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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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auf den winterlichen Straßen erfror. Er klopfte mit dem Knie an die Tür. Sofort schwang sie nach innen auf. Ein Schatten zischte »Beeil dich«, griff nach den Füßen des alten Mannes und half Shed, ihn in einen Wagen zu heben.
Keuchend krächzte Shed verängstigt: »Und jetzt?« »Geh schlafen. Morgen bekommst du deinen Anteil.« Sheds erleichterter Seufzer erstickte beinahe in Tränen. »Wieviel?« japste er. »Ein Drittel.«
»Nur ein Drittel?«
»Ich trage das gesamte Risiko. Du bist schon aus dem Schneider.« »Nun gut. Wieviel wäre das dann?«
»Der Marktpreis schwankt.« Raven wandte sich ab. Shed schloß die Tür und lehnte sich mit geschlossenen Augen dagegen. Was hatte er getan? Er legte Holz auf das Feuer und ging schlafen, lauschte auf das Schnarchen seiner Mutter. Hatte sie es erraten? Vielleicht nicht. Die Wächter warteten häufig bis zum Einbruch der Nacht. Er würde ihr sagen, daß sie alles verschlafen hätte. Er konnte nicht schlafen. Wer wußte über den Todesfall Bescheid? Wenn es sich herum- sprach, würden die Leute Fragen stellen. Sie würden vielleicht das Unmögliche argwöhnen. Was war, wenn Raven geschnappt wurde? Würde er den Inquisitoren etwas erzählen? Bul- lock konnte einen Stein zum Singen bringen. Am nächsten Morgen behielt er seine Mutter die ganze Zeit im Auge. Sie sprach nur wenig mit ihm, aber das tat sie immer.
Kurz nach Mittag tauchte Raven auf. »Tee und eine Schüssel Haferbrei, Shed.« Als er be- zahlte, waren es keine Kupferstücke, die er über den Tresen schob. Shed riß die Augen auf. Vor ihm lagen zehn Silberleva. Zehn? Für einen toten alten Mann? Das war ein Drittel? Und Raven hatte das schon öfter gemacht? Er mußte reich sein. Sheds Hände wurden feucht. Sein Verstand heulte verpaßten Gelegenheiten hinterher. »Shed?« sagte Raven leise, als er den Tee und den Haferbrei servierte. »Vergiß es.« »Was?«
»Denke nicht, was du gerade denkst. Du würdest sonst auf dem Wagen landen.« Von der Küchentür her starrte Darling sie böse an. Einen Augenblick lang schien Raven ver-
    legen.
    Shed schlüpfte in die Herberge, in der Krage Hof hielt. Von außen sah das Haus so schäbig aus wie die Lilie. Verzagt hielt er nach Count Ausschau und versuchte, nicht auf Asa zu ach- ten. Count würde ihn nicht zum Spaß quälen. »Count, ich muß mit Krage sprechen.« Count öffnete große braune Kuhaugen. »Warum?« »Ich habe ihm etwas Geld mitgebracht. Für das Konto.« Count stemmte sich in die Höhe. »In Ordnung. Warte hier.« Er stapfte davon. Asa rückte näher. »Woher hast du das Geld, Shed?« »Woher hast du deines, Asa?« Asa antwortete nicht. »So etwas fragt man nicht. Kümmer dich um deine eigenen Angelegenheiten, oder halt dich von mir fern.« »Shed, ich dachte, wir wären Freunde.«
»Ich hab versucht, dir ein Freund zu sein. Ich hab dir sogar einen Schlafplatz gegeben. Und sobald du dich mit Krage zusammengetan hast…« Ein Schatten zog sich über Asas Miene. »Es tut mir leid, Shed. Du kennst mich doch. Ich bin kein schneller Denker. Manchmal mache ich Dummheiten.« Shed schnaubte. Also war Asa zu dem unvermeidlichen Schluß gekommen: Sobald er Raven erledigt hatte, würde Krage ihn fallenlassen. Shed war versucht, Raven zu verraten. Der Mann mußte ein Vermögen verborgen haben. Aber er hatte Angst vor tausenderlei Dingen, und sein Gast stand ganz oben auf der Liste. Asa sagte: »Ich habe eine Möglichkeit gefunden, Bruchholz aus der Einfriedung herauszu- holen.« Sein Gesicht hellte sich in mitleiderregender Bitte auf. »Meistens Kiefer, aber immer- hin Holz.«
»Aus der Einfriedung?«
»Es ist nicht verboten, Shed. Dadurch bleibt die Einfriedung ordentlich.« Shed verzog selbstgerecht das Gesicht.
»Shed, es ist nicht so schlimm, wie jemandem die Taschen…« Shed brachte seinen Zorn unter Kontrolle. Er brauchte Verbündete im Feindeslager. »Feuer- holz ist wie Geld. Keine Herkunft.«
Asa lächelte kriecherisch. »Danke, Shed.« Count rief: »Shed.«
Shed zitterte, als er den Raum durchquerte. Krages Männer feixten.
    Das würde nicht klappen. Krage würde nicht auf ihn hören. Er war gerade dabei, sein Geld
wegzuwerfen.
»Count sagt, daß du mir etwas für das Konto bringen willst«, sagte Krage. »Äh.« Krages Wohnraum hätte aus einem der Herrschaftshäuser am oberen Talrand stam- men können. Shed war wie vom Donner gerührt. »Hör auf zu gaffen und gib’s schon her. Und wehe, es ist bloß wieder eine Handvoll Kup- ferstücke, und dann

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