Nachtblind
würd’st du doch nicht machen …«
Knox hob die Schultern. »Weißt du, du bist keiner meiner großen Geschäftspartner.«
»Verdammt, Carl …«
»Bring den Traktor zurück«, sagte Knox. »Wann fährt der Besitzer wieder mal nach Vegas?«
»Er fährt alle paar Monate hin.«
»Klau ihn dann noch mal. Ich gebe dir dreitausend.«
»Drei?«
»Nimm’s oder lass es.«
Roy der Dieb schaute auf den großen orangefarbenen Traktor, sagte: »Und wer zahlt mir die fünfzig Bucks für den Sprit?«
»Hör zu, Roy …«
»Ja?«
»Frag das jemand, der sich dafür interessiert.«
Lucas machte einen Zwischenstopp im Präsidium und hinterließ beim Diebstahldezernat eine Nachricht, man möge nachprüfen, ob Meldungen über gestohlene Kubotatraktoren 2900 vorlägen. Er sah alle paar Sekunden auf die Uhr, fuhr schließlich los zu einem Restaurant mit dem Namen The Bell Jar. Nichts von Catrin zu sehen. Er war recht früh dran, machte sich aber doch Sorgen – vielleicht hatte sie kalte Füße gekriegt …
Der Oberkellner setzte ihn in eine Ecke mit Blick zum Eingang. Eine Kellnerin brachte ihm die Getränkekarte; einige Minuten danach kam sie zurück, und er bestellte einen Martini. »Werden Sie heute allein essen?«, fragte sie.
»Nein, ich …« Da kam Catrin durch die Tür. »Ich bin mit der Lady, die da gerade hereinkommt, verabredet.«
Catrin hatte sich, wie er sah, ebenso sorgfältig gekleidet wie er – in einen hellgrauen Rock, einen schwarzen Kaschmirpullover und Schuhe mit flachen Absätzen. Außerdem trug sie kleine Brillantohrringe. Sie sieht, dachte er, wirklich großartig aus. Als er zur Begrüßung aufstand, bemerkte sie seinen bewundernden Blick, und eine leichte Röte schien über ihre Wangen zu huschen.
»Hallo Lucas.«
»Wie geht’s dir?« Unsicheres, gehemmtes Gestammel. »Ich meine, der Tod deiner Freundin …«
»Die Beerdigung ist am Dienstag«, sagte sie. »Es ist vorbei … Nach allem, was sie durchmachen musste, war ihr Tod eine Erlösung. Diese Erkenntnis überwiegt jede Trauer.«
»Okay …«
Sie lächelte, fragte: »Hast du schon was bestellt?«
»Einen Martini.«
»Einen Martini? Keinen Bourbon? Du solltest besser was für unsere Farmer unten im Maisgürtel tun.«
»Das mache ich nur bei ganz besonderen Gelegenheiten«, sagte er. Er sah sich im Restaurant um. »Wenn du hier eine Bratwurst bestellst, fällt der Oberkellner wahrscheinlich in Ohnmacht.«
»Ich bestelle erst einmal ebenfalls einen Martini«, sagte sie. »Ein altbekannter Drink mit einem altbekannten Freund.«
Sie ist auch irgendwie gehemmt, dachte er.
»Als ich dich das letzte Mal gesehen habe – damals in der guten alten Zeit –, warst du ganz schön auf der Palme.«
»Ich erinnere mich«, sagte sie. »Du warst so ein arroganter Blödmann damals … Unglaublich. Du warst der festen Überzeugung, du wärst ein Gottesgeschenk für alle Frauen.«
»Na komm, ich habe mich niemals als Gottesgabe für irgendjemanden betrachtet.«
»Heute leicht zu sagen …«
»Du warst ja auch nicht gerade eine züchtige Jungfrau.«
»Fangen wir jetzt einen Streit an?« Sie fragte es lächelnd, fast erfreut – als ob etwas wieder so wäre wie früher.
»Als ich dich zum letzten Mal gesehen habe«, sagte er und senkte die Stimme, »warst du splitternackt. Du hast dagestanden, die Fäuste in die Hüften gestemmt, und hast nach deinem Schlüpfer gesucht.«
»Das ist etwas, was du besser nicht aufs Tapet gebracht hättest«, sagte sie, und jetzt waren ihre Wangen mehr als nur einen Hauch gerötet. »Ich erinnere mich allerdings daran, dass wir oft nackt rumgelaufen sind.«
»Ja. Jesus … Sind wir inzwischen alte Leute?«
»Nein, aber damals waren wir definitiv jung.« Ein Ober kam an den Tisch, brachte ihnen Wasser und die Speisekarte, versprach, bald zurückzukommen. Catrin schlug die Karte auf, sah Lucas darüber hinweg an. »Du hast mich damals echt in Wut versetzt. Ich konnte es kaum ertragen. Ich habe Jack nie von dir erzählt; er war ein Eishockeyfan, hat mich im Jahr darauf, noch vor seinem Studienabschluss, oft mit zu Eishockeyspielen genommen. Er war auch ein Fan von dir . Ich erinnere mich noch gut, wie es mich angekotzt hat, wenn ich dir beim Warmlaufen auf dem Eis zugeschaut habe. Wie du rumgekurvt bist, vorwärts, rückwärts, seitwärts – ganz arrogantes Macho-Arschloch, huldvoll die Mädchen anlächelnd …«
»Jesus …« Er war von ihrer kraftvollen Ausdrucksweise beeindruckt.
»Es kotzt mich auch
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