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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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herauszubringen imstande war. »Aber ich habe etwas, das nach neuen Beweisen in einem noch nicht abgeschlossenen Fall aussieht.«
    Lawsons Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, aber als er sich leicht auf seinem Stuhl bewegte, spürte sie, dass sich sein Interesse regte. »Catriona Maclennan Grant«, sagte er und erlaubte sich ein selbstzufriedenes Grinsen. »Da Sie selbst kommen, muss es schon Mord sein. Und das ist der einzige ungelöste Mordfall, bei dem ich die Leitung hatte.«
    »An Ihrem Geschick für Schlussfolgerungen ist nichts auszusetzen«, bemerkte Karen.
    »Und? Haben Sie endlich etwas, mit dem Sie dem Dreckskerl nach all der Zeit das Genick brechen können?«
    »Welchem Dreckskerl?«
    »Dem Exfreund natürlich …« Lawsons graue Haut legte sich in Falten, als er sein Gedächtnis nach Einzelheiten durchforschte. »Fergus Sinclair. Wildhüter. Sie hatte ihn weggeschickt, wollte ihn nicht Vater ihres Kindes sein lassen.«
    »Sie meinen, Fergus Sinclair hat sie und das Baby entführt? Warum hätte er das tun sollen?«
    »Um sein Kind und genug Geld an sich zu bringen, damit die beiden auf großem Fuß leben konnten«, antwortete Lawson, als erkläre er einem kleinen Kind etwas, das offensichtlich war. »Dann hat er sie bei der Übergabe umgebracht, damit sie ihn nicht verpfeifen konnte. Wir wussten alle, dass er es getan hatte, nur konnten wir es nicht beweisen.«
    Karen beugte sich vor. »Darüber steht nichts in der Akte«, sagte sie.
    »Natürlich nicht.« Lawson stieß einen spöttischen Laut aus. »Mein Gott, Karen, meinen Sie, wir waren damals blöd?«
    »Sie mussten zwar 1985 nicht alles für die Verteidigung offenlegen«, betonte sie. »Aber es gab keinen operativen Grund, wieso Sie nicht dem, der nach Ihnen kommen würde, einen kleinen Hinweis geben konnten.«
    »Trotzdem brachten wir nichts zu Papier, was wir nicht mit klaren Beweisen untermauern konnten.«
    »Na gut. Aber in der Akte weist nichts darauf hin, dass Sie ihn sich auch nur angesehen haben. Keine Notizen zu einem Gespräch oder Abschriften eines Verhörs, keine Aussagen. Er wird nur in einer Befragung von Lady Grant erwähnt, die äußerte, sie glaube, dass Sinclair der Vater von Catrionas Sohn sei, ihre Tochter habe sich aber immer geweigert, dies zu bestätigen.«
    Lawson wandte den Blick ab. »Brodie Maclennan Grant ist ein mächtiger Mann. Darin stimmten wir alle überein, bis hinauf zur Ebene des Polizeipräsidenten. Nichts sollte in der Akte erscheinen, das wir nicht zu einhundert Prozent beweisen konnten.« Er räusperte sich. »Obwohl wir alle dachten, dass Sinclair offensichtlich der Hauptverdächtige war, wollten wir nicht sein Todesurteil unterschreiben.«
    Karens Mund ging auf und schloss sich wieder. Ihre Augen weiteten sich. »Sie meinten, Brodie Grant hätte Sinclair umbringen lassen?«
    »Sie haben seinen Schmerz nicht gesehen, nachdem Cat gestorben war. Ich hätte es ihm zugetraut.« Sein Mund schnappte zu, und er starrte sie trotzig an.
    Karen hatte Brodie Grant für einen harten, getriebenen Mann gehalten. Aber es war ihr nie in den Sinn gekommen, ihn als potenziellen Auftraggeber für einen Mord zu betrachten. »Da hatten Sie unrecht«, stellte sie fest. »Sinclair war immer in Sicherheit. Grant meint, er hätte nicht das Zeug dazu gehabt.«
    Lawson schnaubte. »Das mag er jetzt sagen. Aber damals spürte man den Hass gegen diesen Jungen, der von ihm ausging.«
    »Und Sie haben sich Sinclair genau angesehen?«
    Lawson nickte. »Er erschien uns vielversprechend. Hatte kein Alibi. Arbeitete im Ausland. Österreich war es, glaube ich. Gutsverwaltung, das ist sein Fach.« Er runzelte wieder die Stirn und kratzte sich an seinem sauber rasierten Kinn. Zuerst sprach er langsam, aber als die Erinnerung konkreter wurde, immer schneller. »Wir schickten ein Team runter, das mit ihm reden sollte. Sie fanden nichts, das ihn entlastete. Er war in der fraglichen Zeit nicht bei der Arbeit, sondern im Urlaub – in den Wochen der Entführung, der Lösegeldforderungen, Übergabe und Flucht. Und der Typ, den wir an der Kunsthochschule befragten, meinte, das Poster sei im Stil des deutschen Expressionismus, was irgendwie zu seinem Wohnort passte.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Aber Sinclair sagte aus, er sei im Skiurlaub gewesen und von einem Urlaubsort zum nächsten gefahren. Um zu sparen, hätte er in seinem Landrover übernachtet. Er hatte bar bezahlte Skiliftkarten für alle relevanten Tage. Wir konnten nicht beweisen,

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