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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Notizen, die der Minzdrops gemacht hatte, waren nicht gerade die klarsten oder prägnantesten, die sie jemals gelesen hatte, aber sie verstand, worum es ging und was er herausgefunden hatte. Drei von Cats Freunden waren offensichtlich uninteressant. Aber der Beitrag aus dem Forum über Toby Inglis, den er kopiert hatte, sprang ihr entgegen wie ein Schachtelmännchen.
    … genau wie im Buch von Kate Mosse. Aber du wirst nie raten, wen ich in einem Bistro in Perpignan getroffen habe. Stell dir vor – Toby Inglis. Du erinnerst dich doch bestimmt noch, welche Großtaten er vollbringen und dass er der nächste Laurence Olivier werden wollte? Na ja, offenbar hat es nicht so ganz hingehauen, wie er sich das gedacht hatte.
    Er wurde ziemlich ausweichend, als es um Details ging, aber er erzählte, er sei Leiter eines Theaters und Bühnenbildner. Meiner bescheidenen Meinung nach war er ein bisschen sparsam mit der Wahrheit. Brian meinte, er sähe mehr wie ein pensionierter Hippie aus. Und auf jeden Fall roch er auch wie einer, Patschuli und Cannabis. Wir fragten, wo wir eines seiner Stücke sehen könnten, aber er sagte, er sei gerade im Sommerurlaub. Ich wollte unbedingt noch weiterbohren, aber dann kam so eine Deutsche. Ich glaube, sie waren dort zum Essen verabredet, aber er drängte sie so schnell aus der Tür, wie er konnte. Ich glaube, er wollte nicht, dass wir mit ihr sprachen und die Wahrheit herausfanden. Worin immer sie bestehen mag. Dann nach Perpignan …
    Karen las das Gekritzel noch einmal durch. Konnte das Matthias sein? Es klang jedenfalls wie dieser mysteriöse Matthias, der verschwunden war, seit er in Siena mit Gabriel Porteous gesehen worden war. Noch ein Puzzlestück, das dazuzugehören, aber nicht zu passen schien.
    Karen zwang sich, tief zu atmen, und setzte sich dann zu Phil an den Esstisch. Er hatte die Bilder vor sich ausgebreitet. Mit einem Finger schob er eines zurecht, damit es in einer Reihe mit den anderen lag. »Das ist er doch, oder?«, fragte er.
    »Adam?«
    Er winkte ungeduldig ab. »Ja, natürlich ist es Adam. Es muss Adam sein. Nicht nur weil er wie seine Mutter und sein Großvater aussieht. Sondern weil der Mann, der ihn großgezogen hat, Mick Prentice ist.«
    Karen fühlte sich einen Moment schwerelos. Aber die Aufregung legte sich, und sie konnte wieder klar denken. Sie war weder dabei, verrückt zu werden, noch ging ihre Phantasie mit ihr durch. »Bist du sicher?«
    »Eigentlich hat er sich nicht so sehr verändert«, überlegte Phil. »Und schau mal, da ist die Narbe …« Er fuhr sie mit der Fingerspitze nach. »Die Narbe, die durch seine rechte Augenbraue verläuft. Die dünne blaue Linie. Es ist Mick Prentice. Ich würde Geld darauf wetten.«
    »Mick Prentice war einer der Entführer?« Karen fand sogar selbst, dass sie etwas hysterisch klang.
    »Ich denke, wir wissen beide, dass er mehr als das war«, erwiderte Phil.
    »Die Geburtsurkunde«, sagte Karen.
    »Genau. All dies war geplant, bevor Mick Jenny verließ. Er hatte eine falsche Identität angenommen, damit er ein neues Leben anfangen konnte. Aber es kann nur einen Grund geben, warum er Adam eine falsche Identität geben musste.«
    »Er plante keineswegs, ihn als Geisel für Lösegeld zu missbrauchen«, führte Karen den Gedanken weiter. »Weil er Adams Vater war. Nicht Fergus Sinclair. Sondern Mick Prentice.« Sie nahm einen großen Schluck Rotwein. »Es war alles vorher arrangiert, oder? Sie waren gar keine Anarchisten, stimmt’s?«
    »Nein.« Phil seufzte. »Es sieht aus, als hätte es zwei Bergleute gegeben, Mick und seinen Kumpel Andy.«
    »Du meinst, Andy war Teil des Plans?«
    »Es scheint so. Wie erklärst du dir sonst, dass er genau zur richtigen Zeit in der Höhle begraben wurde?«
    »Aber warum? Warum hätte er ihn töten sollen? Er war doch Micks bester Freund«, widersprach Karen. »Wenn er jemandem vertrauen konnte, dann Andy. So, wie das bei euch Männern läuft, hätte er wahrscheinlich Andy eher vertrauen können als Cat.«
    »Vielleicht war es ein Unfall. Vielleicht hat er sich auch den Kopf angeschlagen, als er ins Boot ein- oder wieder ausstieg.«
    »River sagte, sein Hinterkopf sei eingeschlagen. Das klingt nicht nach einem Unfall beim Einsteigen in ein Boot.«
    Phil hob resignierend die Hände, eine Geste, die »wie auch immer« bedeuten sollte. »Er hätte stolpern und sich den Kopf auf dem Landesteg anhauen können. Es ging chaotisch zu in der Nacht damals. Alles Mögliche hätte passieren können.

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