Nacht
heraus, auf denen ich das Fleisch gerecht verteilte. Angesichts dessen, wie Steve mich behandelt hatte, fand ich das ziemlich großzügig von mir. Allerdings würde sein Fleisch vermutlich kalt und zäh werden, bis er in der Lage war, es zu essen.
Mit meinem Teller auf dem Schoß setzte ich mich wieder auf die Arbeitsfläche. Ich mochte diese Sitzgelegenheit. Sie fühlte sich nicht nur hübsch kühl an, ich genoss es auch, ein wenig erhöht zu sitzen und dabei Steve hervorragend im Blick zu haben. Falls es nötig wurde, konnte ich sofort herunterspringen und mich auf ihn stürzen.
Natürlich wäre es schön gewesen, wenn ich zu meinem Fleisch noch ein paar chinesische Nudeln gehabt hätte, aber daran hätte ich früher denken müssen. Wenn ich jetzt anfing, sie zu kochen, war das Fleisch kalt, bevor sie fertig wurden.
Vergiss die Nudeln!, sagte ich mir. Genieß das, was du hast.
Und das tat ich dann auch.
Geht es Ihnen eigentlich auch so, dass Ihnen das Essen viel besser schmeckt, wenn Sie zuvor Alkohol getrunken haben? Mir jedenfalls kommen die Aromen dann viel intensiver vor. Falls Sie keinen Alkohol trinken, entgeht Ihnen da vielleicht etwas.
Allerdings entgeht ihnen auch der Kater am nächsten Morgen, und übergeben müssen Sie sich vermutlich auch nicht.
Ich würde mal sagen, dass sich Vor‐ und Nachteile des Trinkens in etwa die Waage halten.
Als ich mit dem Essen fertig war, sprang ich von der Arbeitsfläche, spülte Teller und Gabel kurz unter dem Wasserhahn ab und stellte sie dann in Serenas Spülmaschine. Danach trank ich den Tequila aus, füllte das leere Glas mit kaltem Wasser leerte es in einem Zug.
Was nun?
Steve war noch immer nicht bei Bewusstsein, und mir fiel nichts mehr ein, womit ich mich hier in der Küche hätte beschäftigen können.
Soll ich vielleicht versuchen, ihn aufzuwecken?
Ich füllte das Glas noch einmal mit Wasser und tat noch ein paar zusätzliche Eiswürfel hinein. Dann ging ich mit dem Säbel in der rechten und mit dem Glas in der linken Hand hinüber zu dem Stuhl, den ich über Steve gestellt hatte und setzte mich so darauf, dass ich meine Füße direkt oberhalb seiner Schultern auf den Boden stellen konnte. Nachdem ich mir den Säbel quer über die Oberschenkel gelegt hatte, spähte ich durch meine Knie nach unten.
Steve sah aus, als würde er schlafen.
»Steve?«, fragte ich.
Er reagierte nicht.
Ich trat ihm mit dem Fuß sanft gegen die Schulter. Immer noch keine Reaktion.
Wie lange sollte das denn noch dauern?
Anstatt ihm das Wasser aus dem Glas ins Gesicht zu schütten, trank ich es aus. Das Glas, in dem jetzt nur noch ein paar Eiswürfel waren, stellte ich Steve auf die Stirn.
Dann lehnte ich mich zurück, rutschte mit dem Po ganz nach vorne auf die Kante des Stuhls und streckte die Beine aus. Mit einer Hand hielt ich den Säbel fest, dann schloss ich die Augen und ließ mein Kinn auf die Brust sinken.
Ich weiß, ich weiß, ich weiß. Unter den gegebenen Umständen war es vollkommen verrückt, ein Nickerchen zu machen.
Aber ich war inzwischen zutiefst erschöpft und hatte einen langen Tag mit zu viel Stress, zu viel körperlicher Anstrengung, zu wenig Schlaf und vielleicht einem kleinen bisschen zu viel Tequila hinter mir.
Außerdem glaubte ich nicht, dass Steve momentan eine allzu große Gefahr darstellte. Selbst wenn er vor mir aufwachen sollte, würde ihm das Glas von der Stirn fallen und mich aufwecken, und er wäre immer noch mit gefesselten Beinen unter einem Stuhl eingeklemmt. Dass er mich aus dieser Position überwältigte, bevor ich mit dem Säbel auf ihn losgehen konnte, war nicht sehr wahrscheinlich.
Ich musste mir also keine Sorgen machen.
Nachdem ich die Haltung für mein Nickerchen eingenommen hatte, dauerte es vielleicht noch fünf Sekunden bis ich einschlief, obwohl der harte Stuhl mit seiner geraden Lehne alles andere als bequem war.
Ich schlief wie eine Tote.
Bis mich das Klirren von zerbrechendem Glas weckte, und irgendetwas meinen Stuhl hoch in die Luft warf und mich in hohen Bogen durch die inzwischen fast dunkle Küche schleuderte.
Erwachen
Aufwachen! Ein Erdbeben!
Das war mein erster Gedanke. Ich habe schon ein paar ziemlich üble Erdbeben erlebt. Sie reißen einen aus dem Tiefschlaf, schütteln einen gewaltig durch und erschrecken einen zu Tode.
Diesmal aber war es kein Erdbeben, das wurde mir klar, noch bevor ich auf dem Fußboden landete.
Es war Steve.
Meine rechte Schulter knallte auf die Kacheln, und ich rutschte,
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