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Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Titel: Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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meinen Namen rief, dann aber schwieg.
    Das erste Taxi, das ich sah, hielt ich an und ließ mich nach Hause in meine Wohnung bringen.
    Dort setzte ich mich im fahlen Licht des Mondes auf mein Bett und dachte nach. Wie sollte es jetzt weitergehen mit meinem Polizisten? Wie lange konnte ich ihm etwas vormachen? Wie lange konnte ich schweigen und ihm alle Fragen verbieten?
    Und irgendwann – viele Stunden und Gedanken später – spürte ich dieses Brennen in mir. Die se Leere, die gefüllt werden musste. Der Hunger kam zurück. Und ich hasste mich dafür wie noch nie zuvor in meinem zweiten Leben. Ich wehrte mich, versuchte das Drängen zu ignorieren. Doch schließlich kapitulierte ich. Meine bitteren Erfahrungen mit Patrick hatten mich gelehrt, nicht allzu lange zu warten.
    Als draußen der Morgen graute, schlich ich hinaus in den großen Park am Rande der Stadt und wartete auf einer Bank. Lange Zeit war niemand zu sehen. Dann bog ein Penner um die Ecke. Er starb schnell und ohne Gegenwehr in meinen Armen. Als ich seinen Körper ins Gras legte, fiel mir ein, da ss Michael wahrscheinlich in ein paar Stunden über der Leiche stehen würde, um nach Spuren zu suchen.
    Ich wandte mich schaudernd ab und lief nach Hause.

23 - WILDNIS
    Aus Angst vor den unabsehbaren Konsequenzen unserer Beziehung wollte ich mich nicht mehr mit Michael treffen. Aber schon am nächsten Abend rief er an, und ich brachte es nicht fertig, ihm einen Korb zu geben. Also trafen wir uns in seiner Wohnung, schliefen miteinander und redeten. Sein Appartement war geschmackvoll eingerichtet: Parkettfußboden, Designer-Möbel von Corbusier, expressionistische Kunst an den weißgetünchten Wänden. Michael besaß eine sehr teure Hifi-Anlage und spielte mir den ganzen Abend seine Lieblingsmusik vor, Patti Smith und Lou Reed. Hier war nichts mehr von dem arroganten, brutalen Polizisten zu erkennen, als den ich ihn kennengelernt hatte. Und trotzdem wu sste ich, dass dieser Polizist ein Teil seiner Persönlichkeit war. Ein Teil, der mich seltsamerweise ebenfalls anzog. Ich mochte das Tierische, Unbeherrschte an ihm. Auch im Bett. Er war kein sanfter Liebhaber, und im Gegensatz zu früher gefiel mir das gut.
    Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Ich arbeitete nachts im Club, schlief tagsüber in meiner Wohnung und sah Michael abends, wann immer ich Zeit hatte. Es schien, als ob wir uns schon seit einer Ewigkeit kannten.
    Um so schlimmer war es für mich, ihn ständig zu belügen. Auch wenn es ihm schwerfiel, mich nicht auszufragen, war er sehr geduldig mit mir und akzeptierte meine Ausflüchte und vagen Andeutungen über meine Vergangenheit. Aber ich wusste, dass er es irgendwann nicht mehr hinnehmen konnte, praktisch nichts von mir zu wissen. Natürlich fand er vieles sonderbar. Zum Beispiel, dass ich so selten gemeinsam mit ihm essen wollte. Erst als Vampir wurde mir klar, wie viele Dinge im menschlichen Leben mit der gemeinsamen Nahrungsaufnahme verbunden sind. Freundschaft, Liebe, Leidenschaft, Geborgenheit, all das wurde auch durch das gemeinsame Essen ausgedrückt. Zum Glück gelang es mir, normale Nahrung zu mir zu nehmen. Sie schmeckte mir nicht sonderlich. Am ehesten noch Wein. Aber es ging, und ich simulierte Genuss. Wenn ich dann irgendwann allein war, erbrach ich mich. Verständlich, dass ich nicht allzu oft dieses Vergnügen suchte. Ich tat es vor allem, weil es Michael so wichtig war. Grundsätzlich war er einfach nur glücklich, wenn wir uns sahen, und akzeptierte klaglos, dass ich ihn auch am Wochenende fast nie tagsüber sehen wollte.
    Ich wu sste, dass Michael und ich nur eine begrenzte Zeit miteinander haben würden, und ich wollte diese Zeit einfach nur genießen.
    Aber die Realität holte uns schnell ein. Im Club war nun mal ein Mord geschehen, und Michael leitete die Ermittlungen. Er stellte Fragen, bohrte nach, wollte mehr über den Überfall wissen, bei dem Matti gestorben war, stieß aber auf eine Mauer des Schweigens. Das machte ihn wütend. Mich ließ er bei alldem außen vor. Für ihn war ich eine Studentin, die bei Grant gutes Geld verdiente und ansonsten nichts wu sste. Zumindest versuchte er, sich genau das einzureden. Aber eines Tages siegte seine Neugier, und er wollte Grant über mich ausfragen. Dessen holprige Ausflüchte machten ihn nur noch neugieriger und misstrauischer. Natürlich brachte er mich nicht mit den Morden und den seltsamen, blutleeren Leichen in Verbindung, aber als Polizist spürte er sofort, dass ich

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