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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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geschehen. Keine der extremistischen Gruppen hatte plötzlich Geld. Deshalb glauben wir nicht, dass die Kidnapper wirklich eine Gruppe politischer Aktivisten waren. Wir meinen, es ging um Näherliegendes.«
    Sinclairs Gesichtsausdruck sagte alles. »Und deshalb bin ich hier.« Er konnte den höhnischen Ausdruck auf seinen Zügen nicht unterdrücken.
    »Nicht aus dem Grund, den Sie meinen«, widersprach Karen. »Sie sind nicht hier, weil ich Sie in Verdacht habe.« Sie hielt die Hände hoch, um zu unterstreichen, dass sie es ehrlich meinte. »Wir konnten Sie nie mit einem Ort in der Nähe der Entführung oder der Geldübergabe in Verbindung bringen. Auf Ihren Bankkonten erschienen nie unerklärliche Summen. Ja, ich weiß, Sie sind bestimmt verärgert, dass wir Ihre Konten überprüft haben. Das sollten Sie nicht sein. Nicht wenn es Ihnen wirklich um Cat oder Adam geht. Sie sollten erfreut sein, dass wir in all den Jahren unsere Arbeit getan haben, so gut wir konnten. Und dass Sie dadurch weitgehend vom Verdacht befreit sind.«
    »Trotz der Verleumdungen, die Brodie Grant über mich zu verbreiten versuchte?«
    Karen schüttelte den Kopf. »In dieser Hinsicht wären Sie angenehm überrascht. Aber jedenfalls, die Sache ist folgende: Sie sind hier, weil Sie die einzige Person sind, die Cat wirklich kannte. Sie war ihrem Vater zu ähnlich. Ich habe den Verdacht, die beiden wären schließlich gute Freunde geworden, befanden sich aber noch in der Kampfphase. Ihre Mutter ist tot. Cat scheint keine engen Freundschaften mit Frauen gehabt zu haben. Da bleiben nur Sie als der einzige Zugang zu Cats Leben übrig. Und ich glaube, dass dort das Geheimnis ihres Todes liegt.« Sie fixierte Sinclair mit einem sehr direkten Blick. »Was wollen Sie nun machen, Fergus? Werden Sie mir helfen?«

[home]
Sonntag, 14. August 1983,
Newton of Wemyss
    C atriona Maclennan Grant drehte sich auf den Zehenspitzen im Kreis und streckte die Arme aus. »Meins, alles meins«, rief sie und ahmte den Tonfall der bösen Hexe nach. Plötzlich blieb sie stehen, und der Schwindel ließ sie leicht taumeln. »Was meinst du, Fergus? Ist es nicht perfekt?«
    Fergus Sinclair musterte den schäbigen Raum. Das Pförtnerhaus des Wemyss Estate war nicht zu vergleichen mit dem einfachen, aber makellosen Häuschen, in dem er aufgewachsen war. Rotheswell Castle war es noch unähnlicher. Und es war nicht einmal so attraktiv wie die Studentenbuden, in denen er gewohnt hatte. Da es zwei Jahre lang leergestanden hatte, war nichts mehr von den Vorbewohnern zu spüren. Aber trotzdem fand er es schwierig, sich dafür zu begeistern. Er hatte sich die Einrichtung ihres gemeinsamen Heims anders vorgestellt. »Es wird schon in Ordnung sein, wenn wir mit dem Pinsel drübergegangen sind«, sagte er.
    »Natürlich«, freute sich Cat. »Ich will es einfach halten. In hellen Farben, aber einfach. Hier drin Aprikose, glaube ich.« Sie ging auf die Tür zu. »Zitrone für den Flur, die Treppe und den Treppenabsatz. Sonnengelb in der Küche. Das Zimmer unten werde ich als Büro nutzen, also etwas Neutrales.« Sie rannte die Treppe hoch, beugte sich über das Geländer und lächelte zu ihm hinunter. »Blau für mein Schlafzimmer. Ein schönes Schwedischblau.«
    Sinclair lachte über ihre Begeisterung. »Habe ich nichts zu sagen?«
    Cats Lächeln verschwand. »Warum solltest du etwas zu sagen haben, Fergus? Es ist nicht deine Wohnung.«
    Die Worte trafen ihn wie ein Schlag ins Gesicht. »Was willst du damit andeuten? Ich dachte, wir würden hier zusammenleben?«
    Cat ließ sich auf die oberste Stufe fallen und saß da, die Knie eng zusammengepresst, die Arme um den Oberkörper geschlungen. »Wieso hast du das gedacht? Ich habe doch nie etwas davon gesagt.«
    Der Boden unter seinen Füßen schien zu wanken. Sinclair hielt sich an der Treppenspindel fest. »Davon haben wir doch immer gesprochen. Dass wir unsere Ausbildung beenden und dann zusammenziehen würden. Ich würde als Wildhüter arbeiten und du deine Glassachen machen. Das haben wir so geplant, Cat.« Er starrte zu ihr hoch, wollte sie zwingen zuzugeben, dass er recht hatte.
    Und das tat sie auch, aber nicht so, dass er sich besser fühlte. »Fergus, wir waren damals noch fast Kinder. Es ist, wie wenn man klein ist und der große Cousin erklärt, er werde einen heiraten, wenn man älter ist. Man meint es ernst, wenn man es sagt, aber dann wächst man aus dem Versprechen heraus.«
    »Nein«, widersprach er und fing an, die Treppe

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