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Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Titel: Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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Klassiker »La maschera del demonio«. Eine Hexe wurde hingerichtet, indem man ihr eine innen mit langen Eisendornen versehene Maske mit einem schweren Holzhammer ins Gesicht trieb. Nach Jahrhunderten wurde die Frau wieder zum Leben erweckt und nahm als Vampir blutige Rache an den Nachkommen ihrer Peiniger.
    Ich saß fasziniert vor dem Fernseher und betrachtete die schöne, schwarzhaarige Frau in dem weißen Gewand, die mit soviel Würde meinesgleichen verkörperte. Das, was die Menschen in diesem Film ängstigen sollte, erfüllte mich lediglich mit Sehnsucht. Wenn ich doch nur eine wie sie treffen würde.
    Bevor die Vampirin schließlich drehbuchgerecht von eifrigen Jägern umgebracht wurde, schaltete ich ab. Ich wu sste, dass mein eigenes Ende ähnlich aussehen würde, wenn man mein Geheimnis eines Tages lüften würde.
    Schließlich war es Zeit, und ich machte mich auf den Weg. Ich trug einen engen schwarzen Pullover, Hosen und einen langen Sommermantel. Wie ich fand, genau die richtige Mischung zwischen aufgedonnert und langweilig.
    Die Nacht war warm und klar. Ich ging zu Fuß. Da ich auf keinen Fall angesprochen werden wollte, erzeugte ich die feindselige Aura. Menschen, die ich traf, machten einen Bogen um mich. So erreichte ich ohne Zwischenfälle das Lokal.
    Schon von draußen konnte ich Goldstein durchs Fenster an einem der Tische sitzen sehen. Er trug einen modischen, enggeschnittenen Anzug, der ihm ziemlich gut stand. Er rauchte.
    »Ich hätte gewettet, dass Sie Nichtraucher sind«, sagte ich, als ich direkt vor seinem Tisch stand.
    Er blickte auf und lächelte mich an. Dann stand er auf und bot mir einen Stuhl an.
    »Guten Abend. Schön, dass Sie da sind. Was wollen Sie trinken?«
    Er winkte dem Kellner.
    »Bloody Mary«, sagte ich und wunderte mich über meinen morbiden Humor.
    »Sind Sie in Ihrem Fall weitergekommen?« fragte ich, als der Kellner wieder gegangen war.
    »Keine Spur«, antwortete Goldstein. »Wir haben diesen Polder noch mal verhört. Er wirkte übrigens ganz anders als kürzlich an seiner Wohnungstür. Irgendwie verängstigt.«
    Ich muss te ein Lächeln unterdrücken.
    Goldstein erzählte, da ss weder das Verhör noch Überprüfungen anderer »Jünger Draculas« bisher vielversprechende Ansätze ergeben hätten. Er wollte die Gruppe aber auf jeden Fall weiter beschatten lassen.
    »Letztendlich handelt es sich wohl doch um so etwas wie durchgeknallte, aber harmlose Sado-Maso-Okkultisten, die auf dem Vampir-Trip sind«, sagte er. »Es gibt keinerlei Hinweise, da ss sie in die Morde verwickelt sind.«
    Während er berichtete, beobachtete ich ihn. Er saß betont lässig in seinem Stuhl: drahtig, kraftvoll und sehr sexy. In regelmäßigen Abständen ließ er seinen Blick kurz durch das Lokal schweifen. Offenbar eine professionelle Geste. Ein Polizist vergewisserte sich anscheinend immer, was um ihn herum passierte.
    Schließlich wechselte er das Thema. »Ihre Augen sind faszinierend. Tragen Sie Kontaktlinsen?«
    »Nein«, antwortete ich spontan. »Sozusagen ein Geburtsfehler.«
    »Aber ein sehr hübscher«, antwortete Goldstein. Dann schüttelte er etwas ärgerlich den Kopf. »Ich glaube, ich wiederhole mich. Aber mir fällt nichts Besseres ein, als Ihnen Komplimente zu machen.« Er hob resigniert die Arme. »Erzählen Sie mir doch mal etwas von sich«, sagte er.
    »Schon wieder ein Verhör?« fragte ich, lächelte aber. »Machen Sie doch mal den Anfang, Herr Kommissar.«
    Er runzelte die Stirn, setzte sich auf und sagte: »Okay, warum nicht? Ich heiße Michael Goldstein, bin neununddreißig Jahre alt. Ich liebe alte Autos, für die ich viel zuviel Geld ausgebe. Ich mag Malerei, vor allem expressionistische, höre gern Rockmusik und lebe allein in einem viel zu teuren Appartement.«
    »Ich denke, Sie sind verheiratet?«
    »Oh, Sie haben also schon gegen mich ermittelt. Wie interessant.«
    Sein Lächeln wirkte etwas dünn.
    »Michael, Ihr Auftritt im Club war, na sagen wir – recht eindrucksvoll. Da redet man hinterher schon mal über den Mann, der unseren Mixer ohrfeigt und sich aufführt wie Clint Eastwood.«
    Goldstein schwieg einen Moment. »Sagen wir, ich bin noch verheiratet«, fuhr er schließlich fort, ohne auf meinen Vorwurf einzugehen. »Meine Frau und ich… wir lassen uns in Kürze scheiden. Ich bin also frei, Ludmilla. Und Sie?«
    Die Direktheit seiner Frage überraschte mich etwas.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich.
    Wir schwiegen beide und sahen uns an.
    »Ich bin nicht

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