhnlichen, aber unwiderstehlichen Melodie. Es war weder die Harfe noch ihre Stimme allein, sondern die Kombination der beiden, die ihre Magie ausmachten. Die Töne umschmeichelten das Schlachtfeld und durchdrangen die Umgebung.
    Die mundanischen Männer reagierten ganz anders als die xanthischen Frauen: Die Soldaten richteten sich lauschend auf, indem sie alles stehen und liegen ließen, was sie gerade noch getan hatten. Manche waren soeben im Begriff gewesen, Pfeile in ihre Bögen einzulegen, andere hatten Blyght festgehalten, um an ihr eine schreckliche männliche Schandtat zu vollziehen. Nachdem sie einen Augenblick reglos verharrt hatten, kehrten sie ihre Gesichter der Musik zu. Blyght Messingmädchen, die zwar einige Beulen und Dellen abbekommen hatte, ansonsten aber unversehrt war, sackte zu Boden. Die Männer hatten das Interesse an ihr verloren.
    Jetzt war von Truppenformation nicht mehr die Rede: nur noch ein einziger schlafwandlerischer Ansturm auf die Sirene. Fast fünfundzwanzig Jahre lang war die Macht der Meerjungfrau durch den Verlust ihres Instruments geschwächt gewesen, doch nun wurde sie wieder in all ihrer betörenden Kraft offenbar. Die Mundanier drängten dem Klang nach und stießen einander dabei grob aus dem Weg. Wie Treibgut sammelten sie sich an dem engen Zugang zu der Lichtung, auf der die Sirene saß und sang, blindlings stießen und schoben sie einander hinein.
    Neben der Sirene stand die Gorgone. Als die Männer nach und nach eintraten, schob sie ihren Schleier beiseite und blickte ihnen ins Gesicht. Sofort verwandelte sich einer nach dem anderen in eine steinerne Statue. Doch die nachdrängenden Mundanier störte das nicht, sie kamen hinterher und wurden ihrerseits versteinert.
    Imbri stand hinter der Gorgone und sah zu. Das war der sicherste Platz, denn wenn die Magie der Sirene auch nur auf Männer wirkte, stellte die Gorgone für alle eine Gefahr dar. Zusammen waren die beiden einfach tödlich. Wenn das in diesem Tempo weiterging, war bald die gesamte mundanische Armee versteinert!
    Da nahmen Imbris empfindliche Ohren einen fernen Ruf wahr. »Imbri! Vorsicht!« Es war eines der Mädchen; was war da los?
    Imbri verließ den Garten der Statuen und galoppierte an den Puniern vorbei, die sie gar nicht beachteten.
    Tandy hatte gerufen. Sie hatte sich am Rande des Geschehens für einen Einsatz bei unvorhergesehenen Ereignissen zur Verfügung gehalten, und ein ebensolches hatte sie gerade zu ihrem Entsetzen zu melden. »Mein eigener Mann!« rief sie. »Krach! Chet und Grundy haben ihn wohl verfehlt, und jetzt ist er gekommen, um Meldung zu machen. Der Sirenengesang hat ihn betört, und ich kann ihn nicht aufhalten!«
    Tatsächlich stampfte der Oger gerade hinter den Mundaniern her. Die Melodie hatte ihn völlig betört. Er war doppelt so groß wie jeder der Mundanier und sechsmal so schwer. Außerdem verfügte er im Augenblick über seine

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