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Nacht über der Menschheit

Nacht über der Menschheit

Titel: Nacht über der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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benommen.
    »Ja – danke dafür, daß Sie meine Augen geöffnet haben, mir einen Blick hinter meine Augenlider ermöglicht haben. Ja – danke.« Sein Gesicht war traurig, verbittert.
    »Sie verstehen natürlich, warum es notwendig war«, sagte Cullinan. »Warum wir ...«
    »Ja, ich weiß, warum«, sagte Falk. »Ich kann jetzt wieder mit Ihnen zur Erde zurückkehren, und Ihre Gewissen sind wieder rein.« Er sah zu Thetona, die ihn mit verwirrter Neugier ansah. Falk zitterte ein wenig, als er dem fremden Mädchen in die Augen sah. Warshow bemerkte die Reaktion und nickte. Die Therapie war ein Erfolg gewesen.
    »Ich war glücklich«, sagte Falk ruhig. »Bis Sie beschlossen, daß Sie mich mit zurück zur Erde nehmen müssen. Sie drehten mich also durch die Mangel und preßten alle Psychosen aus mir heraus, und ... und ...«
    Thetona war mit zwei schweren Schritten bei ihm und legte ihm ihre Arme auf die Schultern. »Nein«, murmelte er und schob sie weg. »Siehst du nicht, daß es vorbei ist?«
    »Matt ...«, sagte Warshow.
    »Lassen Sie, Kapitän. Ich bin jetzt aus meinem Mutterleib heraus und gehöre wieder zu Ihrer Mannschaft.« Er musterte Warshow mit traurigem Blick. »Thetona und ich hatten etwas Gutes, Warmes und Schönes zusammen, und Sie haben es zerstört. Ich kann es nicht wieder reparieren – okay, ich bin jetzt bereit, mit zurück zur Erde zu gehen.«
    Er stakste aus dem Raum ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Mit aschfahlem Gesicht sah Warshow zu Cullinan und Thetona und senkte dann den Blick.
    Er hatte gekämpft, um Matt Falk zu behalten, und er hatte gewonnen – hatte er wirklich? Körperlich hatte er ihn gehalten – aber auch seelisch? Falk würde ihm das niemals verzeihen.
    Warshow zuckte die Achseln und erinnerte sich an das Lehrbuch: »Das Verhältnis zwischen Commander und Mannschaftsmitglied ist das zwischen Eltern und Kind.«
    Warshow würde nicht zulassen, daß Falks trauriger Blick ihn noch länger belästigte; schließlich war ja zu erwarten gewesen, daß der Junge verbittert sein würde.
    Kein Kind vergibt wirklich der Frau, die es aus dem Mutterleib verstößt.
    »Kommen Sie, Thetona«, sagte er zu der großen, fragend dreinblickenden fremden Frau. »Kommen Sie mit. Ich werde Sie zurück in die Stadt bringen.«
     

 
Der Todeswunsch
     
    Zehn Millionen Kilometer von der Sonnenseite des Merkur entfernt, während die Leverrier zu einer Reihe von spiralförmigen Umlaufbahnen ansetzte, die sie auf die kleinste Welt des Sonnensystems hinabbringen sollte, beschloß der Zweite Astrogator Lon Curtis, seinem Leben ein Ende zu machen.
    Curtis hatte in dem Kunststoffkorb gesessen und auf die Landung gewartet; seine Aufgabe bei dieser Operation war beendet, zumindest solange, bis die Landebeine der Leverrier den narbigen Merkur-Boden berührten. Das Natrium-Kühlsystem hob die Auswirkungen der Sonne, die durch den hinteren Bildschirm zu sehen war, für das Innere des Schiffes auf. Für Curtis und seine sieben Schiffskameraden gab es keine Probleme – sie hatten nur zu warten, während der Autopilot das Schiff zur Landung hinunterbrachte zur zweiten Merkurlandung in der Geschichte des Raumflugs.
    Flug-Commander Harry Ross saß neben Curtis, als er das plötzliche, schnell vorübergehende Verhärten der Kinnlade des Astrogators bemerkte. Curtis griff abrupt nach dem Kontrollknopf. Aus den Spinndrüsen, die den Kunststoffkorb um ihn herum gesponnen hatten, blitzte kurz ein grünes Licht auf – der Korb verschwand. Curtis stand auf.
    »Wo wollen Sie hin?« fragte Ross.
    »Nur ... nur ein wenig umherlaufen«, sagte Curtis mit rauher Stimme.
    Ross widmete seine Aufmerksamkeit wieder einem Mikrobuch, während Curtis davonging. Er hörte kurz darauf das Scharren einer Luke, die sich irgendwo öffnete, und Ross spürte einen kühlen Lufthauch, als kühlere Luft aus dem super-gekühlten Reaktorraum durch einen Gang hereinwehte.
    Er drückte einen Knopf, die nächste Buchseite erschien. Dann ...
    Was, zum Teufel, treibt er im Reaktorraum?
    Der Autopilot kontrollierte die Treibstoffzufuhr, genau bis hinunter aufs Milligramm, wie es kein Mensch hätte tun können. Der Reaktor war auf Landung eingestellt, der Treibstoff floß, der Reaktorraum war hermetisch verriegelt. Niemand – zu allerletzt der Astrogator – hatte dort jetzt etwas zu suchen.
    Einen Sekundenbruchteil später war Ross' Kunststoffkorb verschwunden, in gleicher Zeit schon unterwegs. Er raste den Gang hinunter, durch die offene Luke in den

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