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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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diese verdammten Reporter scheinen sich auf dem Revier häuslich eingerichtet zu haben. Von allen Seiten werden wir bedrängt. Wir müssen diese Sache bald lösen, sonst werden wir fertiggemacht.«
    Sarah setzte sich. »Ich hab mir mal Gedanken gemacht. Die Rachetheorie lässt sich nicht halten, weil ihr kein Bindeglied zwischen den Firmen finden könnt, stimmt das?«
    »Ja.«
    »Hast du schon mal darüber nachgedacht, welche Auswirkungen Arbeitslosigkeit auf die Kriminalität hat?«
    »Einbruch, Ladendiebstahl, Raubüberfälle, Vandalismus, Drogen, das ja. Aber doch sicher nicht Giftanschläge, Schatz.«
    »Es gibt so viel Verbitterung, Maggie. So viel Hass. Ich habe oft das Gefühl gehabt, ich würde diese unfähigen Trottel, die Liddell’s kaputtgemacht und mich zum alten Eisen geschmissen haben, am liebsten umbringen. Habt ihr mal an Menschen gedacht, denen gekündigt worden ist?«
    »Haben wir. Aber nur ein halbes Dutzend Leute hat für alle drei Firmen gearbeitet. Und keiner davon hat einen Grund für Rachegelüste. Und niemand hat irgendeine Verbindung zu Burnalder.«
    »Da gibt es noch etwas anderes, Maggie. Es ist mir erst eingefallen, als ich vorhin Zeitung gelesen habe. Die
News
brachte einen großen Artikel über die Muttergesellschaften, die die drei Produkte herstellen. Also, ich könnte schwören, dass sie alle in den letzten zwei Monaten Stellenanzeigen für Führungskräfte geschaltet hatten. Ich weiß es, weil ich mich auf zwei dieser Stellen beworben habe. Ich bin nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden, weil ich keine Erfahrung in der Lebensmittelbranche habe, nur in der Kunststoffproduktion. Es muss andere Leute geben, die in einer ähnlichen Situation und vielleicht labiler sind als ich.«
    »Mein Gott!« Maggie holte tief Luft. Sie schob ihren Teller weg. Ihr Gesicht bekam wieder Farbe, und sie schien neue Energie zu verspüren. Sie stand auf und umarmte Sarah heftig. »Du hast mich auf den ersten klaren Anhaltspunkt in diesem ganzen beschissenen Fall gebracht. Du bist ein Genie!«
    »Ich hoffe, du wirst dich daran erinnern, wenn sie dich zur Oberkommissarin befördern.«
    Maggie grinste und war schon fast aus der Tür. »Du hast einen Punkt gut bei mir. Bis später.«
    Als die Haustür zuschlug, sagte Sarah mit ironischem Unterton: »Hoffentlich ist es nicht schon zu spät, Schätzchen.«
    Detective Inspector Bill Nicholson arbeitete seit zwei Jahren mit Maggie Staniforth zusammen. Sein anfängliches Misstrauen gegen eine weibliche Mitarbeiterin wurde durch ihre große Kompetenz entkräftet. Jetzt sprach er von ihr des öfteren als einer »verdammt guten Polizistin, obwohl sie eine Frau ist«, so, als sei das seine ureigene Entdeckung, die sich direkt aus der Zusammenarbeit mit ihm ergeben hätte. Als sie Sarahs Vorschlag erklärte und dazu Fotokopien von Zeitungsanzeigen vorlegte, die sie aus dem Archiv der Lokalzeitung herausgesucht hatte, wurde ihm zum ersten Mal klar, dass sie ihn wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zukunft auf der Karriereleiter überholen würde. Der Gedanke gefiel ihm nicht, aber er wollte sich dadurch nicht von seiner Aufgabe abhalten lassen.
    Sie fingen mit einer umfassenden Suchaktion an und sprachen direkt mit den Personalbüros der drei Firmen. Das hieß, sie mussten die Ermittlungen auf das ganze Land ausdehnen und unter sich aufteilen, und es war ihnen klar, dass die Zeit drängte. Eine Ermittlungsgruppe direkt in Burnalder rief Firmen an, die ähnliche Stellen ausgeschrieben hatten, und verlangte die Bewerberlisten. Die schwerfällige Polizeimaschinerie hatte sich in Gang gesetzt.
     
    Am Abend des zweiten Tages kam Maggie erschöpft nach Hause. Tausend Kilometer im Wagen hatten ihr einiges abverlangt, und sie sah fertig und um Jahre gealtert aus. Sarah half ihr aus dem Mantel und goss ihr schweigend einen starken Drink ein.
    »Du hattest recht«, seufzte Maggie. »Wir haben den Namen und die Adresse eines Mannes, der von allen drei Firmen nach dem ersten Vorstellungsgespräch abgelehnt wurde. Heute abend werden wir ihn einkreisen, denn wenn er sein Muster beibehält, wird er versuchen, morgen wieder zuzuschlagen. Mit etwas Glück werden wir ihn auf frischer Tat ertappen.« Sie klang grimmig und mitleidslos. »So ein Wahnsinn. Zwölf Menschen mussten sterben, weil er es nicht schafft, so ’nen beschissenen Job zu kriegen.«
    »Ich kann es verstehen«, sagte Sarah plötzlich und ging in die Küche.
    Maggie sah ihr starr und schockiert nach,

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