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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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herrlich an. So herrlich, dass es fast schon wieder wehtat.
    Ich war in keiner guten Verfassung. Noch nie zuvor in meinem Leben hatte ich mich so ausgepumpt gefühlt, und wenn ich an den langen Nachhauseweg dachte, den ich noch vor mir hatte, kamen mir fast die Tränen.
    Zum Glück war es noch dunkel. Ich hatte also noch etwas Zeit.
    Und so legte ich mich mitten im Bach auf den Rücken, bis nur noch mein Gesicht aus dem Wasser schaute, und ruhte mich noch eine Weile aus. Bald fühlte sich das Wasser nicht mehr so kalt an. Im Gegenteil, es kam mir richtig angenehm, sogar fast warm vor.

    Ein langes Bad. Wenn ich zu Hause bin, nehme ich als Erstes ein schönes, langes Bad.
    Dann dachte ich darüber nach, wie ich nach Hause kommen sollte. In den drei Jahren, die ich nun schon über Serenas Garage wohnte, bin ich öfter zu Fuß vom Haus zum Picknickplatz und zurückgegangen. Allerdings nie bei Dunkelheit, denn ich fürchtete mich nachts im Wald.
    Selbst bei Tageslicht war Millers Woods mir immer etwas unheimlich gewesen. Ich mochte zwar die Stille und die Einsamkeit, aber ich hatte auch immer das beklemmende Gefühl, als würde ich verfolgt oder von irgendwoher beobachtet. Nicht, dass mir das jemals passiert wäre, aber mir reichte allein die Vorstellung. Ehrlich gesagt, ich verspürte selbst sogar manchmal das Bedürfnis, andere Menschen, die ich im Wald sah, heimlich zu beobachten oder ihnen hinterherzuschleichen.
    Ein paarmal habe ich diesem Bedürfnis sogar nachgegeben.
    Aber das ist eine andere Geschichte.
    Auf jeden Fall wusste ich, wie ich vom Picknickplatz quer durch den Wald zu unserem Haus gelangen konnte, aber irgendwie konnte ich mich nicht so recht dazu entschließen, diesen Weg in der stockfinsteren Nacht zu gehen. Wenn man in der Dunkelheit eine Abzweigung übersah, konnte man sich heillos verlaufen, und außerdem gab es steile Abhänge und Gräben, die alles andere als ungefährlich waren. Wenn man da ausrutschte und irgendwo hinunterfiel, konnte man sich ziemlich wehtun. Von abgebrochenen Ästen, an denen man sich aufspießen konnte, ganz zu schweigen.
    Und wenn ich Judys Auto nehme?
    Auf den ersten Blick kam mir die Idee vollkommen idiotisch vor.
    Erstens konnte mich jemand darin sehen, und zweitens wusste ich nicht, was ich mit dem Wagen tun sollte, wenn ich zu Hause war.
    Das bringt dich doch nur in Schwierigkeiten.
    Andererseits hatte ich Judys Schlüssel in der Tasche, und wäre mit ihrem Wagen, der ja ganz in der Nähe auf dem Parkplatz stand, in weniger als zehn Minuten zu Hause.
    Super!
    Ich könnte den Wagen ja in die Garage stellen, wo niemand ihn sehen würde, und ihn irgendwann später wieder loswerden –morgen Nacht, zum Beispiel.
    Ich kam wirklich in Versuchung.
    Es wäre so einfach!
    Und gleichzeitig auch so belastend. Zum Beispiel, wenn mich die Polizei aufhielt.
    Dann hatte ich einen Gedanken, der alles veränderte.
    Wenn ich den Wagen hierlasse, wird vielleicht jemand misstrauisch und fängt an, nach Judy zu suchen.
    Damit war die Entscheidung gefallen.
    Wenn hier kein Wagen stand, würde auch kein Förster, Wanderer oder Polizist sich fragen, wem er gehörte. Und wenn morgen oder übermorgen jemand Judy als vermisst melden sollte, hätten die Behörden keinen Anhaltspunkt, wo sie nach ihr suchen sollten.
    Ich musste den Wagen mit nach Hause nehmen.
    Inzwischen fühlte ich mich ein wenig gestärkt, sodass ich aufstehen und hinauf zum Picknickplatz gehen konnte. Dort versteckte ich mich noch eine Weile im Gebüsch und wartete ab, ob die Luft rein war. Nachdem ich ein paar Minuten lang niemanden gesehen oder gehört hatte, ging ich hinüber zum Picknicktisch. Weil meine nassen Slipper bei jedem Schritt glucksende Geräusche von sich gaben, setzte ich mich auf die Bank und goss das Wasser aus den Schuhen. Ich wollte sie wieder anziehen, überlegte es mir dann aber anders.
    Schließlich waren das Tonys Schuhe und damit ein Beweis gegen mich. Jetzt, wo ich mich entschlossen hatte, nach Hause zu fahren und nicht zu gehen, brauchte ich sie nicht mehr. Wenn ich sie hier und jetzt loswurde, brauchte ich mich später nicht mehr um ihre Entsorgung zu kümmern.

    Mit dem Halstuch, das ich noch in der Tasche hatte, wischte ich die Schuhe sorgfältig ab, bevor ich sie hinter dem Picknicktisch ins Gebüsch warf.
    Zunächst dachte ich daran, auch Tonys andere Sachen hierzulassen, aber das hätte bedeutet, nackt nach Hause zu fahren.
    Vermutlich wäre das um diese Zeit niemandem aufgefallen, aber das

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