Nachtblind
feststellen, dass sie den Kredit-Vorschriften entsprechen?«
»Ja, absolut. Schon allein die hier praktizierte sinnvolle Anwendung des Minoritäten-Status würde die volle Zustimmung der Bankaufsicht finden.« Spooner lehnte sich zurück, wirkte ein wenig entspannter, wie ein Hehler, der merkt, dass der Cop nichts Reales gegen ihn in der Hand hat.
Lucas sah Long an und hob die Schultern. Long griff in seine Aktentasche, holte ein Papier heraus und reichte es Reed. »Das ist eine Beschlagnahmegenehmigung für Ihre Kreditakten.«
Reeds Gesicht lief leicht rot an. »Ich dachte, wir wollten das auf freundschaftlicher Basis abhandeln …«
»Das wollten wir ja auch«, sagte Lucas. »Aber Bill hier verarscht uns, und so müssen wir Einblick in die Akten nehmen.«
»Ich verarsche Sie nicht «, sagte Spooner.
»O doch, Sie verarschen uns, Billy, und wie«, sagte Lucas. »Und ich will Ihnen noch etwas Wichtiges sagen: Diese Sache ist Teil der Ermittlungen im Mordfall Alie’e Maison. Wenn es sich herausstellt, dass Rodriguez im Zusammenhang mit seinen Dealergeschäften in diesen Mord verstrickt ist und Sie ihm helfen, das zu vertuschen … Nun, dann sind Sie selbst darin verwickelt. Beihilfe zum Mord. In Minnesota steht darauf ein Minimum von dreißig Jahren in einer Zelle von der Größe Ihres Schreibtischs. Und Sie sehen jung genug aus, um die ganzen dreißig Jahre absitzen zu müssen.«
»Einen Moment mal«, fauchte Spooner. »Ich habe absolut nichts mit dieser ganzen Sache zu tun. Ich will einen Anwalt dabeihaben. Und zwar sofort.«
»Das sind die magischen Worte«, sagte Long zu Lucas. »Keine Fragen mehr, und lesen Sie ihm seine Rechte vor.«
Lucas las Spooner also seine Rechte vor, und Reed sagte zu, die Akten zusammenstellen zu lassen. Als sie über den Parkplatz gingen, sagte Long zu Lucas: »Das Vorlesen der Rechte jagt den Leuten immer solche Angst ein, dass sie sich in die Hose scheißen.«
Lucas nickte. »Die Frage ist jetzt nur, ob Spooner den Anruf macht.«
Spooner tat es.
Long ging zurück in die Bank, und Lucas setzte sich zu Del in den Wagen. »Er fährt den Lexus da drüben«, sagte Del.
Lucas sah zu dem silberfarbenen Wagen vor einem Transformatorenhaus hinüber. »Er leistet sich also einigen Luxus.«
»Er ist Banker«, sagte Del. »Er muss so eine Luxuskarre fahren, um seinen Nachbarn zu imponieren.«
Del fuhr den Wagen zum Ende des Blocks und fand eine Parklücke am Straßenrand, von der aus sie Spooners Wagen im Auge behalten konnten. Zwanzig Minuten später piepste Dels Handy, und Long meldete sich. »Ich werde nicht zum Mittagessen kommen. Da passiert was, was mit der Beschlagnahme gewisser Akten zu tun hat …«
»Er setzt sich in Bewegung?«
»Ja, Schätzchen«, säuselte Long.
Del sagte zu Lucas: »Er kommt«, und eine Minute später sahen sie Spooner aus der Eingangstür treten; er hatte eine Aktentasche in der Hand und streifte hastig einen kurzen schwarzen Trenchcoat über. Er ging zum Lexus, warf die Aktentasche auf den Beifahrersitz und fuhr vom Parkplatz. Sie ließen ein halbes Dutzend Wagen hinter ihm aufschließen, folgten ihm dann in großem Abstand, am Kapitol vorbei, den Hügel hinunter in Richtung Stadtzentrum St. Paul, wo Del dann dichter zu ihm aufschloss und Lucas sich auf seinem Sitz klein machte.
Im Stadtzentrum steuerte Spooner den Lexus in die Einfahrt eines Parkhauses. Del fuhr in eine Parklücke am Straßenrand, stellte den Motor ab, sagte: »Ich fange ihn am Ausgang des Parkhauses ab. Schalt dein Handy ein!« Dann sprang er aus dem Wagen. Lucas wartete, bis Spooners Wagen im Parkhaus verschwunden war, löste dann einen Parkschein.
Zehn Minuten später rief Del an. »Ich habe ihn eingeholt. Er ist in eine Anwaltskanzlei gegangen.«
»Verdammt!«
»Was machen wir jetzt?«
»Ich rufe dich in zwei Minuten zurück«, sagte Lucas. Er drückte auf die Off-Taste, wählte dann Lanes Handynummer. Lane meldete sich sofort, und Lucas fragte: »Wo ist Rodriguez?«
»In seinem Büro. Ich sehe seine Hemdmanschette auf dem Schreibtisch.«
»Hat sich irgendwas ereignet?«
»Nur ein paar Kleinigkeiten. Meine Füße brennen wie die Hölle; ich habe eine Kopie der Vernehmungen durch das Mord dezernat dabei und lese alle noch mal durch; ein neunjähriger Junge hat versucht, mir offensichtlich gefälschte Bildkarten von Baseballspielern zu verkaufen; eine Streife der Kollegen von St. Paul hat mich beinahe verhaftet. Das war’s.«
»Hat die Streife dir
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