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Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gefährlich nahe. »Du an meiner Stelle hättest das getan, ich weiß. Was mich betrifft: Ich beantworte keine Fragen mehr. Aber vergiß nicht: Wenn du morgen mit mir stimmst, bist du in Sicherheit – wenn nicht, dann geht‘s dir an den Kragen.« Sie setzte ihm schwer zu, und zwar in einer Sprache, die er verstand. Wird er jetzt endlich kuschen? dachte sie. Oder wird er sich zur Wehr setzen ?
    »Wie redest du eigentlich mit mir? Ich kannte dich schon, als du noch in den Windeln lagst.«
    Sie gab ihrer Stimme einen versöhnlicheren Klang. »Ist das nicht Grund genug, mir zu helfen?«
    Es entstand eine lange Pause. Dann sagte er: »Mir bleibt wohl keine Wahl, oder?«
    »Das sehe ich auch so.«
    »Na gut«, sagte er widerwillig. »Ich geb‘ dir morgen meine Stimme, wenn du diese andere Sache aus der Welt schaffst.«
    Nancy hätte vor Erleichterung am liebsten geweint. Sie hatte es geschafft, sie hatte Danny auf ihre Seite gezogen! Ihrem Sieg stand nun nichts mehr im Wege. Black‘s Boots würden auch weiterhin ihr Eigentum bleiben. »Das freut mich, Danny«, sagte sie matt.
    »Genau, wie es dein Pa vorausgesagt hat.«
    Die Bemerkung traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Nancy verstand sie nicht. »Was meinst du damit?«
    »Dein Pa. Er wollte, daß ihr euch streitet, Peter und du.«
    Eine gewisse Verschlagenheit in Dannys Stimme erregte Nancys Mißtrauen. Er haßte es, klein beigeben zu müssen, und wollte ihr noch eins auswischen. Sie wollte ihm diese Genugtuung zwar nicht geben, aber ihre Neugier war größer als ihre Vorsicht. »Was willst du damit sagen?«
    »Er hat immer gesagt, daß Kinder aus reichen Familien als Geschäftsleute nichts taugen, weil sie nicht hungrig sind. Es hat ihn echt belastet. Er meinte, ihr würdet sowieso alles, was er sich erarbeitet hat, wieder verschleudern.«
    »Mir gegenüber hat er so etwas nie erwähnt«, meinte Nancy mißtrauisch.
    »Deswegen hat er ja dafür gesorgt, daß ihr euch gegenseitig in die Haare geratet. Er hat dich dazu erzogen, nach seinem Tod das Ruder zu übernehmen, aber er hat dir keinen Posten gegeben. Und zu Peter hat er gesagt, es sei seine Aufgabe, die Firma zu leiten. Auf diese Weise mußte es über kurz oder lang zum Entscheidungskampf kommen, aus dem der Stärkere als Sieger hervorgehen würde.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Nancy, aber der Zweifel begann an ihr zu nagen. Vielleicht aber war Danny einfach wütend, weil sie ihn überlistet hatte. Um sich Genugtuung zu verschaffen, erzählte er ihr jetzt Gemeinheiten. Allerdings war damit noch längst nicht bewiesen, daß er log. Ein kalter Schauder überkam sie.
    »Du kannst glauben, was du willst«, meinte Danny. »Ich habe dir nur gesagt, was dein Vater mir erzählt hat.«
    »Pa soll zu Peter gesagt haben, er wolle, daß er die Firma leitet?«
    »Klar hat er das. Wenn du mir nicht glaubst, dann frag doch Peter.«
    »Wenn ich dir schon nicht glaube, dann glaube ich Peter erst recht nicht.«
    »Nancy, du warst zwei Tage alt, als ich dich zum erstenmal sah«, erwiderte Danny, und seine Stimme klang auf einmal müde. »Ich kenne dich also praktisch seit deiner Geburt. Du bist ein guter Mensch mit einem harten Zug, genau wie dein Vater, und ich will mich nicht mit dir streiten – weder übers Geschäft noch über sonstwas. Es tut mir leid, daß ich das Thema angeschnitten habe.«
    Jetzt glaubte sie hm. Seine Reue klang aufrichtig und erweckte in ihr den Eindruck, daß das, was er zuvor gesagt hatte, der Wahrheit entsprach. Seine Enthüllungen hatten sie zutiefst schockiert, und sie fühlte sich schwach und ein wenig schwindelig. Sie schwieg einige Sekunden, um die Fassung wiederzugewinnen.
    »Dann sehe ich dich also bei der Vorstandssitzung«, sagte Danny.
    »Ja«, gab sie zurück.
    »Mach‘s gut, Nancy.«
    »Mach‘s gut, Danny.« Sie legte auf.
    »Mein Gott, das hast du fabelhaft gemacht!« sagte Mervyn.
    Sie lächelte dünn. »Danke.«
    Mervyn lachte. »Ich meine, wie du ihn herumgekriegt hast – er hatte nicht die geringste Chance! Der arme Kerl wußte ja gar nicht, wie ihm geschah …«
    »Ach, halt doch den Mund«, fuhr sie ihn an.
    Mervyn sah aus, als hätte sie ihn geohrfeigt. »Wie du willst«, sagte er knapp.
    Sie bereute ihre Unbeherrschtheit sofort. »Tut mir leid«, sagte sie und berührte seinen Arm. »Ganz am Schluß hat Danny etwas gesagt, was mich sehr mitgenommen hat.«
    »Willst du es mir erzählen?« fragte er vorsichtig.
    »Er hat gesagt, daß mein Vater diesen Streit zwischen

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