Nacht
Risiko war trotzdem zu groß. Ich brauchte nur an einem Streifenwagen vorbeizufahren und …
Außerdem ließen sich die Sachen bis auf den Gürtel leicht verbrennen und auch so würde sie niemand mit Tony in Verbindung bringen.
Barfuss und mit nichts am Leib außer der abgeschnittenen Jeans und Tonys Hemd, ging ich auf den Abhang zu, der hinauf zum Parkplatz führte. Von hier unten aus konnte ich Judys Wagen nicht erkennen.
Hoffentlich steht er überhaupt noch da.
Langsam stieg ich den Hang hinauf, und als ich dabei auf dem taufeuchten Gras ausrutschte, musste ich an meinen inszenierten Sturz denken, mit dem ich Judy aus ihrem Versteck hatte locken wollen und bei dem ich prompt die Pistole verloren hatte.
Die Pistole!
Erschrocken blieb ich stehen und klopfte meine Taschen ab. Sie war weg!
Einen Augenblick lang dachte ich, ich hätte sie schon wieder verloren, aber dann fiel mir ein, dass ich sie absichtlich in Milos Lager gelassen hatte. Ich sollte sie gar nicht haben.
Das war eine große Erleichterung für mich.
Trotzdem ließ meine Panik nicht nach, denn ich hatte beim Abtasten der Hosentaschen nur zwei Schlüsselbunde gespürt.
Hoffentlich hatte ich nicht Judys Wagenschlüssel im Bach verloren!
Hektisch kramte ich in den Taschen, bis mir einfiel, dass ich Tonys Schlüsselbund ja zusammen mit seiner Geldbörse in Milos Feuer geworfen hatte.
Und wenn es der falsche Schlüsselbund war?
Mit einem leisen Seufzer zog ich beide Schlüsselbunde aus der tropfnassen Jeans und sah sie mir im Mondlicht genauer an. Mein Etui aus braunem Leder erkannte ich auf Anhieb, aber bei Judys Schlüsseln war ich mir nicht so sicher.
Das wirst du gleich herausfinden.
Eilig stieg ich den Rest des Abhangs hinauf und gab mir dabei Mühe, das unangenehme Gefühl in meiner Magengrube zu ignorieren.
Oben angekommen, sah ich Judys Auto.
Es war immer noch der einzige Wagen auf dem Parkplatz.
Von dem raschen Anstieg noch immer ziemlich außer Atem, ging ich zum Auto und überzeugte mich, dass niemand darin saß. Als ich einstieg, leuchtete die Innenbeleuchtung kurz auf.
Mit zitternden Händen fummelte ich den Autoschlüssel ins Zündschloss und war erleichtert, als er passte. So, wie ich heute drauf war, hätte es mich nicht gewundert, wenn ich statt Tonys Schlüsseln die von Judy ins Feuer geworfen hätte.
Ich drehte den Schlüssel und ließ den Motor an.
»Geschafft!«, rief ich begeistert aus.
Ohne die Scheinwerfer einzuschalten, legte ich den Rückwärtsgang ein, setzte zurück und fuhr über den mondbeschienenen Parkplatz. Erst als ich auf der Straße war, machte ich die Scheinwerfer an.
Trautes Heim, Glück allein
Ich konnte es kaum glauben, aber die Fahrt zum Haus von Serena und Charlie verlief ohne weitere Zwischenfälle. Ich sah niemanden.
Alle Straßen waren leer. Nach dem, was in dieser Nacht schon alles vorgefallen war, konnte ich mein Glück kaum fassen.
Es war noch dunkel, aber als ich in die Einfahrt einbog, begann im Osten der Morgen zu dämmern.
Ich fuhr bis vor die Garage und hielt an. Ein erster Blick aus dem Auto förderte nichts Ungewöhnliches zutage: Das Haus und der Garten sahen ganz normal aus. Ich stieg aus, ging um das Haus herum und besah mit Pool und Waldrand.
Alles wirkte harmlos und friedlich.
Keine Spur von dem Fremden.
Um ehrlich zu sein, der Fremde war mir im Augenblick auch ziemlich egal.
Bestimmt hatte er nach meinem vermeintlichen Anruf bei der Polizei das Weite gesucht, und außerdem hatte ich Milo, den menschenfressenden Fettsack kaltgemacht – da konnte mich die Aussicht auf eine Konfrontation mit dem hübschen kleinen Eindringling nicht mehr allzu sehr schrecken.
Komm nur, wenn du Lust hast.
Ich ging zur Garage und gab auf dem Nummernblock neben dem Tor meine Codenummer ein. Der Elektromotor summte, und das Tor fuhr in die Höhe.
Ich ging derweil zu Judys Auto zurück, und als das Tor ganz offen war, fuhr ich in die Garage und parkte neben meinem eigenen Auto.
Serena und Charlie stellten hier manchmal ihren Landrover ab, wenn sie ihn nicht der Einfachheit halber draußen in der Einfahrt stehen ließen.
Jetzt aber waren Serena und Charlie eine Woche lang weg, und niemand hätte auch nur den geringsten Grund gehabt, die Garage aufzumachen und dort das fremde Auto zu finden.
Ich schaltete Scheinwerfer und Motor aus, zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und steckte ihn ein. Dann stieg ich aus, ohne die Fenster hochzufahren oder den Wagen abzuschließen. Judys
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