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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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jetzt noch an, wenn ich daran denke.« Sie richtete den Blick auf die Speisekarte.
     
     
    Das war das Ende des Sexgeredes. Nachdem sie bestellt hatten, unterhielten sie sich über ihr heutiges Leben.
    »Du hast gesagt, dein Mann hätte dich damals noch vor seinem Studienabschluss zu Eishockeyspielen mitgenommen … Wann hat er den Abschluss gemacht?«
    »Im Jahr darauf. Wir haben im Juni meines zweiten College-Jahres geheiratet, und er leistete seine Assistenzzeit im Rang eines Hauptmanns an einem Militärkrankenhaus in Korea ab. Ich begleitete ihn. Als wir zurückkamen, trat er in die Praxis seines Vaters in Lake City ein … Und dort sind wir dann geblieben.«
    »Was war mit dir? Hast du das College nicht abgeschlossen?«
    »Nein … Während der Zeit in der Army wurde ich schwanger. Ich habe im Lauf der Jahre dann nebenher das eine oder andere Seminar belegt, kam aber nie dazu, ins Hauptstudium einzusteigen. Ich hatte es für vergangenen Herbst vor, in Macalester, aber … na ja, ich weiß nicht, ich hab’s nicht gemacht. Jetzt plane ich es für den Winter, weiß aber wieder nicht … Ich fühle mich irgendwie … verstehst du, ins Knie gefickt.« Sie brach ab, als sie sich das sagen hörte. »Als ich das letzte Mal das Wort ficken benutzt habe, war ich Studentin und traf mich mit Jungs.«
    »Na siehst du, gute Dinge tauchen stets wieder auf«, sagte Lucas sarkastisch.
    Während des Essens sagte Catrin: »Verstehst du, ich hatte bisher wirklich ein gutes Leben. Ich habe Jack von Anfang an geliebt, und ich würde nichts von diesem Leben aufgeben wollen, für nichts in der Welt. Aber manchmal gerate ich in die feministische Hölle – immer wieder stellt sich mir die Frage: Und was ist mit mir? Wann drehen sie endlich meinen Film? Ich dachte immer, ich würde eines Tages der Star in diesem Film sein und alle anderen die Statisten. Stattdessen finde ich mich im Hintergrund wieder, als diejenige, die Windeln wechselt und Papierkram erledigt und ohne Bezahlung für die Wohltätigkeitsorganisation United Way arbeitet.
    Ich dachte damals, wir beide seien uns ähnlich, denn du hast immer getan, was du dir vorgenommen hattest; du warst immer der Star in dem Film. Ich dachte, ich wäre auch so – dachte, ich würde tun, was ich tun wollte, aber dann kamen die Kinder, und ich musste mich um sie kümmern. Ich hatte gar keine andere Wahl, es waren ja meine Kinder, und niemand anders würde mir die Fürsorge für sie abnehmen, und es gab meinem Leben ja auch einen Sinn.«
    »Sie sind jetzt erwachsen und aus dem Haus«, sagte Lucas. »Also mach doch jetzt, was du tun willst.«
    »Was soll ich denn aber tun? Eines habe ich inzwischen erkannt – wenn man der Star im Film sein will, egal in welchem, muss man in der Jugend anfangen und hart arbeiten, und der beste Antrieb dazu ist permanenter finanzieller Hunger. Aber Jack hat schon während der Zeit in der Army erfolgreich Investitionen verschiedener Art gemacht, er hat immer gut verdient, und nun rate mal, wie groß unser Vermögen ist … So um die zehn Millionen Dollar. Ein irgendwie lächerlicher Betrag. Jack will ein Haus in Florida kaufen, und er spricht auch von einem Appartement in London – wir beide lieben diese Stadt, und man ist mit Northwest in sieben Stunden dort … Aus welchem Grund sollte ich also jetzt noch versuchen, der Star im Film zu werden? Um was zu erreichen?«
    »Nun, du brauchst die Starrolle sicher nicht mehr, um Geld zu verdienen. Aber du hast doch gemalt, und du hast dich aufs Fotografieren gestürzt. Also fotografiere. Oder male.«
    »Pfff …«, zischte sie. »Das kommt mir inzwischen alles so steril vor. So … simpel.«
    »Dann geh zurück ans College und mach den Abschluss in Strafrecht«, schlug Lucas vor und grinste. »Dann kannst du ein Cop werden. Ich kriege es hin, dass die Stadt Minneapolis dich einstellt, und dann kannst du auf Mördersuche gehen.«
    »Tatsächlich?«
    »Was möchtest du tun, Catrin?«, fragte Lucas jetzt mit ernster Stimme.
    »Ich weiß, was ich nicht will. Cop werden.«
    »Okay. Aber was sonst?«
    »Ich weiß es nicht. Mein Leben ist so einfach, so perfekt, dass ich schreien möchte.«
     
     
    Er brachte sie zu ihrem Wagen. Sie stellte sich auf die Zehen spitzen und küsste ihn auf die Wange, schob sich dann hinters Lenkrad ihres Lincoln. »Noch was … Die Chancen, dass wir Uns in diesem Restaurant über den Weg laufen, sind gleich null, aber Jack und ich kommen etwa alle zwei Wochen einmal her, und wenn es dann

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