Nachtblind
lebenslänglich verhängt werden kann.«
»Du bist ein verdammt cleverer Scheißkerl.«
»Vielen Dank. Aber nicht nur das – als ich mir im Computer Outers Akte aus dem Nationalen Strafregister ranholte, stieß ich darauf, dass nach ihm gefahndet wird – er hat einer Frau in Cleveland ein Kind angedreht und sich dann aus dem Staub gemacht, um der Alimentezahlung zu entgehen.«
»Ein verwerfliches Verbrechen. Dreckskerl …«
»Ohne Zweifel. Wir können uns auf dieser Basis jedenfalls Outer greifen, ohne irgendwelche nicht ganz astreinen Tricks anwenden zu müssen. Und wenn wir ihn in den Fingern haben, können wir ihn mit der Drohung unter Druck setzen, wir würden sein Appartement in Illinois durchsuchen lassen, wenn er nicht spurt. Er wird uns also Bee ans Messer liefern, und aufgrund von Outers Aussage kriegen wir einen Durchsuchungsbefehl für Bees Appartement und sein Finanzberaterbüro, und so Gott will, stoßen wir auf eine Liste seiner Kokskunden. Und vielleicht ist Alie’e ja darin aufgeführt. Höllisch kompliziert, aber wir haben nun mal nichts anderes in der Hand.«
»Und was diesen Logan angeht, müssen wir warten, bis er aus Vegas zurück ist, oder?«
»Ja, es sei denn, Outer würde ihn uns zusammen mit Bee ans Messer liefern.«
»Es konzentriert sich also alles auf Outer«, sagte Lucas.
»Ja«, bestätigte Del.
»Weißt du, wo er sich gerade aufhält?«
»In einem Motel in Plymouth. Ich stehe dort vor einem McDonald’s, behalte seinen Wagen im Auge und friere mir den Arsch ab.«
»Bist du schon den ganzen Abend dort?«
»Ich bin ihm den ganzen Abend durch die Stadt gefolgt – hier sind wir vor rund zehn Minuten angekommen. Was mich auf die Frage bringt, wieso du zu dieser Tageszeit noch Dienst machst.«
»Amnon Plain«, sagte Lucas.
»Aha. Was hat der angestellt?«
»Hast du’s nicht im Radio gehört? Er ist vergangene Nacht erschossen worden.«
»Red kein’ Scheiß …«
»Mach ich nicht. In St. Paul. Er ist mausetot.«
Del sagte zunächst nichts, dann: »Verdammte Scheiße.«
»Ja.«
»Das gibt dem Fall eine gewisse Delikatesse.«
»Eine gewisse was?«
»Delikatesse. Ein französisches Wort, du Banause. Also, schick mir ein paar Kumpel her …«
»Da gibt’s niemanden zum Schicken«, sagte Lucas. »Alle unsere Leute hier arbeiten sich bereits den Arsch wund.«
»Und was machst du? «, fragte Del.
Del saß im McDonald’s an der großen Frontscheibe, aß einen Big Mac aus einer Tüte und beobachtete das Motel auf der anderen Straßenseite. »Der blaue Oldsmobile ist sein Wagen«, sagte Del, als Lucas sich auf die Bank in der Nische ihm gegenüber schob. »Hast du dich noch mal vergewissert, dass Outer zur Fahndung ausgeschrieben ist?«
Lucas nickte. »Alles klar. Der Haftbefehl ist schon ein bisschen alt – die Cops in Cleveland konnten zuerst mit meiner Frage nicht viel anfangen, und es dauerte fünfzehn Minuten, bis sie ihn fanden.«
»Hauptsache, er ist noch in Kraft«, sagte Del. Er hatte rote, müde Augen.
»Du siehst ein wenig angeknackst aus«, sagte Lucas.
»Mein Koffeinspiegel ist absolut überhöht. Ich bin so aufgedreht, dass ich auf das arme Mädchen da drüben am Tresen zehn Minuten lang mit einer Geschwindigkeit von hundert Stundenmeilen eingeredet habe. Sie hat sichtbar Angst vor mir bekommen.«
»Hmmm.« Das Mädchen hinter dem Schalter behielt die beiden argwöhnisch im Auge. Lucas sah hinüber zu dem Olds, der mit der Nase voraus vor einer Moteltür abgestellt war. Alles sah so ruhig und friedlich aus, und doch geschah es rund fünfzigmal im Jahr irgendwo im Land, dass ein Cop die Zimmertür in einem netten ruhigen Motel eintrat und der Mann oder die Frau im Zimmer ihn erschoss. »Du willst es also gleich machen?«
»Ja.« Del knüllte die Tüte, in der noch die Hälfte des Burgers steckte, zusammen. »Auf geht’s.«
Sie gingen getrennt voneinander nach draußen, dann ein gutes Stück nach links die Straße hinunter und überquerten sie erst dort, damit Outer, wenn er zufällig aus dem Fenster schaute, sie nicht sehen konnte. Im Büro des Motels zeigten sie dem Manager ihre Dienstmarken und den Haftbefehl. Er wollte die Zentrale der Motelkette in Rococco, Florida, anrufen und um Instruktionen bitten, aber er gab ihnen den Zweitschlüssel zu Outers Zimmer, und Lucas sagte ihm, er solle sich nicht aus dem Büro bewegen, egal, was man ihm aus dem fernen Rococco sagen würde.
»Du schließt die Tür auf, ich trete sie ein«, sagte Del
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