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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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der zweite Mörder losgehen könnte, als Köder eingesetzt.«
    »Du meinst also, es gebe einen zweiten Mörder?«
    »Ja. Und dieser Mann macht mir Kopfschmerzen. Die Jungs vom Morddezernat haben einen Kandidaten: Tom Olson.«
    »Ohhh … Nein!«
    »O doch. Sie haben eine Theorie entwickelt«, sagte Lucas. »Diese Theorie besagt, dass der mentale Druck, der Tom Olson zum Ekstatiker gemacht hat, zugleich auch zu einer Persönlichkeitsspaltung bei ihm geführt hat, und dass eine der Persönlichkeiten ein Psychopath ist, der bei Jael Corbeau einbrechen und sie anscheinend umbringen wollte, von ihr aber verjagt wurde, dann Plain ermordete, einen Anschlag auf Corbeau durchführte, dabei aber Marcy niederschoss und dann schließlich seine Eltern ermordete.«
    »Du sagst, es ist eine Theorie …«
    Die Malzmilch wurde gebracht, und er zog die Hülse vom Strohhalm, erzählte ihr die Hintergründe: die Polizei-Psychiaterin, ihre richtige Einschätzung, dass es sich bei dem scheinbaren Mord mit anschließendem Selbstmord um einen Mord an beiden Olson handelte und so weiter. Zum Schluss schüttelte Elle den Kopf. »Ich würde sehr gerne einmal mit diesem Mann sprechen. Wenn ihr ihn überführen solltet und er in eine geschlossene Anstalt kommt, werde ich zu ihm gehen. Multiple Persönlichkeiten sind sehr selten. Sie sind seltener als … als Supernova.«
    Er lächelte über ihren Vergleich. »Wenn ich wüsste, wie selten Supernova sind …«
    »Auf der Grundlage der statistischen Wahrscheinlichkeit dürfte die Chance, dass Tom Olson eine multiple Persönlichkeit ist, praktisch gleich null sein«, erklärte Elle. »So wie deine Chance, den Hauptgewinn in der Lotterie zu erzielen. Aber irgendjemand wird das große Los gewinnen.«
    »Es könnte letztlich aber doch so sein …«
    »Ich würde wirklich gerne mit diesem Mann reden«, wiederholte Elle.
    »Was passiert, wenn er … dissoziiert, wie sie das ausgedrückt haben?«
    »Er bricht zusammen. Eventuell so total, dass er zum lebenden Leichnam wird … Und sich im schlechtesten Fall nie wieder erholt. Er würde in seinem Krankenbett sterben.«
    »So schlimm also …«
    »Ja, so schlimm.«
    Sie gerieten für einige Minuten auf Nebengeleise: über Elles Vorlesungen im Herbstsemester am College, über das neu erwachte Interesse der Studenten am Alten Testament. »Amnon und Jael – schon diese Namen …«
    »Ja, schrecklich«, sagte Lucas. Dann: »Ich habe im Krankenhaus mehrmals mit Weather gesprochen.«
    Sie schlug die Augen nieder, schnell, verstohlen, sah ihn dann wieder an. Sie wusste, was Heimlichtuerei ist, praktizierte so etwas jedoch nur unvollkommen. Sie zog Offenheit stets vor. »Was ist los?«, fragte er.
    »Nichts.«
    »Elle, Gott sei mir gnädig … Was ist los?«
    »Gott sei mir gnädig.«
    »Was ist los?«
    »Ich … ich möchte nicht mit dir über Weather sprechen.«
    »Sie hat dich angerufen und Fragen über mich gestellt.«
    Elle wich wieder seinem Blick aus. »Ich kann nicht mit dir darüber reden. Alles, was da von … von ihr und von mir … gesagt wurde, muss vertraulich behandelt werden.«
    »Oh, Mann, es könnte Probleme geben …«
    Sie richtete sich auf. »Wieso? Du hast derzeit keine andere Beziehung, oder etwa doch?«
    »Na ja, vor kurzem haben sich da einige Aspekte ergeben.«
    »Lucas … Wenn sich für dich die Chance ergibt, wieder mit Weather zusammenzukommen, und du sie nicht wahrnimmst, wärst du ein kompletter Idiot.«
    »Oh … Mann«, murmelte er. »Mmmann-o-Mann.«
     
     
    Er ging, fuhr nach Hause, schaltete das Licht aus, setzte sich im Dunkeln ins Wohnzimmer. Versuchte gedanklich, Ordnung in den Alie’e-Fall zu bringen. Und in seine Beziehung zu Weather …
    Weather war in einen Mordfall hineingezogen worden, bei dem Lucas die Ermittlungen geleitet hatte. Ein irrer Killer hatte sie im Krankenhaus als Geisel genommen. Weather hatte ihn, ohne dass Lucas das wusste, bereits zur Aufgabe überredet. Lucas stellte dem Killer im Flur des Krankenhauses eine Falle, bei der ein Scharfschütze auf seine Chance lauerte. Er hatte sie bekommen und ein Hochgeschwindigkeitsgeschoss in den Kopf des Killers gejagt; der Schädel war daraufhin wie ein Kürbis zerplatzt. Lucas’ Plan hatte gelautet, den Killer aus dem Zimmer zu locken, ihn abzulenken, damit er seine Waffe für einen Augenblick auf ein anderes Ziel als Weathers Kopf richtete, und ihn dann zu erledigen. Der Plan hatte nur zu perfekt funktioniert …
    Bis auf eine Kleinigkeit: Weather hatte Lucas

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