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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Er wünschte sich diesen neuen Anfang so sehr. Keine weiteren Schnitzer. Auf dem Kies nahe der Eingangstür parkte er, stieg aus dem Wagen und streckte sich genüsslich. Zu lang hatte er verkrampft auf dem Sitz gesessen. Jetzt straffte er die Schultern, richtete sich auf und ging auf die Tür zu. Während er näher kam, wurde sie geöffnet. Eine Frau in einem Tweedrock und einem Wollpullover stand auf der Schwelle. Ihre Hand flog unwillkürlich zum Mund, und sie stieß hervor: »Oh, mein Gott.«
    Er lächelte sie mit seinem schönsten Lächeln an. »Hallo. Ich bin Adam.« Er streckte ihr die Hand hin. Ein Blick auf diese Frau, und er wusste, welche steifen Manieren in diesem Haus erwartet wurden.
    »Ja«, stammelte die Frau. Die Höflichkeit gewann die Oberhand über ihre Gefühle, und sie nahm seine Hand, hielt sie fest und drückte sie. »Ich bin Susan Charleson, die persönliche Assistentin Ihres Groß … ich meine, von Sir Broderick. Was für ein außergewöhnlicher Schock. Eine Überraschung. Ein Blitz aus heiterem Himmel.« Sie brach in Lachen aus. »Hören Sie sich das an. Normalerweise bin ich nicht so. Es ist nur … nun, ich konnte mir nie vorstellen, dass ich diesen Tag je erleben würde.«
    »Das kann ich verstehen. Es ist auch für mich ein Schock gewesen.« Er befreite behutsam seine Hand. »Ist mein Großvater zu Hause?«
    »Kommen Sie mit.« Sie schloss die Tür und führte ihn einen Flur entlang.
    Aufgrund des Berufs seines Vaters war er in Italien in vielen schönen Häusern gewesen, aber dieses war ihm äußerst fremd. Mit den Steinwänden und der sparsamen Einrichtung kam ihm alles kalt und nackt vor. Aber es schadete nicht, höflich zu sein. »Ein wunderschönes Anwesen«, erklärte er bewundernd. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
    »Wo wohnen Sie?«, fragte Susan, als sie in einen langen Korridor einbogen.
    »Ich bin in Italien aufgewachsen. Aber ich habe vor, zu meinen Wurzeln zurückzukehren.«
    Susan blieb vor einer schweren, beschlagenen Eichentür stehen. Sie klopfte, trat ein und bedeutete Adam, ihr zu folgen. Er sah den Raum nur undeutlich, ein Zufluchtsort, dessen Wände mit Büchern bedeckt waren. Seine ganze Konzentration war auf den weißhaarigen Mann gerichtet, der am Fenster stand. Seine tiefliegenden Augen waren undurchdringlich und sein Gesicht reglos.
    »Guten Tag, Sir«, sagte Adam. Zu seiner Überraschung fiel ihm das Sprechen schwer. Gefühle, die er nicht erwartet hatte, kamen in ihm hoch, und er musste kräftig schlucken, um die Tränen zurückzuhalten.
    Das Gesicht des alten Mannes verschwamm vor seinen Augen. Ein halb bekümmertes Lächeln umfing ihn. Er machte einen Schritt auf Adam zu und blieb dann stehen. »Hallo.« Auch seine Stimme klang erstickt. Er schaute an Adam vorbei und winkte Susan, sie solle den Raum verlassen.
    Die beiden Männer starrten einander erwartungsvoll an. Adam gelang es, die Fassung wiederzugewinnen, und er räusperte sich. »Sir, ich bin sicher, dass schon andere Leute zu Ihnen gekommen sind und behauptet haben, Catrionas Sohn zu sein. Ich wollte nur sagen, dass ich nichts von Ihnen haben will und bereit bin, mich jedem Test zu stellen, den Sie möchten – DNA , was auch immer. Bis mein Vater vor drei Monaten starb, hatte ich keine Ahnung, wer ich wirklich bin. Ich habe mich in diesen drei Monaten immer wieder gefragt, ob ich mit Ihnen Kontakt aufnehmen sollte oder nicht … Nun, und hier bin ich.« Er nahm Daniels Brief aus der Innentasche seines einzigen guten Anzugs. »Das ist der Brief, den er mir hinterlassen hat.« Er streckte Grant die zerknitterten Seiten entgegen, der sie nahm. »Ich werde gerne draußen warten, während Sie ihn lesen.«
    »Das ist nicht nötig«, erwiderte Grant schroff. »Setzen Sie sich dorthin, wo ich Sie sehen kann.« Er nahm einen Stuhl, der dem, auf den er gezeigt hatte, gegenüberstand, und begann zu lesen. Mehrmals hielt er inne und musterte Adam genau, der sich zwang, ruhig und gelassen zu bleiben. Einmal schlug Grant die Hand vor den Mund, und seine Finger zitterten deutlich. Er kam zum Ende und starrte Adam durchdringend an. »Wenn Sie eine Fälschung sind, dann ist es eine verdammt gute.«
    »Da ist auch noch das hier …« Adam nahm ein Foto aus seiner Tasche.
    Catriona saß auf einem Küchenstuhl, die Hände über dem gewölbten, hochschwangeren Bauch gefaltet. Von hinten beugte sich Mick über ihre Schulter und hatte eine Hand auf die Wölbung gelegt. Sie lächelten beide. Die Szene sah

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