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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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dass er nicht an den angegebenen Orten gewesen war. Und vor allem konnten wir nicht beweisen, dass er sich da aufgehalten hatte, wo wir ihn vermutet hatten. Das war unser einziger wirklicher Anhaltspunkt, aber er brachte uns nicht weiter.«

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Montag, 21. Januar 1985,
Kirkcaldy
    L awson blätterte den Ordner noch einmal durch, als könne er vielleicht doch etwas finden, das er beim vorherigen Durchgehen übersehen hatte. Die Akte war leider noch ziemlich dünn. Ohne den Kopf zu heben, rief er durch das Büro DC Pete Rennie zu: »Ist noch nichts von der Spurensicherung gekommen?«
    »Ich habe gerade mit ihnen gesprochen. Sie arbeiten, so schnell sie können, aber sie sind nicht optimistisch. Sie meinten, es scheint, als hätten sie es mit richtig schlauen Leuten zu tun, die keine Spuren hinterlassen.«
    Rennie klang entschuldigend und zugleich ängstlich, als fürchte er, dass dies irgendwie seine Schuld sei.
    »Unbrauchbare Wichser«, murmelte Lawson. Nach dem anfänglichen Aufflammen der Erregung im Anschluss an die zweite Forderung der Entführer war dies ein Tag wachsender Frustration gewesen.
    Er hatte Grant zur Bank begleiten müssen, wo sie eine schwierige Besprechung mit einem leitenden Angestellten hatten, der sich aufs hohe Ross gesetzt und verkündet hatte, die Bank hätte eine Vorschrift, nicht mit Geiselnehmern zusammenzuarbeiten. Und das, bevor die beiden auch nur ein Wort über Grants Anliegen anbringen konnten. Schließlich hatten sie mit dem Bankdirektor sprechen müssen, um voranzukommen.
    Dann war Grant mit ihm in einen eleganten Herrenclub in Edinburgh gegangen, wo er sich mit einem großen Whisky hinsetzen musste, obwohl er einwandte, dass er im Dienst sei. Als der Kellner ihm seinen Drink brachte, ignorierte er ihn und wartete darauf, dass Grant mitteilte, was er im Sinn hatte. Dies war eine Ermittlung, bei der Lawson offensichtlich nicht so tun sollte, als hätte er das Sagen.
    »Ich habe eine Versicherung gegen Entführung, wissen Sie«, hatte Grant ohne weitere Vorrede gesagt.
    Lawson wollte fragen, wie das funktioniere, aber zugleich den Anschein vermeiden, er sei ein Provinzler und naiver Dummkopf. »Haben Sie mit ihnen gesprochen?«
    »Bis jetzt noch nicht.« Grant schwenkte den Malt-Whisky in seinem Kristallglas herum. Der schwere Geruch nach Phenolsäure stieg Lawson in die Nase und ließ ihm leicht übel werden.
    »Darf ich fragen, warum nicht?«
    Grant nahm eine Zigarre heraus und begann mit dem kniffeligen Prozess des Abschneidens und Anzündens. »Sie wissen ja, wie es ist. Sie werden mit einer ganzen Truppe anrücken wollen. Der Preis dafür, dass sie das Lösegeld zahlen, wird sein, dass sie die ganze Veranstaltung leiten.«
    »Ist das ein Problem?« Lawson fühlte sich etwas überfordert. Er nahm einen Schluck Whisky und hätte ihn fast ausgespuckt. Er schmeckte nach den Hustentropfen, auf die seine Großmutter immer geschworen hatte. Er schien nicht der gleichen Sorte anzugehören wie das Glas Famous Grouse, das er an seinem eigenen Kamin zu genießen pflegte.
    »Ich sorge mich, dass es außer Kontrolle geraten wird. Sie haben zwei Geiseln. Wenn sie auch nur den geringsten Hauch einer Ahnung hätten, dass wir sie hereinlegen wollen, wer weiß, wozu sie fähig sind?« Er zündete die Zigarre an, kniff die Augen zusammen und sah Lawson durch den Rauch an. »Ich muss wissen, ob Sie zuversichtlich sind, dass Sie die Sache erfolgreich durchziehen können. Soll ich ein Risiko eingehen und Außenstehende involvieren? Oder können Sie mir meine Tochter und meinen Enkel zurückholen?«
    Lawson schmeckte das süße, aufdringliche Aroma in seiner Kehle. »Ich glaube, ich kann es«, antwortete er, fragte sich aber, ob seine eigene Karriere bald das gleiche Schicksal erleiden werde wie die Zigarre.
    Dabei hatten sie es bewenden lassen. Und jetzt saß er immer noch an seinem Schreibtisch, während der Abend unaufhaltsam in die Nacht überging. Nichts geschah, außer dass seine Worte ihm immer törichter vorkamen. Er starrte Rennie an. »Haben Sie es schon geschafft, Fergus Sinclair zu finden?«
    Rennie zog die Schultern hoch und bewegte sich nervös auf seinem Stuhl. »Ja und nein«, erwiderte er. »Ich habe herausgefunden, wo er arbeitet, und habe mit seinem Chef gesprochen. Aber er ist nicht da. Sinclair, meine ich. Er ist im Urlaub. Skifahren anscheinend. Und niemand weiß genau, wo.«
    »Skifahren?«
    »Er ist im Landrover mit seiner Skiausrüstung weggefahren«, erklärte Rennie

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