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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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grinste schon wieder. Seine Lippen waren ganz braun von der Soße.
    »Weil du es gesagt hast.«
    »Dann musst du mich falsch verstanden haben.«
    Ich verspürte eine seltsame, flatterige Spannung in meinem Inneren. Was war das? Hoffnung? Furcht? Aufregung? In gewisser Hinsicht wünschte ich mir, dass Judy tot war. Sie war ein ungelöstes Problem und konnte mich in üble Schwierigkeiten bringen. Aber andererseits … Verdammt, ich mochte Judy!
    »Du hast sie also nicht ermordet?«, fragte ich.
    »Auf gar keinen Fall.«
    »Schlechte Wortwahl, Kumpel.«
    »Wie bitte?«
    »Auf gar keinen Fall Das sagen Politiker immer, wenn sie nicht die Wahrheit sagen.«
    »Oh, Pardon. Ich verstehe. Zu dick aufgetragen, was?«
    »Was ist wirklich passiert, nachdem ich weg war?«
    Er stopfte sich einen weiteren Fleischbrocken in den Mund.
    »Krieg ich auch was zu trinken?«, fragte er, während er darauf herumkaute.
    »Da ist die Spüle.«
    »Ein Glas?«
    »Nimm die Hand.«
    Er ging zum Spülbecken, drehte den Hahn auf und trank aus der hohlen Hand.

    »Was war mit Judy?«, beharrte ich.
    Er schlürfte mehr Wasser.
    »Was soll mit ihr gewesen sein?«
    »Was hast du mit ihr gemacht, wenn du sie nicht ermordet hast?«
    Steve drehte seufzend den Hahn zu, fuhr sich mit dem Unterarm über den nassen Mund und grinste mich an.
    »Ich habe sie abgeschnitten! Von dem Strick, an dem du sie hast baumeln lassen.«
    »Ich habe sie nicht an den Baum gehängt.«
    »Aber du hast sie auch nicht befreit.«
    Es war nicht nötig, mich daran zu erinnern.
    »Fertig mit dem Essen, Steve?«
    »Nein!« Steves Grinsen erstarrte. Er humpelte zurück zu seinem Teller und stopfte sich mehrere Fleischbrocken gleichzeitig in den Mund.
    »Okay«, sagte ich. »Du hast sie also abgeschnitten. Und was geschah dann?«
    »Viel.«
    »Sag es mir!«
    »Erst mal hab ich sie natürlich durchgefickt.«
    Ich holte mit dem Säbel aus und schlug ihm, so fest ich konnte, mit der flachen Seite der Klinge auf den Hintern. Steve schrie auf, wobei ihm ein Stück Steak aus dem Mund flog. Dann krümmte er den Rücken und tastete mit beiden Händen sein Hinterteil ab. Eine Weile blieb er schwer atmend stehen und stützte sich zitternd am Rand der Arbeitsfläche ab.
    »Vergiss nicht, wer jetzt den Säbel hat, Stevie‐Boy.«
    »Du hast mich doch gefragt …«
    »Aber deine Antwort hat mir nicht gefallen. Also noch einmal: Was ist hast du mit Judy gemacht?«
    »Wir … haben die Toten begraben. Milo und Marilyn.«
    »Wo kam diese Marilyn überhaupt her?«

    »Aus dem Zelt. Milo hatte sie im Zelt.«
    »Wo ihr sie herhattet, will ich wissen! Ist sie hier aus der Gegend?
    Habt ihr sie in Miller’s Woods geschnappt?«
    »Nein. Wir haben sie unterwegs aufgelesen.«
    »Erzähl.«
    »Sie ist uns an einer Tankstelle aufgefallen, vor ein paar Tagen, als wir auf dem Weg nach Norden waren. Sie hat da ihren Toyota aufgetankt. Klasse Braut. Hatte diese verdammt knappen Hot Pants an …« Er warf meinem Säbel einen misstrauischen Blick zu. »Als sie dann losgefahren ist, haben wir sie überholt und sind dann im Schneckentempo vor ihr hergefahren. Marilyn hatte es anscheinend eilig, sie fuhr zu dicht auf und hat uns sogar ein paarmal angehupt.
    In einer unübersichtlichen Kurve ist Milo dann voll auf die Bremse gestiegen, und wumm, schon hatten wir sie hinten drin. Dann sind wir alle ausgestiegen – man muss doch den Schaden anschauen und sich die Nummern von der Versicherung geben und so –, aber wir haben sie gleich gepackt und hinten in den Lieferwagen geschmissen. Ich bin bei ihr geblieben, und Milo ist wieder losgefahren.«
    »Du hast einen Lieferwagen?«
    »Klar. So was braucht man in meinem Job.«
    »Wo ist er?«
    »Ach, den haben wir im Wald versteckt. Nicht zu weit weg von der Straße entfernt, aber trotzdem so, dass ihn keiner sieht.«
    »Und dann habt ihr Marilyn in den Wald gebracht.«
    »Richtig. Wir haben unser Lager aufgeschlagen und …« Er hielt inne und beäugte wieder misstrauisch meinen Säbel. »Wir hatten Marilyn ein paar Tage zu Gast, bevor sie dann gestorben ist.«
    »Sie ist gestorben. Einfach so.«
    »Nein. Milo hat ihr den Hals durchgeschnitten.«
    »Milo, nicht du?«
    »Genau.«
    »Wie viele Menschen habt ihr beide umgebracht?«

    »Wir beide? Schon ein paar. Ich habe nicht mitgezählt.«
    »Wie lange wart ihr zusammen?«
    »Milo und ich?«
    »Ja. Wie lange wart ihr zusammen in eurem Lieferwagen unterwegs und habt Menschen umgebracht.«
    »Ein paar Jahre.«
    »Mein

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