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Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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einsehen zu dürfen.«
    Danny fischte ihr die Geschichte auf, die sie selbst ausgetüftelt hatte. Bislang lief alles wie am Schnürchen. Unbekümmert sagte Nancy. »Ich glaube nicht, daß du dir irgendwelche Sorgen zu machen brauchst.«
    »Wieso bist du dir da so sicher?« unterbrach Danny sie verzweifelt.
    »Ich weiß auch nicht …«
    »Hast du sie alle durchgesehen?«
    »Nein, dazu sind es viel zu viele, aber …«
    »Niemand weiß, was alles darunter ist. Du hättest das Zeug schon vor Jahren verbrennen sollen.«
    »Da magst du recht haben, aber ich habe nicht im Traum daran gedacht, daß … Wer will das Zeug denn überhaupt sehen?«
    »Es handelt sich um eine gerichtliche Untersuchung.«
    »Haben die denn das Recht dazu?«
    »Nein, aber es sieht seltsam aus, wenn ich mich weigere.«
    »Und wenn ich mich weigere, dann ist es in Ordnung?«
    »Du bist kein Rechtsanwalt, dir können sie nichts anhaben.«
    Nancy hielt inne und tat so, als zögerte sie, um ihn ein wenig länger zappeln zu lassen. Dann sagte sie: »Kein Problem.«
    »Heißt das, daß du ihnen die Einsichtnahme verweigern wirst?«
    »Mehr als das. Morgen werde ich das ganze Zeug verbrennen.«
    »Nancy…« Es klang fast so, als müsse er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. »Nancy, du bist ein echter Freund.«
    »Was hätte ich denn sonst tun sollen?« erwiderte Nancy und kam sich dabei wie eine Heuchlerin vor.
    »Das vergesse ich dir nie, mein Gott, wirklich nie. Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.«
    »Nun ja, da du es schon erwähnst… Du könntest dich tatsächlich revanchieren.« Sie biß sich auf die Lippen. Jetzt kam der kritische Punkt. »Du weißt doch sicher, warum ich Hals über Kopf zurückfliege?«
    »Nein, weiß ich nicht. Ich war so beunruhigt wegen dieser anderen Geschichte …«
    »Peter versucht, die Firma hinter meinem Rücken zu verscherbeln.«
    Am anderen Ende der Leitung wurde es totenstill.
    »Danny, bist du noch da?«
    »Ja, natürlich. Willst du denn nicht verkaufen?«
    »Nein! Der Preis ist viel zu niedrig, und in dem neuen Laden gibt es für mich keinen Job… Selbstverständlich will ich nicht verkaufen. Peter weiß, daß es ein schlechter Handel ist, aber ihm ist das egal, solange er mir nur eins auswischen kann.«
    »Ein schlechter Handel? Der Firma ist es in letzter Zeit nicht gerade rosig gegangen.«
    »Und du weißt auch, warum, nicht wahr?«
    »Nun ja, ich vermute …«
    »Na komm, spuck‘s schon aus. Peter ist ein erbärmlicher Manager.«
    »Na gut …«
    »Und wir sollten ihn feuern, statt tatenlos zuzusehen, wie er die Firma für einen Spottpreis verschleudert. Laß mich ans Ruder. Ich kann den Karren wieder flottmachen – das weißt du. Und wenn wir erst aus den roten Zahlen sind, dann können wir uns immer noch überlegen, ob wir verkaufen wollen – zu einem sehr viel höheren Preis allerdings.«
    »Ich weiß nicht so recht.«
    »Danny, in Europa ist gerade ein Krieg ausgebrochen, das heißt, daß es mit dem Geschäft wieder bergauf geht. Wir werden die Schuhe schneller verkaufen, als wir sie herstellen können. Nach zwei oder drei Jahren können wir die Firma für den doppelten oder dreifachen Preis verkaufen.«
    »Aber die Verbindung mit Nat Ridgeway wäre für meine Kanzlei sehr nützlich.«
    »Vergiß das Nützliche – ich bitte dich darum, mir zu helfen.«
    »Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob es zu deinem eigenen Besten ist.«
    Du gottverdammter Lügner, du denkst doch bloß an dich selbst, hätte Nancy am liebsten erwidert, aber sie verbiß sich die Bemerkung und sagte: »Ich weiß, daß es für jeden von uns die beste Lösung ist.«
    »Na gut, ich werd‘s mir überlegen.«
    Das genügte nicht. Sie mußte ihre Karten auf den Tisch legen. »Du erinnerst dich doch an Pa‘s Papiere, nicht wahr?« Sie hielt den Atem
    an.
    Seine Stimme wurde tiefer, und er sprach langsam und bedächtig: » Was sagst du da?«
    »Ich bitte dich darum, mir zu helfen, weil ich dir helfe. Du weißt doch: Eine Hand wäscht die andere.«
    »O ja, ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Man nennt das gemeinhin Erpressung.«
    Nancy zuckte zusammen. Aber dann dachte sie daran, mit wem sie da eigentlich sprach, und sagte: »Du verlogener alter Hund, du machst das doch schon dein Leben lang.«
    Er lachte. »Eins zu null für dich, Kleine.« Aber das brachte ihn auf einen neuen Gedanken. »Du hast diese Untersuchung doch nicht etwa selbst veranlaßt, um mich unter Druck zu setzen, oder?«
    Das kam der Wahrheit

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