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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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für uns sei. Irgendwie spricht es sich immer herum. Männer kamen herein, um sich die neueste Runde der Fehde anzusehen. Ich stellte fest: »Ich denke, daß Einauge diesmal gewinnt.« »Wirklich?« Einen Augenblick lang machte der alte Graubär einen interessierten Eindruck. Einauge hatte Goblin schon seit Jahren nicht mehr geschlagen. Goblins Froschmaul öffnete sich zu einem erschrockenen wütenden Aufheulen. Er schlug sich mit beiden Händen auf den Hintern und sprang umher. »Du kleine Schlange!« schrie er. »Ich dreh dir den Hals um! Ich schneide dir das Herz heraus und esse es auf! Ich… ich…« Erstaunlich. Ausgesprochen erstaunlich. Goblin wird niemals wütend. Er gleicht die Punkt- zahl aus. Dann setzt Einäuge seinen verdrehten kleinen Verstand wieder in Gang. Wenn Go- blin Gleichstand hat, meint Einauge, daß er selbst hinten liegt. »Bringt sie zur Ruhe, bevor das ausufert«, sagte der Hauptmann. Elmo und ich stellten uns zwischen die Zankhähne. Das hier war beunruhigend. Goblins Drohungen waren ernst gemeint. Einauge hatte ihn in brodelnd schlechter Laune erwischt, und das war das erste Mal, daß ich das bei ihm sah. »Gib Ruhe«, sagte ich zu Einauge. Er hörte auf. Er roch ebenfalls den Ärger. Einige Männer knurrten. Schwere Wetten waren abgeschlossen worden. Normalerweise setzt niemand auch nur ein Kupferstück auf Einauge. Daß Goblin gewinnt, ist sonst sicher, aber diesmal wirkte er schwach.
Goblin wollte nicht aufhören. Wollte auch nicht nach den üblichen Regeln spielen. Er
    schnappte sich ein Schwert vom Boden und marschierte auf Einauge los.
Ich konnte mein Grinsen nicht unterdrücken. Das Schwert war groß und zerbrochen, und Goblin war so klein und doch so wütend, daß er wie eine Karikatur wirkte. Eine blutrünstige Karikatur. Elmo wurde nicht mit ihm fertig. Ich winkte Hilfe heran. Jemand mit Geistesge- genwart schüttete Goblin Wasser auf den Rücken. Fluchend wirbelte er herum und begann einen Todeszauber zu wirken.
Echter Ärger. Ein Dutzend Männer sprangen dazu. Jemand schüttete einen weiteren Eimer Wasser aus. Der kühlte Goblins Temperament. Als wir ihm die Klinge abnahmen, sah er be- schämt aus. Trotzig, aber beschämt.
Ich brachte ihn zum Feuer zurück und ließ mich neben ihm nieder. »Was ist los mit dir? Was ist passiert?« Aus dem Augenwinkel erhaschte ich einen Blick auf den Hauptmann. Einauge stand wie ein begossener Pudel vor ihm; er hatte sich gerade einen gewaltigen Anschiß einge- fangen.
»Ich weiß es nicht, Croaker.« Goblin erschlaffte und starrte in das Feuer. »Plötzlich war al- les zuviel. Dieser Hinterhalt heute abend. Immer dasselbe. Es gibt immer wieder eine neue Provinz mit neuen Rebellen. Die vermehren sich wie Maden in einem Kuhfladen. Ich werde immer älter, und ich habe nichts dazu getan, daß die Welt ein besserer Ort wird. Wenn man es aus der Ferne betrachtet, dann haben wir sie sogar nur noch schlimmer gemacht.« Er schüttel- te den Kopf. »Das ist nicht richtig. Nicht das, was ich sagen wollte. Aber ich weiß nicht, wie ich es besser sagen kann.«
»Muß eine Seuche sein.«
»Was?«
»Schon gut. Hab’ nur laut gedacht.« Elmo. Ich. Goblin. Eine Menge Männer, wenn man auf den Unterton lauschte. Mit der Schwarzen Schar stimmte etwas nicht. Ich hegte einen Ver- dacht, aber ich war noch nicht bereit, die Sache zu analysieren. Zu deprimierend. »Was wir brauchen, ist eine Herausforderung«, meinte ich. »Wir haben uns seit Charm nicht mehr richtig angestrengt.« Was nur die halbe Wahrheit war. Eine Operation, die uns dadurch, daß wir um unser Leben kämpften, zur völligen Hingabe zwang, mochte ein Rezept gegen die Symptome sein, half jedoch nichts gegen die Ursachen. Als Arzt mochte ich es nicht, meine Behandlung nur auf die Bekämpfung der Symptome zu beschränken. Sie konnten immer wie- der auftauchen. Die Krankheit selbst mußte bekämpft werden. »Was wir brauchen«, sagte Goblin so leise, daß er vom Knistern der Flammen fast übertönt wurde, »ist eine Aufgabe, an die wir glauben können.« »Jawoll«, sagte ich. »Das auch.«
Von draußen erklangen die erschrockenen und empörten Schreie der Gefangenen, die gerade feststellten, daß sie die von ihnen ausgehobenen Gräber füllen sollten.

NEUNTES KAPITEL
Juniper: Der Tod zahlt sich aus
    Mit jedem verstreichenden Tag wurde Shed ängstlicher. Er mußte etwas Geld auftreiben. Krage erzählte herum, daß an ihm ein Exempel statuiert werden sollte. Die Taktik war ihm klar. Krage wollte

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