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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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dann, unter idealen Bedingungen, schließlich doch noch zu treffen. Vielleicht hätte Imbri ihn doch von Anfang an ausschalten sollen, denn nun erwies er sich als große Gefahr. Wen würde er als nächstes treffen?
    »Ich glaube, du solltest dich aus der Sichtlinie des Schlosses begeben«, sagte Imbri zu der Gorgone. »Blyght und ich sind aus der Nachtwelt, deshalb kann er uns nicht auf diese Weise verzaubern. Aber du…«
    Hastig schlich die Gorgone um den Baumstamm herum, bis sie Schloß Roogna nicht mehr sehen konnte. Doch ohne Goldys Unterstützung wurde die Lage heikel. Nun konnten die Mundanier erneut eine Phalanx bilden, ohne daß ständig einzelne Soldaten aus ihrer Mitte gerissen wurden. Sie hielten ihre Schilde an manchen Stellen schräg wie Spiegel, um sich genau auf den Baum zu orientieren. Diesmal würden sie den Gegner nicht aufhalten können!
    »Wir müssen fort von hier, es sind zu viele«, sendete Imbri.
    So machten sie sich daran, die Stellung zu wechseln, wobei Imbri sowohl Blyght als auch die Gorgone trug. Die Doppellast erwies sich als sehr hinderlich, zumal Blyght natürlich mehr wog als ein Wesen aus Fleisch und Blut, doch die Phalanx konnte sie nur schleppend verfolgen, so daß Imbri mit einem schwerfälligen Galopp den Schutz des Hauptwaldes erreichte.
    Da spürte sie, wie die Gorgone von ihrem Rücken glitt. Blyght hielt sie fest, um sie nicht stürzen zu lassen, doch das war leider nur das kleinere Problem.
    Sie hatten sich ins Sichtfeld des Pferdmenschen begeben, und der hatte die Gorgone, wahrscheinlich auf der Lauer liegend, erwischt. Vielleicht hatte er auch bloß Glück gehabt, doch dieser Verlust wog auf jeden Fall schwer. Nun besaßen sie keine wirklich wirkungsvolle Waffe gegen die Mundanier mehr. Sie konnten sich nur noch verstecken, bis die Nacht anbrach und darauf hoffen, daß die Pflanzen um Schloß Roogna den Pferdmenschen bis dahin aufhalten würden. Imbri war nicht sonderlich stolz auf ihre bisherigen Erfolge. Sie hätte sich eigentlich denken müssen, daß der Pferdmensch jede Gelegenheit nutzen würde, um zuzuschlagen.
    Die Mundanier verfolgten sie nicht weiter, vielleicht fürchteten sie eine neue Falle. Wahrscheinlich genügte es ihnen schon, die Verteidiger zurückgeschlagen zu haben, da sie ja wohl nicht wußten, daß die Gorgone endgültig ausgeschaltet worden war. Schon bald hatte Imbri mit ihrer Last die Tiefen des ruhigen Urwaldes erreicht, wo sie mit Blyght zusammen die Gorgone in einem Kissenstrauch ablegte, mit einer Decke von einem Deckenbaum schützte und liegen ließ. Da die meisten Ungeheuer und Raubtiere dieses Gebiet bereits verlassen hatten, weil den Mundaniern der Ruf vorauseilte, Ungeheuerjäger zu sein, war die Gorgone hier für ein paar Stunden in Sicherheit. Danach begaben Imbri und Blyght sich wieder an den Waldrand, um die Punier zu beobachten.
    Irenes Pflanzen hatten noch nichts von ihrer Kraft eingebüßt. Der erste Mundanier, der sich zu nahe an das Haupttor wagte, wurde prompt von den wachsamen Schlingpflanzen und Greifern verspeist.
    Stücke von ihm fielen ins Gras hinab und wurden von diesem gierig aufgefressen. Andere Soldaten stürzten in den Schloßgraben, wo die Grabenungeheuer mit den Krakentanggewächsen um ihre Beute wetteiferten. Das lehrte die Punier erneut Vorsicht.
    Nun versuchten die Soldaten es erneut mit einem Rammbock, mit dem sie bis zum Grabenrand liefen, um ihn dann gegen die Mauern zu schleudern. Doch die Tentakel der Gewirrbäume fingen ihn auf und ließen ihn auf die Köpfe der Männer stürzen.
    Die Mundanier hielten Kriegsrat und verteilten sich schließlich.
    »Was haben die vor?« fragte Blyght.
    Die Antwort kam bald: Die Männer sammelten trockenes Holz. »Sie werden es mit Feuer versuchen«, sendete Imbri.
    »Oh, das wird den Pflanzen aber gar nicht gefallen!« meinte das Messingmädchen besorgt. »Aber hält Wasser denn Feuer nicht auf?«
    »Das schon«, erwiderte Imbri, »aber die Mundanier haben sich schon manches Mal als sehr einfallsreich erwiesen. Bestimmt haben sie einen Plan, wie sie dieses Problem lösen können.«
    Imbri spähte zum Himmel empor. Die Sonne hatte an Höhe verloren, wie jeden Tag, nachdem sie zu müde geworden war, sich oben zu halten. Bald würde die Nacht einbrechen. Sie bezweifelte, daß es den Mundaniern gelingen würde, ihren Anführer noch vor Nachteinbruch zu befreien. »Sobald es Nacht geworden ist, werde ich ins Schloß eindringen und mich dem Pferdmenschen stellen«, sendete Imbri.

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