Nacht
ich mich mit vor meinem Körper gestreckten Armen langsam voran.
Nach einer Weile ziellosen Herumtappens stieß ich auf einen schmalen Pfad, bei dem es sich vermutlich um einen Wanderweg handelte, den ich bei Tageslicht schon häufig entlanggegangen war.
Jetzt, in der Dunkelheit, kam er mir ziemlich fremd vor, und ich hatte nur eine vage Vorstellung davon, wo ich war. Nur eines wusste ich ganz genau: Dass der Weg mich immer tiefer in Millers Woods hineinführen würde.
Und genau dort wollte ich hin, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie ich Steves Lagerplatz finden sollte.
Eigentlich konnte ich nur aus Zufall darauf stoßen, und selbst dann hieß das noch lange nicht, dass Steve auch wirklich dort war.
Vielleicht hatte er das Zelt auch schon abgebaut und war –nachdem er Judy getötet hatte – zu seinem Lieferwagen gegangen und weggefahren.
Und zwar mit Elroys Autoschlüsseln in der Tasche.
Dann wäre ich wirklich erledigt.
Was mache ich bloß, wenn ich die Schlüssel nicht kriege?
Es muss doch möglich sein, Elroys Wagen auf eine andere Art aus der Einfahrt zu bringen und ihn irgendwo möglichst weit weg von Charlies und Serenas Haus abzustellen.
Ich dachte angestrengt nach.
Das tat mir gut, denn auf diese Weise musste ich nicht an andere Dinge denken.
Zum Beispiel daran, wie schwer auf einmal der Säbel war. Mit jeder Minute, die verging, schien sein Gewicht zuzunehmen, sodass ich ihn hin und wieder von einer Hand in die andere wechseln musste.
Ich dachte auch nicht daran, wie sehr ich schwitzte. Eigentlich wäre ich ohne Kleider besser dran gewesen, denn’ sie klebten mir am Körper und verhinderten, dass Luft an meine Haut kam. Weil ich keine Socken anhatte, fühlten sich die schweißnassen Turnschuhe an meinen nackten Füßen widerlich glitschig an.
An all das und noch viel mehr verbot ich mir zu denken und konzentrierte mich stattdessen auf mein wirkliches Problem: Was mache ich mit Elroys Auto?
Ohne Schlüssel kann ich es nicht anlassen.
Wie soll ich also …?
Es muss doch irgendeinen Weg geben.
Soll ich einen Abschleppwagen rufen? Nein, damit würde ich mich nur in noch größere Schwierigkeiten bringen. Ich müsste mich nicht nur um den Fahrer kümmern, sondern auch um seine Firma, die den Anruf und damit meine Adresse sicher irgendwo notieren würde.
Unmöglich.
Aber wie kriege ich den Wagen sonst aus unserer Einfahrt?
Schieben konnte ich ihn wohl kaum.
Und wenn ich jemanden anheure, um ihn wegzuschieben? Aber dann hätte ich wieder ein Problem mit diesen Leuten.
Sollte ich die etwa alle umbringen?
Ich hob die Enden meiner Bluse, damit etwas Luft an meinen Körper kam.
Verdammt, ist das heiß hier!
Die Hitze machte mir nichts aus, solange ich in einem Haus mit Klimaanlage war oder mit einem eisgekühlten Cocktail in der Hand am Pool sitzen konnte. Mit einem schweren Säbel in der Hand durch den Wald zu stapfen, war da schon etwas ganz anderes …
Ich blieb stehen und zog die Bluse aus, was mir sofort Erleichterung verschaffte. Weil ich sie nicht verlieren wollte, band ich sie mir um die Hüfte und steckte die Ärmel zusätzlich noch in den Rockbund.
Den Büstenhalter behielt ich an. Er war zwar klatschnass und ziemlich unangenehm zu tragen, aber er hinderte wenigstens meine Brüste daran, ständig wie wild auf und ab zu hüpfen. Auch den Rock behielt ich an, weil ich ihn nicht mit mir herumtragen wollte, und die Schuhe zog ich deshalb nicht aus, weil es nicht gerade ratsam ist, barfuss durch einen nächtlichen Wald zu laufen.
Ich dachte wieder an Elroys Wagen.
Irgendwie muss ich ihn doch loswerden können.
Könnte ich ihn vielleicht mit meinem Auto abschleppen?
Genau! Das müsste gehen!
Ich müsste ihn erst rückwärts aus der Einfahrt bugsieren und dann, wenn er auf der Straße hing, ans Abschleppseil hängen.
Genau!
Allerdings müsste das nachts geschehen, dann war das Risiko, dass mich jemand dabei beobachtete, geringer als am Tag.
Ich würde ihn nach Millers Woods schleppen und dort irgendwo stehen lassen. Vielleicht sogar auf dem Parkplatz bei den Picknicktischen.
Genial!
Ich war froh, dass ich jetzt einen Plan B hatte für den Fall, dass Plan A nicht funktionierte. Aber die damit verbundenen Anstrengungen und Risiken ließen es mir nach wie vor dringend geraten erscheinen, Steve zu finden und ihm Elroys Autoschlüssel abzunehmen.
Wo bist du, Stevie‐Boy?
Ich war jetzt tief genug im Wald, um in der Nähe des Lagerplatzes zu sein.
Wer weiß? Vielleicht war
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