Nacht ohne Ende
hätte sie ihn nicht gehört. »Eine der Geiseln, ein Mann, hat offenbar gewisse medizinische Kenntnisse. Er kümmert sich um das Mädchen, aber sie haben einen Arzt angefordert.«
Dendy ließ voller Wut seine Faust auf den Schreibtisch niederkrachen. »Verdammt noch mal, ich will, dass Sie Sabra dort rausholen, haben Sie mich gehört?«
»Wir haben Sie gehört, Mr. Dendy«, sagte Calloway mit schwindender Geduld.
»Es kümmert mich nicht, wie Sie das anstellen, und wenn Sie sie mit Dynamit aus dem Laden raussprengen müssen.«
»Nun, mich kümmert es schon. Laut Aussage der Sprecherin ist bisher niemand verletzt worden.«
»Meine Tochter liegt in den Wehen!«
»Und wir werden sie sobald wie möglich in ein Krankenhaus bringen. Aber ich werde nichts unternehmen, was diese Geiseln, Ihre Tochter oder Mr. Davison in Lebensgefahr bringen könnte.«
»Hören Sie, Calloway, wenn Sie diese Situation wie ein Schlappschwanz angehen wollen -«
»Wie ich das Problem anpacken werde, ist ganz allein meine Sache, nicht Ihre. Ist das klar?«
Russell Dendy stand in dem Ruf, ein äußerst unangenehmer Zeitgenosse zu sein. Leider hatte die Begegnung mit ihm weder irgendwelche Gerüchte zerstreut, noch hatte sie etwas an Calloways vorgefasster Meinung von dem Millionär geändert.
Dendy übte eine despotische Aufsicht über mehrere Unternehmen aus. Er war es nicht gewohnt, jemand anderem die Kontrolle zu überlassen oder auch nur irgendjemandem ein Mitspracherecht einzuräumen, wenn es darum ging, wie die Dinge gehandhabt werden sollten. In seinen Firmen herrschten keine demokratischen Grundsätze, genauso wenig wie in seiner Familie. Mrs. Dendy hatte den ganzen Tag über nichts anderes getan, als in ihr Taschentuch zu schluchzen und die Antworten ihres Ehemannes auf die prüfenden Fragen der Agenten über ihr Familienleben und die Beziehung zu ihrer Tochter nachzuplappern. Sie hatte nicht ein einziges Mal eine Ansicht geäußert, die von der ihres Mannes abwich.
Von Anfang an hatte Calloway starke Zweifel an Dendys Behauptung gehabt, dass seine Tochter gekidnappt worden wäre. Stattdessen baute er mehr auf die realistischere Version: Sabra Dendy war mit ihrem Freund von zu Hause abgehauen, um ihrem tyrannischen Vater zu entkommen.
Russ Dendy kochte förmlich vor Wut über Calloways Anpfiff. »Ich fahre jetzt dort raus.«
»Davon würde ich Ihnen dringend abraten.«
»Als ob ich einen feuchten Dreck darum geben würde, was Sie mir raten.«
»In unserem Helikopter ist kein Platz für zusätzliche Passagiere«, rief der Agent Dendy nach.
»Dann werde ich eben in meinem Lear fliegen.«
Er stürmte aus dem Raum und erteilte mit scharfer Stimme Anweisungen an seine Schar von Handlangern, die allgegenwärtig waren, so stumm und unauffällig wie Möbelstücke, bis Dendys gebrüllte Befehle sie in Aktion treten ließen. Sie gingen im Gänsemarsch hinter ihm aus dem Haus. Mrs. Dendy wurde ignoriert und auch nicht aufgefordert, mitzukommen.
Calloway schaltete die Lautsprechereinrichtung am Telefon wieder aus und griff nach dem Hörer, damit er die Agentin am anderen Ende der Leitung besser hören konnte. »Ich schätze, Sie haben all das eben mitbekommen.«
»Sie haben wirklich alle Hände voll zu tun, Calloway.«
»Das können Sie laut sagen. Wie sind die Behördenvertreter dort draußen?«
»Nach dem, was ich gehört habe, ist Montez ein kompetenter Sheriff, aber er ist mit dem Problem ganz einfach überfordert, und er ist klug genug, um das zu wissen. Er bekommt Unterstützung von den Rangers und der Highway-Streife.«
»Was meinen Sie, werden sie sich über unsere Anwesenheit ärgern?«
»Tun Sie das nicht immer?«, gab sie trocken zurück.
»Tja, uns wurde der Fall als Entführung gemeldet. Und ich werde es vorläufig dabei belassen, bis ich es besser weiß.«
»Tatsächlich wird Montez wahrscheinlich sogar froh sein, das Problem auf uns abwälzen zu können. Seine Hauptsorge ist, dass sich jemand als Held aufspielen könnte. Er will jedes Blutvergießen vermeiden.«
»Dann sind er und ich ja auf der derselben Wellenlänge«, erwiderte Calloway. »Ich glaube, wir haben es hier mit zwei in Panik geratenen Kids zu tun, die sich in eine heikle Situation hineinmanövriert haben, aus der sie keinen Ausweg finden können. Was wissen Sie über die Geiseln?«
Sie lieferte ihm eine Aufschlüsselung nach Geschlecht. »Einer der Männer ist von Sheriff Montez als ortsansässiger Rancher identifiziert worden. Die Kassiererin
Weitere Kostenlose Bücher