Nacht über der Menschheit
ihr.
Warum bist du so traurig?
Das würdest du nie verstehen, sage ich. Ich drehe meinen Kopf weg und spüre, wie sich wieder Tränen aus meinen Augen lösen, und sie greift impulsiv nach mir. Von ihrem Geruch muß ich mich fast übergeben, aber nach ein oder zwei Minuten riecht es durchaus süß und angenehm, wenn auch fremdartig.
Sie trägt ein Kleid wie ein Kartoffelsack, und das stinkt auch ganz schön. Aber sie zieht meinen Kopf an ihre große warme Brust und läßt ihn dort ruhen.
Wie heißt du, unglücklicher Erdenmensch?
Falk, sage ich, Matthew Falk.
Ich bin Thetona, sagt sie. Ich lebe allein. Bist du einsam?
Ich weiß nicht, sage ich. Ich weiß es wirklich nicht.
Aber wieso weißt du es nicht, wenn du einsam bist, fragt sie.
Sie nimmt meinen Kopf wieder hoch, wir sehen uns in die Augen. Ganz romantisch. Sie hat Augen wie verrostete Halbdollarstücke. Wir sehen uns an, und sie wischt mir mit einer Hand die Tränen aus den Augen.
Sie lächelt. Ich glaube, daß es ein Lächeln ist. Sie hat etwa dreißig Einschnitte unter ihrer Nase, die ringförmig angeordnet sind, und das ist ein Mund. Alle Einschnitte kräuseln sich – hinter ihnen erkenne ich strahlende, spitze Zähne.
Ich sehe ihr wieder in die Augen, und jetzt sehen sie nicht mehr so verrostet aus. Sie strahlen wie die Zähne, und auch tief und warm.
Warm. Ihr Geruch ist warm. Alles an ihr ist warm.
Ich fange wieder an zu weinen, ohne zu wissen, warum, zum Teufel, mir das passiert. Sie scheint zu verschwimmen, und ich sehe eine terranische Frau, die mich in ihrem Schoß wiegt. Ich blinzle. Da ist nichts als eine häßliche Fremde.
Nur – sie ist jetzt nicht mehr häßlich. Sie ist warm und lieb, in einer ganz seltsamen Art und Weise, und der Teil in mir, der widerspricht, wird weniger und weniger. Ich höre ihn schreien: Nein! dann ist er fort.
Etwas Fremdes explodiert in mir. Ich lasse es explodieren. Es blüht auf wie eine Blume – eine Rose, ein Veilchen, und das rieche ich jetzt statt ihrer.
Ich lege meine Arme um sie.
Möchtest du mit in mein Haus kommen, fragt sie.
Ja, sage ich. Ja!
Bei diesem Geständnis verstummt Falk plötzlich, und seine glasigen Augen gehen zu. Cullinan feuert zweimal den Betäubungsstrahler auf ihn ab – der schwere Körper des Jungen sackt zusammen.
»Nun?« fragte Warshow. Seine Stimme war trocken und rauh. »Ich komme mir irgendwie schmutzig vor, nachdem ich das hörte.«
»Das sollten Sie auch«, sagte der Psychologe. »Das ist eine der schmierigsten Geschichten, die ich bisher aufgedeckt habe. Und Sie verstehen das nicht, nicht wahr?«
Der Commander schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Warum hat er das getan? Er ist in sie verliebt – aber warum? «
Cullinan hüstelte. »Sie werden es erfahren. Aber ich möchte, daß noch zwei weitere Personen anwesend sind, wenn ich es hervorhole. Zuerst muß das Mädchen her – und dann Sigstrom.«
»Den Arzt? Wozu den, zum Teufel?«
»Weil – wenn ich recht behalte – er sehr daran interessiert sein wird, was dabei herauskommt.« Cullinan grinste rätselhaft. »Lassen wir Falk etwas ruhen, ja? Nach dieser Rede braucht er das.«
»Ich aber auch«, sagte Warshow.
(Vier Leute sahen schweigend zu, als Falk zum zweiten Mal in seine drogen-inspirierte Trance verfiel. Warshow studierte das Gesicht des Mädchens Thetona und suchte nach der Wärme, von der Falk gesprochen hatte. Ja, Warshow sah, daß sie da war. Hinter ihr saß Sigstrom, der Leitende Arzt an Bord der Magyar. Zu seiner Rechten saß Cullinan. Und auf dem Feldbett am anderen Ende der Kabine lag mit offenen, aber blinden Augen Matt Falk.)
(»Matt, hören Sie mich?« fragte Cullinan. »Ich möchte Ihnen ein wenig helfen ... Sie sind jetzt an Bord des Schiffes. Die Zeit ist etwa einen Monat zurück. Sie arbeiten in der Konverter-Abteilung, Sie und Dave Murff haben mit heißem Zeug zu tun. Haben Sie verstanden?«)
(»Ja«, sagte Falk. »Ich verstehe, was Sie meinen.«)
Ich befinde mich in Konverter-Abteilung AA, hole Thorium aus dem Lager, um die Reaktoren zu füttern; schließlich muß das Schiff am Laufen gehalten werden. Dave Murff ist bei mir. Wir beide sind ein eingespieltes Team in diesem Bereich.
Wir holen das radioaktive Material aus den Behältern und verstauen es in den Reaktor-Bänken. Die mechanischen Hände sind nicht leicht zu steuern, aber ich habe keine Angst. Das ist mein Job, und ich weiß, wie man das macht.
Trotzdem denke ich dabei an diesen Bastard Warshow. Habe
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