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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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nur ohne Hilfsorganisationen, die Geld sammeln, um uns in dieser Katastrophe zu helfen. Und ich kann nichts daran ändern. Was glaubst du, wie ich mich dabei fühle?«
    »Ziemlich beschissen«, vermutete Angie und zog seinen Arm näher an sich heran. Sie spürte keinen Widerstand, so als umfasse sie die Stoffrolle an der Tür, die vor Durchzug schützen sollte und mit der ihre Mutter immer dafür sorgte, dass das Wohnzimmer so stickig wie nur irgend möglich war. »Aber du kannst nur dein Bestes geben. Niemand erwartet von dir, alle Probleme des Streiks zu lösen.«
    »Ich weiß«, seufzte er. »Aber ich fühlte mich als Teil dieser Gemeinschaft. Mein ganzes Leben habe ich hier dazugehört. Und jetzt habe ich das Gefühl, als seien die streikenden Männer auf der einen und alle anderen auf der anderen Seite des Zauns. Gewerkschaftsfunktionäre, Steiger, die Betriebsleitung, die Scheiß-Tory-Regierung – wir alle sind der Feind.«
    »Jetzt redest du wirklich Unfug. Niemals bist du auf derselben Seite wie die Torys. Das wissen doch alle.« Sie gingen schweigend weiter und beschleunigten ihre Schritte, da der drohende Regen jetzt wirklich begann. Es fielen bereits kalte, harte Tropfen. Die nackten Zweige über ihren Köpfen boten wenig Schutz gegen den losbrechenden Platzregen, der sie durchnässte. Angie ließ seinen Arm los und fing an zu rennen. »Komm, lass uns um die Wette laufen«, rief sie, von der nassen Kälte übermütig geworden. Sie sah sich gar nicht erst um, ob er ihr folgte, sondern schoss einfach blindlings zwischen den Bäumen hindurch und versuchte, irgendwie auf dem gewundenen Pfad zu bleiben. Wie sonst auch erschien die Lichtung, auf der das Häuschen versteckt war, ganz plötzlich und unverhofft. Es stand da wie in den Märchen der Brüder Grimm, ein niedriges gedrungenes Gebäude, das außer seinem einsamen Standort keinen besonderen Reiz hatte. Mit seinem Schieferdach, dem grauen Rauhputz, der schwarzen Tür und den dunklen Fensterrahmen hätte es den Augen eines Kindes durchaus wie das Haus der bösen Hexe erscheinen können. Eine angebaute Holzhütte bot Schutz für eine Kohlenkiste, einen Holzstoß und Andys Motorrad mit Beiwagen.
    Angie rannte zur Veranda und drehte sich keuchend um. Keine Spur von Andy. Es vergingen ein paar Minuten, bevor er zwischen den Bäumen hervorstapfte, das hellbraune Haar dunkel am Kopf festgeklebt. Angie war enttäuscht, dass ihr Versuch, ihn aufzuheitern, misslungen war. Er sagte nichts, als er in das Häuschen vorausging, das so sauber und spartanisch eingerichtet war wie eine Kaserne. Die einzige Dekoration war eine Reihe von Postern mit Wildtieren, eine Gratisbeigabe einer der schottischen Sonntagszeitungen. Ein Regal war vollgestopft mit Büchern über Naturgeschichte und Politik, ein anderes mit Schallplatten. Es hätte nicht verschiedener sein können von den Zimmern, in die Angie in Edinburgh kam. Aber sie mochte den Raum hier lieber als irgendeinen der anderen. Wie ein Hund schüttelte sie die Regentropfen aus ihrem dunkelblonden Haar, warf ihren Mantel auf einen Stuhl und kauerte sich auf einem der gebraucht gekauften Sessel zusammen, die zu beiden Seiten des Feuers standen. Andy ging direkt in die Küche, um heiße Schokolade zu machen.
    Während Angie wartete, bis er zurückkam, überlegte sie, wie sie ihn aufmuntern könnte. Meistens brachte sie ihn mit Geschichten über ihre Kommilitonen und deren Eskapaden zum Lachen, aber sie spürte, dass das heute nicht funktionieren würde. Es würde sich zu sehr nach unsensiblen Geschichten über die besonders Privilegierten anhören. Vielleicht war es am besten, ihn an die Leute zu erinnern, die nach wie vor an ihn glaubten.
    Er brachte zwei dampfende Becher auf einem Tablett herein. Gewöhnlich aßen sie Kekse, aber heute war ohne Frage alles gestrichen, was nach Luxus aussah. »Ich habe den größten Teil meines Lohns der Notkasse gegeben«, erklärte er, als er bemerkte, dass ihr das aufgefallen war. »Ich behalte nur genug für die Miete und das Nötigste zum Leben zurück.«
    Sie saßen sich gegenüber, umklammerten ihre heißen Becher und wärmten ihre kalten Hände daran. Angie sprach als Erste. »Du solltest sie gar nicht beachten. Die Leute, die dich wirklich kennen, glauben nicht, dass du zu ihren Feinden gehörst. Du solltest auf Leute wie Mick hören, die wissen, wer du bist. Und was du bist.«
    »Meinst du?« Sein Mund zuckte, und sein Gesichtausdruck wurde noch düsterer. »Wie kann so einer wie

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