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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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umgebracht. Sie war überzeugt, sie hätte Alzheimer, und sah in einer Überdosis Schlaftabletten einen Ausweg aus dieser düsteren Perspektive.«
    »Sie hatte diese Krankheit gar nicht?«, fragte Lucas.
    »Nein. Sie hatte eine Fernsehsendung darüber gesehen, und ihre Selbstdiagnose ergab den positiven Befund. Als sie mehreren Leuten sagte, was sie vorhatte, glaubte ihr niemand. Aber sie tat es. Alle waren zutiefst erstaunt.«
    »O Gott«, murmelte Lucas.
    Kurze Zeit später: »Wie kann sich ein Cop einen Wagen wie diesen leisten? Lassen Sie sich bestechen?«
    »O nein. Ich bin ganz einfach ein reicher Mann.«
    »Tatsächlich? Ich bin auch reich, nehme ich an. Man sagt es mir jedenfalls. Auf meiner Bank. Ich werde sogar noch reicher sein, wenn ich Amnys Vermögen erbe.«
    »Sie erben sein ganzes Vermögen?«
    »Ja. Es sei denn, er hat sein Testament geändert, als er so sauer auf mich war. Wegen Alie’e. Aber ich glaube nicht, dass er es getan hat.«
    »Viel Geld?«
    »Ein paar Millionen.«
    »Oh … Darf ich mir die Frage erlauben, woher das Geld stammt?«
    »Von meinen Eltern. Als mein Dad noch am College war, vor langer Zeit, hat er eine neue Rollkugel für Deodorantfläschchen erfunden.« Lucas dachte, sie mache Spaß, aber sie war ernst wie immer. Sie sah seinen zweifelnden Blick. »Das stimmt wirklich. Die Kugel muss eine besonders gestaltete Oberfläche haben – Einzelheiten darüber weiß ich nicht –, damit eine gleichmäßige Verteilung der Deodorantschicht gewährleistet ist. Man hatte damals natürlich schon solche Rollkugeln, aber sie waren nicht gut. Alle Welt suchte nach einer besseren. Eine ganze Generation verschwendete ihr Gehirnschmalz auf die Lösung dieses Problems, bis Dad daherkam und sie fand. Meine Eltern wurden reich, richteten für Amny und mich Treuhandfonds ein und ergaben sich dem Drogenkonsum. Als Mom starb, bekamen Amny und ich ihren Anteil des Vermögens, zusätzlich zu den Treuhandfonds.«
     
     
    Und kurz darauf: »Wie sind Sie reich geworden?«
    »Computer«, antwortete Lucas.
    »Aha«, sagte sie. »Wie so viele andere.«
    Ihr Zustand ließ es nicht zu, Fragen zu ihrem Bruder zu stellen. Sie senkte plötzlich den Kopf, legte die Handballen auf die Augen und begann zu schluchzen. Lucas ließ sie in Ruhe, konzentrierte sich ganz aufs Fahren; nach einigen Minuten fasste sie sich wieder, wischte sich die Augen. »O Gott, ich kann es nicht glauben …«
    Lucas hielt vor ihrem Haus an. Ein Mann saß auf der Treppe, fingerte an den Speichen eines Fahrrades herum. »Das ist Don«, sagte Jael. »Ein Freund. Er lässt die Hoffnung nicht fahren, dass ich eines Tages mit ihm schlafe, aber ich werde es nicht tun.«
    »Das klingt wie der Text eines Countrysongs«, sagte Lucas.
    Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, lächelte fast. »Sie rufen mich an, wenn sich irgendwas ergibt, nicht wahr? Wenn Sie dem Mörder auf der Spur sind?«
    »Ja.«
    »Glauben Sie, der Mörder … Ich meine, wenn es einen Zusammenhang mit dem Mord an Alie’e gibt …« Ihre Stimme verebbte, dann hob sie die Hand zum Mund und sagte: »Oh.« Sie sah nach links und rechts die Straße hinunter.
    »Was ist?«
    »Das hier war mal eine schlimme Crackgegend«, sagte sie. »Deshalb sind die Fenster aller Häuser vergittert, und die Türen sind sehr stabil.«
    »Das nimmt gottlob ja inzwischen stark ab«, sagte Lucas. »Hat sich überlebt.«
    »Ja, das stimmt. Aber als Crack hier noch in war, haben die Crack-Kids dauernd Einbrüche verübt. Ich habe das auch an meinem Haus öfter erlebt, aber wenn ich nachts was hörte, brauchte ich die Typen nur vom Schlafzimmerfenster aus anzuschreien, und sie rannten weg. Aber vorgestern Nacht hat wieder mal jemand versucht, bei mir einzubrechen. Ich dachte zuerst, es wäre so ein Crack-Typ, aber dann wurde mir das unheimlich. Der Mann sah nicht aus wie ein Crack-Kid. Er war zu groß, zu …« Sie machte eine ausholende Geste.
    »Kräftig gebaut?«, fragte Lucas.
    »Na ja, ich weiß nicht genau, ob er kräftig gebaut war. Ich würde sagen, er sah jedenfalls wie ein Hinterwäldler aus … irgendwie.«
    »Ein Weißer?«
    »Ich glaube, ja, aber das konnte ich nicht genau erkennen. Mein Eindruck, auch von der Kleidung her, war jedenfalls … ein Weißer.«
    Lucas deutete durch die Windschutzscheibe auf Don, Jaels Freund, der jetzt aufstand und unruhig zu ihnen herüberschaute, als Jael nicht ausstieg. »Können Sie diesem Mann vertrauen?«
    »Don? Natürlich. Er kann keiner Fliege etwas zuleide

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