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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Capitano?«
    Der Capitano stand reglos, ernst und stumm und hob nur einen Finger, um mit dieser kaum wahrnehmbaren Geste anzudeuten, daß dies nicht der Fall sei.
    Rinaldi atmete auf.
    »Und Sie, Maresciallo? Noch Fragen an Signor Rinaldi?«
    Sichtlich verblüfft stotterte Guarnaccia: »Nein, nein… ich bin nicht…«
    »Doch, doch, Sie sind befugt. Schließlich ist das Ihr Fall, also bitte…«
    Der Maresciallo räusperte sich und wagte den entscheidenden Schritt: »Eine Frage hätte ich in der Tat an den Signore.« Er konnte sie nicht diplomatisch verbrämen, so wie der Staatsanwalt. Außerdem lag ihm gar nicht daran, Rinaldi mit Glacéhandschuhen anzufassen, er wollte den Kerl festnageln.
    »Wer hat es Ihnen gesagt?«
    »Mir was gesagt?«
    »Daß Roth tot war. Und das mit der Stiftung?«
    »Sein Anwalt natürlich.«
    »Und wie heißt dieser Anwalt?«
    Jetzt war Rinaldi ernstlich erschrocken – und unschlüssig. Der Maresciallo ließ ihm keine Zeit, einen Namen zu erfinden. »Ich frage nur, weil Sara Hirsch mir einen Namen hinterlassen hat, als sie bei mir auf der Wache war, und nun überlege ich natürlich, ob da vielleicht eine Verbindung besteht, ob es womöglich gar derselbe Anwalt ist. Jetzt, da wir über Jacob Roth Bescheid wissen, könnten wir das freilich auch selber überprüfen, aber Sie würden uns Zeit sparen helfen… ah, ich sehe, es fällt Ihnen wieder ein.«
    »Ja«, blaffte Rinaldi, »ich kann Ihnen die Zeit sparen. Der Name ist D’Ancona, Umberto D’Ancona. Und ich kann Ihnen noch mehr Zeit ersparen. Er ist nämlich tot. Er und Jacob waren praktisch gleichaltrig.«
    Sie mußten ihn laufenlassen. Der Maresciallo wäre am liebsten mit ihm gegangen, hätte sich an seine Fersen geheftet, bis der Mann es nicht länger aushalten und ihm alles sagen würde. Ihm was sagen? Gleichviel, er war fort. Sie hatten alle soviel geredet, so viele Worte gemacht… »Maresciallo?«
    »Entschuldigung. Ich habe nicht ganz zugehört.«
    »Sie sagten, mit einem Durchsuchungsbeschluß für Rinaldis Laden und seine Wohnung sei Ihnen nicht gedient, weil Sie nicht glauben, daß seine beiden Helfershelfer gefunden haben, was sie suchten. Was macht Sie da so sicher?«
    »Etwas, das Rinaldi gesagt hat. Sie lassen ihn doch beschatten, Capitano?«
    »Von dem Moment an, wo er das Präsidium verläßt, und bis er nach Hause kommt, haben wir sein Telefon angezapft.«
    »Gut, gut… Wortwörtlich kann ich nicht wiedergeben, was er gesagt hat, tut mir leid. Aber ich stand draußen vor seiner Wohnung und habe mit angehört, wie er die beiden Träger entlohnt hat. Und da sagte er so was wie, er würde sie umsonst bezahlen. Aus einem der beiden Jungs könnte ich bestimmt rauskriegen, was damit gemeint war…«
    All dieses Gerede. Der Maresciallo saß auf der äußersten Stuhlkante, hatte die Füße schon sprungbereit auf den Boden gepflanzt und sah hoffnungsvoll seinen Capitano an, der ihn gut genug kannte, um zu wissen, daß er mit Worten nicht geübt war. Der Staatsanwalt, der Guarnaccia noch nicht lange kannte, versuchte trotzdem, seine Andeutungen zu verstehen. Man sah es ihm an. Und auch, daß er für sein Leben gern geraucht hätte.
    »Wir haben einen ausgedrückten Zigarrenstummel in Sara Hirschs Wohnung gefunden. Alles, was sie mir gesagt hat, entsprach der Wahrheit, und ich habe zu lange gezögert…«
    Der Capitano sagte: »Hören Sie, Guarnaccia, erinnern Sie sich noch, daß Sie anfangs meinten, es handle sich um so was wie eine versuchte Zwangsräumung?«
    »Tut es auch. Genau darum ist keine Zeit zu verlieren.«
    »Was denn, jetzt, wo die Frau tot ist?«
    »Genau. Sie hatten vielleicht nicht vor, sie umzubringen, aber als sie den Trumpf ausspielte, den sie in petto hatte, da haben sie zugeschlagen. Es muß einen Grund dafür geben, daß sie sie unbedingt aus der Wohnung raushaben wollten, und dieser Grund ist vielleicht… Umgebracht haben sie sie aus Versehen. Sie war im Weg, und das, wobei sie im Weg war, ist auch… Vielleicht ist das Verbrechen, das wir aufzuklären haben, noch gar nicht begangen worden.« Er erhob sich. Er mußte endlich los.
    »Ich komme mit Ihnen hinunter«, sagte der Staatsanwalt. Er warf sich eine zerknitterte Leinenjacke um die Schultern, gab Maestrangelo die Hand und griff nach seiner abgewetzten Aktenmappe. Sobald sie im Treppenhaus waren, zündete er sich ein Zigarillo an. Als sie unten im Kreuzgang vor ihren Autos standen, hielt er Guarnaccia noch einmal zurück. »Ich bin Ihrer Theorie

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