Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
Sommernacht: Schreiende Vögel, zirpende Grillen und quakende Frösche sowie das Rascheln der Blätter im warmen Wind.
    »GOTT IST MEIN ZEUGE, WENN DU MICH HIER ALLEIN LÄSST, DANN SAGE ICH ALLES, STEVE. ICH SAGE IHNEN, WIE DU ELROY DEN
    KOPF ABGESCHLAGEN HAST, UND VON DIR UND MILO ERZÄHLE ICH
    IHNEN AUCH. DAS FBI INTERESSIERT SICH BESTIMMT BRENNEND
    FÜR SO WAS.«
    Auf einmal kam mir eine blendende Idee.
    Nur für den Fall, dass tatsächlich jemand anderer zuhörte als Steve …
    »ICH WERDE DEM FBI AUCH ERZÄHLEN, WIE DU DEN ARMEN
    TONY ROMANO ZERSTÜCKELT UND JUDY ENTFÜHRT UND
    VERGEWALTIGT UND DANN ERMORDEST HAST. DAS WERDE ICH
    IHNEN ALLES SAGEN, WENN DU MICH NICHT SOFORT AUS DIESEM
    WALD BRINGST.«
    Ich spielte einen Augenblick lang mit dem Gedanken, ihn auch noch für Murphys Tod verantwortlich zu machen, aber das gefiel mir dann doch nicht. Murphy war meine Privatangelegenheit, und ich wollte weiter im Stillen um ihn trauern.
    Außerdem tat mir vor lauter Schreien die Kehle weh, und so entschied ich, dass ich nun genug herumgebrüllt hatte, um Steves Aufmerksamkeit – und seinen Zorn – auf mich zu ziehen.
    Wenn er mich gehört hatte, war er bestimmt schon auf dem Weg zu mir.
    Und zwar mit einer Riesenwut im Bauch.

    Steve legt mich flach
    Nachdem ich ein paar Minuten lang schweigend durch den finsteren Wald gelaufen war, stolperte ich an einer abschüssigen Stelle plötzlich über etwas, das sich anfühlte wie ein quer über den Pfad gespannter Strick. Ich kam ins Straucheln und schlug der Länge nach hin.
    Obwohl ich den Sturz mit den Händen abzufangen versuchte, prallte ich ziemlich heftig auf den harten Boden. Meine Füße lösten sich von dem Fallstrick, und ich rutschte ein Stück weit den Abhang hinunter.
    Aus der Dunkelheit neben dem Weg erschien plötzlich eine Gestalt. Ein nackter Fuß – Steves Fuß, wie ich annahm – trat mir aufs Handgelenk und presste meine Säbelhand auf den Boden. Bevor ich irgendetwas unternehmen konnte, schlug er mir mit einem harten Gegenstand erst auf den Rücken und dann auf den Kopf. Ein stechender Schmerz durchfuhr mich wie ein greller Blitz, und dann wurde ich ohnmächtig.
    Aber nicht für lange.
    Nehme ich an.
    Während meiner kurzen Besinnungslosigkeit musste mich Steve auf den Rücken gedreht, mir den BH ausgezogen und mit Serenas Verlängerungskabel – das er vermutlich auch über den Weg gespannt hatte – die Hände vor der Brust gefesselt haben.
    Als ich wieder zu mir kam, stand er über mir, den Säbel in der rechten und das Ende des Kabels mit dem Stecker in der linken Hand. Er zog am Kabel, anscheinend wollte er, dass ich mich aufsetzte.
    »Okay, okay«, sagte ich benommen.
    »Sieh mal einer an. Unser Dornröschen ist aufgewacht.«
    Das erinnerte mich an den armen Murphy, und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als wieder mit ihm in seinem Bett zu liegen.
    »Hau ab«, murmelte ich.
    »Geht’s uns nicht gut?«, fragte Steve. »Haben wir uns wehgetan?«
    »Arschloch.«
    Steve zerrte am Kabel. Es straffte sich und zog an meinen Armen.
    Ich versuchte aufzustehen. Das war nicht einfach. Ich schaffte es bis auf die Knie, dann gab Steve dem Seil einen Ruck, und ich fiel nach vorne aufs Gesicht.
    »Ach Gott, was bist du ungeschickt«, säuselte Steve.
    Ich wollte eine freche Bemerkung machen, ließ es dann aber bleiben. Ich hatte angefangen zu weinen und wollte nicht, dass er es an meiner Stimme merkte.
    Steve zog noch ein paarmal am Kabel. »Auf geht’s! Aufstehen!«
    Ich rappelte mich mühsam auf alle viere hoch und rechnete damit, dass er mich gleich wieder umwerfen würde, aber diesmal ließ er mich aufstehen.
    »Brav«, sagte er. »Und jetzt geh los. Ich will dich genauso wenig im Rücken haben wie du mich.«
    Er trat zur Seite und ließ mich den Weg entlanggehen.
    Als ich an ihm vorbeiging, schlug er mir mit der flachen Seite der Säbelklinge auf den Hintern. Ich zuckte zusammen und japste. Steve folgte mir, das Kabel in der Hand. Es baumelte locker von meinen Handgelenken herab und berührte meinen linken Oberschenkel.
    »Wir bleiben erst mal auf dem Weg«, sagte Steve. »Ich sage dir dann, wenn wir abbiegen.« Er schwieg eine Weile, dann fuhr er fort:
    »Es war dir offenbar nicht genug, dass du mit dem Leben davongekommen bist, oder?«
    »Ich … ich will mit dir kommen.«
    »Das habe ich gehört, genauso wie der halbe Kontinent. Laut genug gebrüllt hast du ja. Aber ich glaube dir kein Wort. Schlimm genug, dass du herumkrakeelst wie eine

Weitere Kostenlose Bücher