Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
sagen kann, ist, dass er im Winter oft an der Küste entlang nach East Wemyss gegangen ist. Dort konnte er in die Höhlen runtersteigen, wenn es anfing zu regnen, und sich unterstellen. Der Verein zur Erhaltung der Höhlen hatte irgendwo ganz hinten in einer von ihnen eine kleine Hütte mit einem Campingherd, damit sie sich was Heißes machen konnten. Er hatte einen Schlüssel und konnte es sich dort gemütlich machen«, fügte sie mit bitterem Tonfall hinzu. »Aber ich habe keine Ahnung, ob er an dem Tag dort war oder nicht. Er hätte überall zwischen Dysart und Buckhaven sein können.« Sie schaute auf ihre Uhr. »Das ist alles, was ich weiß.«
    Karen stand auf. »Danke für Ihre Zeit, Mrs.Prentice. Wir werden unsere Ermittlungen fortsetzen, und ich werde Sie auf dem Laufenden halten.« Der Minzdrops sah zu, dass er auf die Beine kam, und folgte ihr und Jenny zur Haustür.
    »Mir selbst ist es egal, verstehen Sie«, erklärte Jenny, als sie den Weg halb hinter sich hatten. »Aber versuchen Sie ihn zu finden, dem Kind zuliebe.«
    Im Lauf des ganzen Morgens, dachte Karen, war dies das erste Anzeichen einer Gefühlsregung.
    »Nehmen Sie Ihr Notizbuch heraus«, wies sie den Minzdrops an, als sie in den Wagen gestiegen waren. »Weitere Schritte: mit der Nachbarin sprechen. Überprüfen, ob sie sich an irgendetwas von dem Tag erinnert, an dem Mick Prentice verschwand. Mit jemandem von der Höhlengruppe reden, überprüfen, wen es noch gibt, der 1984 dabei war. Sich ein anderes Bild von Mick Prentice verschaffen, davon, wie er wirklich war. In den Akten nachsehen, ob irgendetwas über diesen Andy Kerr zu finden ist, den Funktionär der Bergarbeitergewerkschaft, der ungefähr zu der Zeit, als Mick verschwand, Selbstmord begangen haben soll. Was war da los? Und wir müssen diese fünf Streikbrecher aufspüren und in Nottingham nachsuchen, dass man sich dort mit ihnen unterhält.« Als der Minzdrops aufgehört hatte zu kritzeln, machte sie die Beifahrertür wieder auf. »Und wenn wir schon hier sind, probieren wir’s gleich mal mit der Nachbarin.«
    Sie war kaum zwei Schritte vom Auto entfernt, als ihr Handy klingelte. »Phil«, sagte sie.
    Kein Austausch von Nettigkeiten, einfach gleich zur Sache. »Du musst sofort herkommen.«
    »Warum?«
    »Die Makrone ist auf dem Kriegspfad. Will wissen, warum du zum Teufel nicht an deinem Platz bist.«
    Simon Lees, Assistant Chief Constable (Kapitaldelikte), war vollkommen anders veranlagt als Karen. Sie war überzeugt, dass er vor dem Einschlafen die Verordnung für das Polizeiwesen, öffentliche Ordnung und Strafjustiz (Schottland) von 2006 las. Sie wusste, dass er verheiratet war und zwei Kinder im Teenageralter hatte, aber sie hatte keine Ahnung, wie das einem so zwanghaft ordentlichen Mann hatte passieren können. Natürlich musste die Makrone am ersten Morgen, an dem sie seit Monaten etwas nicht ganz Vorschriftsmäßiges tat, kommen und sie suchen. Er schien zu glauben, Gott habe ihm das Recht verliehen, genau zu wissen, wo jeder seiner Beamten steckte, sei er nun im Dienst oder nicht. Karen fragte sich, wie nah er einem Herzschlag gewesen war, als er feststellen musste, dass sie nicht an dem Schreibtisch saß, wo er sie zu finden erwartete. Nicht nahe genug, so wie es klang. »Was hast du ihm gesagt?«
    »Ich hab erklärt, du seist in einer Besprechung mit dem Team von der Asservatenkammer, um mit ihnen über eine rationalisierte Katalogisierungsmethode zu sprechen«, antwortete Phil. »Die Idee gefiel ihm, aber die Tatsache, dass das nicht in deinem elektronischen Terminkalender stand, ganz und gar nicht.«
    »Ich komme gleich«, versprach Karen und verwirrte den Minzdrops dadurch, dass sie wieder in den Wagen stieg. »Hat er gesagt, warum er mich sucht?«
    »Mir? Einem kleinen Sergeant? Na, hör mal, Karen. Er sagte nur, es sei ›von allergrößter Wichtigkeit‹. Wahrscheinlich hat jemand seine Kekse geklaut.«
    Karen machte dem Minzdrops ungeduldig ein Zeichen. »Nach Haus, James, und schone mir die Pferde nicht.« Er sah sie an, als sei sie verrückt, ließ aber den Motor an und fuhr los. »Ich komme«, sagte sie. »Stell schon mal Wasser auf.«

[home]
Glenrothes
    D ie Doppelspirale von Frust und Gereiztheit wühlte in Simon Lees’ Eingeweiden. Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her und rückte die Familienfotos auf seinem Schreibtisch zurecht. Was war nur los mit diesen Leuten? Als er DI Pirie suchte und sie an ihrem Platz nicht fand, hatte DS Parhatka getan, als

Weitere Kostenlose Bücher