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Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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locken, fragte er ihn: »Wer überwacht die Maschine, während Sie zu Abend essen, Eddie?«
    »Mickey Finn, der Zweite Ingenieur, übernimmt meinen Posten«, erwiderte Eddie freundlich, verzog jedoch keine Miene. »Die Besatzung besteht aus neun Leuten plus den beiden Stewards. Außer dem Captain arbeiten wir alle in Vier-Stunden-Schichten. Jack und ich hatten seit dem Start in Southampton um zwei Uhr Dienst und sind um sechs, also erst vor ein paar Minuten, abgelöst worden.«
    »Und der Captain?« warf Tom Luther besorgt ein. »Nimmt er irgendwelche Pillen, damit er wach bleibt?«
    »Er macht hin und wieder ein Nickerchen«, sagte Eddie.
    »Wenn wir erst den Punkt ohne Wiederkehr hinter uns haben, wird er wahrscheinlich eine längere Pause machen.«
    »Dann fliegen wir also durch die Lüfte, und der Captain schläft?« fragte Luther mit unwillkürlich erhobener Stimme.
    »So ist es«, gab Eddie grinsend zurück.
    Luther wirkte derart entsetzt, daß Harry versuchte, die Unterhaltung in ruhigere Bahnen zu lenken. »Was ist das, der Punkt ohne Wiederkehr?«
    »Wir überwachen ständig unsere Treibstoffreserven, und wenn sie für einen Rückflug nach Foynes nicht mehr ausreichen, dann haben wir den Punkt ohne Wiederkehr passiert«, sagte Eddie brüsk, und Harry zweifelte nicht mehr daran, daß der Ingenieur alles daransetzte, um Tom Luther den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben.
    Der Navigator mischte sich ein, um Ausgleich bemüht: »Im Augenblick haben wir noch Treibstoff genug, so daß wir sowohl unser Ziel erreichen als auch noch umkehren können.«
    »Und was passiert, wenn unsere Reserven weder ausreichen, um ans Ziel zu kommen, noch um zurückzufliegen?« wollte Luther wissen.
    Eddie lehnte sich über den Tisch und grinste Luther unverfroren an. »Verlassen Sie sich ruhig auf mich, Mr. Luther.«
    »So etwas kann gar nicht passieren«, fügte der Navigator eilig hinzu. »Wir würden sofort nach Foynes zurückfliegen, noch bevor dieser Punkt erreicht wäre. Außerdem basieren unsere Berechnungen sicherheitshalber auf drei statt auf vier Motoren – nur für den Fall, daß einer ausfällt.«
    Jack versuchte, Luther Mut zu machen, doch das Gerede vom Maschinenschaden verunsicherte den Mann nur noch mehr. Er führte seinen Löffel zum Mund, aber seine Hand zitterte so stark, daß die Suppe auf seiner Krawatte landete.
    Eddie war anscheinend zufriedengestellt und hüllte sich wieder in Schweigen. Jack bemühte sich um ein unverfängliches Gespräch, und Harry hielt mit, so gut er konnte. Dennoch blieb die Stimmung gedrückt. Harry fragte sich, was zum Teufel zwischen Eddie und Luther vorgehen mochte.
    Der Speiseraum füllte sich nun zusehends. Die schöne Frau in dem gepunkteten Kleid ließ sich mit ihrem Begleiter im blauen Blazer am Nebentisch nieder. Harry hatte herausgefunden, daß es sich um Diana Lovesey und Mark Alder handelte. Margaret sollte sich wie diese Frau kleiden, dachte Harry. Sie sähe sogar noch besser aus als Mrs. Lovesey. Die jedoch wirkte ganz und gar nicht glücklich, im Gegenteil, sie machte einen geradezu elenden Eindruck.
    Der Service war gut, und das Essen ausgezeichnet. Der Hauptgang bestand aus Filet Mignon mit Spargelcreme und Kartoffelpüree. Das Filetstück war ungefähr doppelt so groß wie in englischen Restaurants üblich. Harry aß es nicht ganz auf und lehnte auch das zweite Glas Wein dankend ab. Er mußte hellwach bleiben – schließlich wollte er das Delhi-Ensemble stehlen, und der Gedanke daran erfüllte ihn sowohl mit Erregung als auch mit Beklommenheit. Es ging um den größten Coup seiner Laufbahn, der, wenn er Glück hatte, der letzte seines Lebens werden konnte. Vielleicht trug er ihm den efeuumrankten Landsitz samt Tennisplatz ein.
    Zu Harrys Überraschung wurde nach dem Filet Salat aufgetragen. In den vornehmen Restaurants in London gab es nur selten Salat, und wenn, dann gewiß nicht als separaten Gang nach dem Hauptgericht.
    In rascher Folge kamen Pfirsich Melba, Kaffee und Petits fours. Eddie, dem Ingenieur, schien seine Ungeselligkeit endlich aufzufallen; er versuchte, mit Harry ein Gespräch anzuknüpfen. »Darf ich fragen, was der Zweck Ihrer Reise ist, Mr. Vandenpost?«
    »Ich glaube, ich will einfach Hitler aus dem Weg gehen«, sagte Harry. »Zumindest so lange, bis Amerika in den Krieg eintritt.«
    »Sie halten das für möglich?« erkundigte sich Eddie skeptisch.
    »Beim letztenmal war es doch auch so.«
    Tom Luther meinte: »Wir haben keinen Streit mit cbn

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