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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Plastikadler in Gold am Ende der Fahnenstange.
    Als Lucas die Grundsätze ihres Anliegens dargelegt hatte, lehnte Reed sich in seinem Chef-Ledersessel zurück und sagte: »Ich kenne Bill seit der Kindheit. Er war sechs Jahre nach mir in Cretin. Seine Eltern – Gott hab sie selig, sie sind beide tot – pflegten mit meinen Eltern Canasta zu spielen. Es hat nie irgendwelche Beanstandungen bei den Geschäften, die er für die Bank tätigt, gegeben; er gehört zu den besten Leuten in unserer Kreditabteilung. Ich bin Pate seines ältesten Sohnes.«
    »Ich glaube ja auch nicht, dass da irgendwas nicht in Ordnung ist«, sagte Lucas. »Wir wollen nur mal mit ihm über Mr. Rodriguez sprechen. Über ihre persönlichen Beziehungen. Alle Dinge, die uns bei unseren Ermittlungen hilfreich sein könnten.«
    »Ich glaube nicht, dass wir Ihnen da viel helfen können. Unsere Kreditakten unterliegen dem Bankgeheimnis, und …«
    Lucas fiel ihm ins Wort: »Mr. Reed, wir wissen um Ihr Bedürfnis nach Geheimhaltung, und wir wollen diese Angelegenheit ja auch so diskret wie möglich behandeln. Wenn Sie jedoch wollen, können wir eine Beschlagnahmegenehmigung für Ihre Kreditakten erwirken, und wir können außerdem gleich einen Streifenwagen herbeirufen und Mr. Spooner zum Verhör nach Minneapolis bringen lassen. Wir meinten jedoch, es sei besser, diskret vorzugehen. Chief Roux jedenfalls meinte, das sei besser.«
    »Ich begrüße das. Senator Roux war ein guter Freund von mir.« Er sah Lucas einige Sekunden gedankenvoll an. »Na schön, dann wollen wir mal zu Billy gehen und uns anhören, was er zu sagen hat.«
     
     
    Billy war ein Minnesota- WASP – die allgemein verbreitete Abkürzung für weißer angel-sächsischer Protestant. Er hatte helles Haar, war wohl einstmals schlank gewesen, hatte jetzt aber einige Pfunde zu viel auf der Hüfte. Er trug einen grauen Anzug von der Stange und schwarze Schnürschuhe. Und er hat kein sauberes Gewissen, dachte Lucas: Bei der Vorstellung der Besucher durch Reed wurden seine Augen unstet, und als man Platz genommen und Lucas erklärt hatte, was der Zweck des Besuches war, sagte er steif: »Soweit ich weiß, ist Richard Rodriguez’ Geschäftsgebaren absolut untadelig.«
    »Das ist ja gerade das Problem«, sagte Lucas. »Es ist für unseren Geschmack ein wenig zu untadelig. Wir haben ermittelt, dass er zur Deckung seiner Zahlungsverpflichtungen eine hundertprozentige Auslastung seiner Appartements benötigt. Wir fragen uns nun, wie Sie unter diesen Voraussetzungen einem Mann Hypothekendarlehen gewähren können.«
    »Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, und der wichtigste ist der, dass er die uns gesetzlich auferlegte Quote der Kreditgewährung an Angehörige rassischer Minderheiten zu erfüllen half. Bei unseren Kunden hier aus der Gegend müssen wir sehr vorsichtig sein, wenn sich dabei rote Zahlen ergeben, aber bei Mr. Rodriguez, dem verantwortungsbewussten, hart arbeitenden Angehörigen einer Minderheit, kamen wir zu dem Schluss, dass wir ihn unterstützen sollten, solange das Risiko nicht zu groß wurde. Das erste Appartementgebäude, für das er sich interessierte, stand zu einem so günstigen Preis zum Verkauf, dass wir ihm fast die ganze Kaufsumme, selbst ohne Eigenkapital, hätten leihen können. Aber er hatte Eigenkapital. Nicht viel, aber es reichte als Garantie dafür, dass er nicht in Zahlungsschwierigkeiten geraten konnte. Und er hatte ja zu allem anderen auch noch diesen Minoritäten-Status. Das war für uns ausschlaggebend. Danach hat er es mit sehr viel harter Arbeit geschafft, seine Verpflichtungen uns gegenüber stets zu erfüllen, und wir waren daraufhin bereit, ihm bei der Expansion seiner Geschäfte zu helfen.«
    »Er hat also das erste Mietshaus zu einem sehr günstigen Preis angeboten bekommen«, rekapitulierte Long. »Wie sieht es mit der Möglichkeit aus, dass er dem Verkäufer einen Teil des ursprünglichen Preises in Cash unter dem Tisch zugeschoben hat, um den offiziellen Preis zu drücken?«
    »Das würde natürlich nicht zu meiner Kenntnis gelangt sein«, sagte Spooner steif.
    »Wie sieht es mit der Möglichkeit aus, dass er Drogengeld dazu verwendet hat, Ausfälle bei den Mieteinnahmen auszugleichen?«, fragte Lucas.
    »Drogen? Richard Rodriguez? Das glaube ich nicht.«
    Lucas lehnte sich über Spooners Schreibtisch. »Wenn wir eine Beschlagnahmegenehmigung für Ihre Kreditakten erwirken und diese einem staatlichen Prüfer übergeben – meinen Sie, er würde

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