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Nachtblauer Tod

Nachtblauer Tod

Titel: Nachtblauer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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gäbe es besseren Limandes als in Bremerhaven, und seiner hier sei ebenso gut wie der auf der Seuten Deern. Natürlich kannte Leon das Schiff, und der Satz von Maik traf ihn schmerzlich und holte ihn in die gruselige Wirklichkeit zurück, denn auf der Seuten Deern hatte seine Mutter oft gegessen. Am liebsten Limandes, allerdings mit Bratkartoffeln.
    Über die Fotos auf dem Laptop wurde kein Wort mehr verloren. Jeder dachte etwas anderes, keiner wollte dem anderen wehtun, und Maik lebte sowieso nach dem Motto, dass jeder Mensch glauben dürfe, was ihm selbst am besten gefalle, schließlich zimmere sich jeder eine eigene Welt im Kopf zurecht, und das sei vielleicht auch gut so.
    Maik war gutgelaunt und steckte Ben damit an. Johanna war muffelig und hatte angeblich keinen Hunger, aß dann aber zwei Portionen Limandes. Sie fischte nur die Muscheln aus den Spaghetti und behauptete, die hätten ein Eiweiß, davon würde man blöd, was man an Ben problemlos feststellen könnte. Ben liebte Muscheln.
    Ulla Fischer kam etwas später und hatte wohl gehofft, das Essen würde für sie verschoben, aber alle waren schon satt, als sie sich an den Tisch setzte. »Ihr hättet ja auch eine Viertelstunde warten können …«, maulte sie, aß dann aber mit Appetit und war danach gleich wieder versöhnlich drauf.
    Eigentlich wollte Leon Johanna jetzt eine versprochene Mathenachhilfestunde geben, aber Johanna hatte »nicht den geringsten Bock darauf, mir von dir etwas erklären zu lassen«.
    Leon war das recht. Er zog sich mit Maik in den Hobbyraum zurück und gemeinsam knackten sie in Jörg Parks Computer jede Datei, wobei das Wort »knacken«, das Maik gern benutzte, eigentlich übertrieben war. Sie öffneten sie einfach. Eine komplette Kopie von Jörg Parks Festplatte war auf Maiks Computer gespeichert.
    Zunächst sahen sie sich die E-Mails an. Jörg Parks unterhielt E-Mail-Kontakt zu mehreren Frauen, die er »Mäuschen«, »Hasi«, »Schnucki«, »Kirschblüte« oder »Engel« nannte. Er trieb sich in mehreren Flirtforen herum.
    »Da fischt er also nach neuen Opfern«, sagte Maik. »Der Herr hat sich auf Damen spezialisiert, die alle zehn, fünfzehn Jahre älter sind als er. Günstigstenfalls. Sie sind alle verheiratet oder leben in Scheidung, besitzen Immobilien, haben gute Berufe und fahren solide Mittelklassewagen. Hier suchst du Hartz-IV-Empfängerinnen vergeblich. Also, eines muss man sagen – ohne ihm etwas unterstellen zu wollen – ganz frei von finanziellen Überlegungen ist seine Frauenauswahl nicht.«
    Leon musste Maik recht geben. »Hier, sieh mal. Angeblich wird er erpresst. Boah, ist das abgezockt!«
    Leon las vor: »Ich habe Mist gebaut, Liebste. Es tut mir unendlich leid. Es war idiotisch von mir. Ich habe vor zwei Jahren eine Frau angefahren. Ich bin panisch geworden, weil ich etwas getrunken hatte. Ich bin abgehauen. Ich weiß, es war verantwortungslos und dumm, aber ich hatte solche Angst. Mit einer Vorstrafe im polizeilichen Führungszeugnis kann man doch nicht Lehrer werden – und Sportlehrer zu sein ist mein absoluter Traumberuf. Ich wollte meinen Traum nicht beerdigen. Und jetzt hat ihr Mann meine Adresse herausbekommen. Er erpresst mich. Wenn ich nicht fünftausend Euro zahle, will seine Frau mich anzeigen. Fahrerflucht, Körperverletzung … Ich bin erledigt. Ja, das ist der eigentliche Grund, warum ich in letzter Zeit so komisch war und so wenig Zeit hatte. Ich habe versucht, das Geld zu beschaffen, habe Nachhilfestunden gegeben, Freunde angepumpt, und jetzt bleibt mir nur noch eines: der demütigende Gang zu meinem Vater. Dabei hatte ich alles getan, um von dem Schwein nichts mehr nehmen zu müssen. Ich habe mir mein Studium selbst verdient. Bafög habe ich nie bekommen, dafür verdiente mein Vater zu viel, aber von ihm wollte ich nichts. Bei der Studienberatung haben sie mir gesagt, ich könnte ihn sogar verklagen, aber …«
    »Cleveres Kerlchen«, sagte Maik. »Was hat sie geantwortet? Ich wette, sie drängt ihm das Geld regelrecht auf.«
    Leon ging mit dem Cursor auf die Antwort. »Du könntest Hellseher werden, Maik!«
    Die Antwort von Kirschblüte war eindeutig. Sie bettelte geradezu darum, Parks die fünftausend Euro geben zu dürfen. Er sollte auf keinen Fall seinen Vater um Geld bitten, das würde ihm nicht guttun.
    »Das ist also seine Masche«, grinste Maik. »Und deine Mutter war ein großes Geschäft für ihn. Als er wusste, dass er mit fünfzigtausend bei ihrer Lebensversicherung dabei

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