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Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Titel: Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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Ludmilla. Carl ist ein hervorragender Organisator, aber keiner, der gut mit Menschen umgehen kann.«
    Ich wu sste nicht, ob er sich vorstellen konnte, wie Carl diese Nachricht aufnehmen würde. Aber letztendlich war es mir egal.
    Wir saßen noch eine ganze Zeit zusammen und gingen dann runter in den Club. Als ich den neuen Mann an der Bar sah, vermi sste ich Matti mit einer Heftigkeit, die mich erstaunte. Seine Freundschaft, seine ungezwungene Herzlichkeit fehlten mir sehr.
    Ich setzte mich an einen Tisch und starrte Löcher in die Luft. Dann fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich fuhr herum. Es war Pia.
    »Hallo«, sagte sie und setzte sich neben mich. »Hab gehört, was hier passiert ist. Du mochtest den Barmann sehr, stimmt’s?«
    »Ja, sehr«, antwortete ich.
    »Musst du heute die ganze Nacht arbeiten?«
    »Warum fragst du?«
    »Nun, ich bin zu einer Party eingeladen. Ein paar Leute von der Uni. Ich dachte, du willst vielleicht mitkommen.« Sie sah mich erwartungsvoll an.
    Sofort kamen mir Erinnerungen an mein früheres Leben. Partys. Lachen, tanzen, etwas trinken, Sex. Auf einmal verspürte ich wahnsinnige Lust, so etwas wieder zu erleben.
    »Ja«, sagte ich. »Das würde ich tatsächlich gern. Warte.«
    Ich ging zu Grant, um mir für den Abend frei zu nehmen. Er war nicht begeistert, spürte aber offenbar, da ss mir Ablenkung guttun würde, und sagte schließlich zu.
    Eine Stunde später betraten Pia und ich eine große Altbauwohnung. Schon von draußen konnte man laute Musik hören. Drinnen drängten sich ungefähr vierzig junge Leute, die ausgelassen feierten. Pia stellte mich ein paar Leuten vor. Dann verschwand sie in der Menge.
    Jemand drückte mir ein Glas in die Hand. Ein junger Dunkelhaariger stellte sich neben mich, beugte sich dicht an mein Ohr und rief: »Kennst du Pia von der Uni?«
    Ich schüttelte nur benommen den Kopf. Alles um mich herum wirkte so unwirklich. Wie ein ferner Nachhall aus alten, längst vergangenen Zeiten. Der Dunkelhaarige lächelte mich erwartungsvoll an. Aber ich konnte nichts sagen. Mir war klar: hier gehörte ich nicht hin. Ich war keine junge Frau mehr, die einfach so mit anderen Spaß haben konnte. Ich war ein Monster, das tötete, wenn die Zeit gekommen war.
    »Entschuldige«, rief ich, um die laute Musik zu übertönen. »Kannst du mir sagen, wo die Toilette ist?« »Gleich da vorn.«
    Er deutete auf eine Tür.
    Ich drängelte mich an den Umstehenden vorbei, öffnete die Tür des Badezimmers und schloss hinter mir ab.
    Seufzend setzte ich mich auf den Badewannenrand. Was für eine blöde Idee, mit hierher zu kommen. Pia hatte es sicher gut gemeint. Aber nachdem, was ich in den letzten Tagen durchgemacht hatte, gelang es mir erst recht nicht mehr, Normalität vorzutäuschen.
    »Zeit zu verschwinden, Ludmilla«, sagte ich mir, stand auf, öffnete die Tür und drängelte mich geradewegs zum Ausgang durch. Pia stand direkt vor der Tür. Sie wollte etwas sagen, sah meinen Blick, schwieg dann schließlich, nickte mit dem Kopf und trat zur Seite.
    Ich drückte kurz ihren Arm und lief hinaus.
    Draußen in der Kühle der Nacht fühlte ich mich sofort besser. Ich beschloss, mir kein Taxi zu nehmen, sondern ging zu Fuß durch die leeren Straßen der Stadt. Nach ein paar hundert Metern kam ich an einem Spielsalon vorbei. Davor stand eine Gruppe junger Skinheads. Sie blickte gelangweilt in meine Richtung. Natürlich würde ich die Straßenseite wechseln, dachten sie. So waren sie es nachts in ihrem Viertel gewohnt. Ich tat es nicht. Der Gedanke, einer solchen Horde Blödmänner einfach auszuweichen, ärgerte mich. Langsam näherte ich mich der Gruppe. Jetzt hatte ich ihre Aufmerksamkeit erregt.
    »Die Kleine will hier vorbei«, sagte einer. »Mach Platz, Paul.« Er lachte.
    »Ich will aber nicht Platz machen«, sagte der Angesprochene und stellte sich mir direkt in den Weg.
    Ich blieb dicht vor ihm stehen.
    »Lass mich durch«, bat ich.
    »Du mu sst bitte sagen«, antwortete er.
    »Bitte«, sagte ich. Doch ich spürte, wie unbändige Wut in mir hochstieg. Reiß dich zusammen, Ludmilla, dachte ich. Du kannst nicht noch mehr Ärger brauchen.
    Aber das andere war stärker. Meine Hände verkrampften sich.
    »Du mu sst bitte, bitte, bitte sagen«, lachte Paul.
    »Verpi ss dich«, fauchte ich.
    Paul zuckte zusammen.
    »Oho«, tönten die anderen. »Paul, du kriegst Probleme.«
    Sie umringten mich.
    Paul griff nach meinen Haaren.
    Ich drehte meinen Kopf weg und brach ihm mit einer

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