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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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hinaufzugehen. »Nein, wir waren keine Kinder mehr. Wir wussten, was wir sagten. Ich liebe dich noch genauso wie eh und je. Jedes Versprechen, das ich dir je gegeben habe – ich will sie alle halten.« Er setzte sich neben sie, zwang sie, ganz an die Wand heranzurücken, und legte ihr den Arm um die Schultern. Aber sie hielt ihre Arme weiter um ihren Körper geschlungen.
    »Fergus, ich will allein leben«, erklärte Cat und starrte hinunter, wo er einen Moment zuvor noch gestanden hatte, als spräche sie direkt zu ihm dort unten. »Dies ist das erste Mal, dass ich meinen eigenen Arbeitsbereich und meinen eigenen Wohnraum habe. Mein Kopf platzt vor Ideen für die Arbeiten, die ich machen will. Und wie ich leben will.«
    »Ich werde mich nicht in deine Ideen einmischen«, beharrte Sinclair. »Du kannst alles genau so haben, wie du willst.«
    »Aber du wirst
hier
sein, Fergus. Wenn ich abends zu Bett gehe, wenn ich morgens aufwache. Ich werde an Dinge denken müssen, wie zum Beispiel was und wann wir essen werden.«
    »Ich werde kochen«, versprach er. Er konnte sich selbst versorgen, würde es so schwer sein, sie beide zu verköstigen? »Wir können alles nach deinen Bedingungen einrichten.«
    »Ich werde doch noch an die Essenszeiten denken müssen und dass Dinge zu festen Zeiten zu machen sind, nicht wann es sich natürlich oder richtig für meinen kreativen Rhythmus anfühlt. Ich werde an deine Wäsche denken müssen, wann du das Bad für dich brauchst, was du im Fernsehen sehen wirst.« Cat wiegte sich jetzt hin und her, die tiefe Angst, die sie immer zu verbergen bemüht war, kam an die Oberfläche. »Ich will mich nicht um all das kümmern müssen.«
    »Aber Cat …«
    »Ich bin Künstlerin, Fergus. Ich sage nicht, dass das ein wertvoller Zustand ist, der mich über alle anderen erhebt. Ich meine damit nur, dass ich irgendwie verkorkst bin. Ich habe kein Talent, für längere Zeit mit Leuten zusammen zu sein.«
    »Wir scheinen doch ganz gut miteinander auszukommen.« Er hörte den flehentlichen Ton seiner Stimme und schämte sich dessen nicht. Denn sie war es wert, dass er sich um ihretwillen demütigte.
    »Aber wir verbringen eigentlich nicht viel Zeit zusammen, Fergus. Sieh mal die letzten paar Jahre an. Ich war in Schweden, du in London. Wir haben gelegentlich ein Wochenende miteinander verlebt, aber meistens haben wir uns auf Rotheswell gesehen. Wir waren kaum mehr als ein paar Nächte zusammen. Und das ist mir gerade recht.«
    »Aber mir nicht«, widersprach er barsch. »Ich will immer bei dir sein. Wie gesagt, wir können es nach deinen Bedingungen einrichten.«
    Sie schlüpfte unter seinem Arm hindurch, setzte sich zwei Stufen weiter nach unten und drehte sich um, so dass sie ihn direkt ansehen konnte. »Verstehst du nicht, wie beängstigend das für mich ist? Schon wenn ich dich das sagen höre, bekomme ich Platzangst. Du sprichst davon, es nach meinen Bedingungen zu machen, aber meine Bedingungen lassen es nicht zu, dass jemand unter demselben Dach wie ich lebt. Fergus, du bedeutest mir so viel. Es gibt niemanden, der mir das gleiche Gefühl gibt wie du. Bitte, bitte, verdirb das nicht, indem du mich bedrängst oder mich durch Schuldgefühle dazu treibst, etwas zu tun, an das auch nur zu denken mir unerträglich ist.«
    Sein Gesicht fühlte sich starr an, als stünde er auf dem Falkland Hill in einem Sturm, der die Haut fest gegen die Knochen drückte und ihm die Tränen in die Augen trieb. »Das tun Menschen eben, die sich lieben«, beharrte er.
    Jetzt streckte sie die Hand aus und legte sie ihm aufs Knie. »Es ist ein bestimmtes Beziehungsmodell«, sagte sie. »Das am weitesten verbreitete. Aber zum Teil sind die Gründe dafür ökonomisch, Fergus. Die Leute leben zusammen, weil es billiger ist, als zwei Haushalte zu haben. Das heißt nicht, dass es für alle so am besten ist. Viele Menschen haben Beziehungen, die nicht zu diesem Muster passen. Und diese anderen Varianten funktionieren genauso gut. Du meinst, weil ich nicht mit dir zusammenwohnen will, liebe ich dich nicht. Aber Fergus, es ist gerade andersherum. Mit dir zusammenzuleben, würde unsere Beziehung kaputtmachen. Ich würde verrückt werden. Ich würde dich umbringen wollen. Gerade weil ich dich liebe, will ich nicht mit dir leben.«
    Er stieß ihre Hand weg und stand auf. »Du hast zu viel Zeit in Schweden verbracht«, rief er und spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte. »Hör dich doch mal selbst an. Beziehungsmodelle. Zum Muster

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