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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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zu spielen.
    Nachdem ich den Säbel mit einem Küchenhandtuch gut abgetrocknet hatte, trug ich ihn ins Esszimmer, änderte aber im Flur meine Meinung. Bevor ich ihn wieder an seinen Platz hängte, musste ich warten, bis er wirklich trocken war. Ich wollte vermeiden, dass eventuell im Griff verbliebenes Wasser oder Blut auf die Wand tropfte.
    Außerdem fühlte ich mich, solange es noch nicht richtig hell war, mit dem Säbel irgendwie besser.
    Also nahm ich ihn mit ins Wohnzimmer, wo ich ihn auf den Couchtisch legte und eine Stehlampe anknipste. Dann schaute ich zur Glastür hinüber, wo der Fremde aus dem Pool seine Spuren hinterlassen hatte. Allerdings konnte ich die beschmutzte Scheibe nicht sehen, weil die Vorhänge zugezogen waren.
    Gott sei Dank.
    So blieb mir wenigstens der Anblick der Sauerei erspart, die er hinterlassen hatte.
    Einerseits erleichtert, andererseits mit einem flauen Gefühl im Magen, weil ich das Zeug irgendwann einmal ja doch wegwischen musste, wandte ich mich vom Fenster ab und bemerkte, dass das rote Lämpchen an dem Anrufbeantworter blinkte. Es war eine neue Nachricht auf dem Band.
    Neugierig drückte ich auf den Knopf, und das Gerät spulte zurück.
    Dann blieb es stehen, und Tonys Stimme sagte: »Hallo, Judy. Hier spricht Tony. Hey, du hast dir ja einen Anrufbeantworter angeschafft. Aber nicht extra wegen mir, oder doch?«
    Was für ein komisches Gefühl, das noch einmal zu hören.
    Wie viel war passiert seit dieser Nachricht! Vor allem mit Tony!
    Und auch mit mir. Mein Leben würde nie wieder so sein wie früher. Und Judys Leben auch nicht.
    Von Milos Leben ganz zu schweigen.
    Und das alles nur, weil Tony sich verwählt hatte.
    Wahrscheinlich war nur eine einzige Ziffer falsch gewesen, ein winzig kleiner Zahlendreher …
    Und WUMM!
    Was so ein kleiner Fehler manchmal ausmacht.
    »Ich rufe dich nie wieder an«, sagte Tonys Stimme.
    Wie recht du hattest, dachte ich.
    Aber ich lachte nicht. Ich legte die Stirn in Falten.
    Und hörte weiter zu.
    Tony klang eigentlich ziemlich nett.
    Während er erzählte, dass er umgezogen war, öffnete ich die Schublade des Telefontischchens und holte einen Stift und einen kleinen Block heraus, die neben ein paar Tonbandkassetten für den Anrufbeantworter lagen. Als Tony seine Telefonnummer durchgab, schrieb ich sie mit.

    Dann war die Aufnahme plötzlich zu Ende.
    An diesem Punkt hatte ich den Hörer abgenommen und »Tony«
    geschrien.
    Meine Stimme hatte der Apparat nicht mitgeschnitten. Das Band stoppte und das Gerät piepste ein paarmal, um mir mitzuteilen, dass er keine weiteren Nachrichten gespeichert hatte.
    Ein paar Sekunden lang blickte ich auf den Zettel mit Tonys Telefonnummer und fragte mich, warum ich sie mir aufgeschrieben hatte.
    Vielleicht würde ich sie für irgendwas gebrauchen können.
    Besonders wahrscheinlich war es nicht.
    Aber es konnte wohl kaum schaden. Es war ja nur ein Stück Papier, das ich hinterher zusammen mit den anderen Sachen verbrennen konnte. Am besten verbrannte ich gleich den ganzen Notizblock für den Fall, dass Tonys Nummer sich auf die nachfolgenden Seiten durchgedrückt hatte.
    Zuvor aber hatte ich noch etwas anderes zu tun.
    Ich klappte den Anrufbeantworter auf und tauschte das Band gegen ein leeres aus.
    Dann starrte ich eine Weile die Maschine an und versuchte mich zu konzentrieren.
    Trag alles zusammen.
    Das schien mir eine gute Idee zu sein. Ich hob den Säbel auf, nahm den Notizblock und die Kassette und ging zurück in die Waschküche. Auf dem Weg dorthin sah ich Charlies blauen Seidenkimono, der im Wohnzimmer auf einem Sessel lag. Es schien mir lange her zu sein, dass ich ihn dort ausgezogen hatte. Ich hätte jetzt dringend ein Kleidungsstück mit Taschen gebrauchen können, zog den Kimono aber nicht an, weil ich dafür viel zu verschwitzt und verdreckt war.
    Die Waschmaschine war natürlich noch nicht durchgelaufen.
    Tonys Gürtel lag davor auf dem Boden zusammen mit zwei Schlüsselbunden.

    Abgesehen von Judys Auto und dem Zeug in der Waschmaschine waren der Gürtel und Judys Schlüsselbund alles, was mich mit den Ereignissen dieser Nacht in Verbindung bringen konnte.
    Ich ging in die Küche und holte mir eine Papiertüte, in die ich die Schlüssel, das Tonband, den Notizblock und den zusammengerollten Gürtel steckte. Im Wohnzimmer holte ich mir Charlies Kimono und ging mit dem Säbel und den anderen Sachen in den Flur, um die Klimaanlage
    auszuschalten.
    Durch
    Serenas
    und
    Charlies
    Schlafzimmer betrat

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