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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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war und nichts zu tun hatte mit… mit dem, was passiert ist. Das stimmt doch, Maresciallo, oder?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Sie möchte sich dafür entschuldigen, daß sie sich so aufgeführt hat. Sie ist ganz unglücklich darüber, weil sie Sie doch so gern hat. Würde es Ihnen etwas ausmachen? Vor uns würde sie sich genieren.«
    Lisa saß auf ihrem Bett. Ihr Gesicht war gerötet und selbst jetzt noch ein bißchen verweint.
    »Außer Ihnen muß doch niemand erfahren, was ich getan habe, oder?«
    »Keine Seele. Du hast schließlich unser Geheimnis bewahrt, nicht wahr? Also werden wir dieses auch für uns behalten. Und nun denk nicht mehr daran. Es ist nicht so wichtig. Aber deine Pasta wird kalt. Also komm.« Als sie in die Küche zurückgingen, hatte er ihr freundlich übers Haar gestrichen.
    »Papa? Papa! Ich rede mit dir. Nie hört er zu, Mama.«
    »Er hört dir zu.«
    »Ich höre.«
    »Also, wenn wir zu den Mahlzeiten den Computer nicht anhaben dürfen, wieso kannst du dann beim Essen fernsehen?«
    »Weil…«
    »Weil was?«
    »Weil du tust, was man dir sagt, bis du erwachsen bist.«
    »Ach, Papa!«
    »Toto, benimm dich«, mischte sich Teresa ein, aber ihrem Mann warf sie einen Blick zu, der ihn zur Besinnung brachte.
    »Eßt jetzt auf, und dann machen wir ein Spiel zusammen, bevor ich wieder zur Arbeit muß.«
    »Gut«, sagte Toto, zappelte mit seinem drahtigen kleinen Körper auf dem Stuhl hin und her und holzte mit seiner Gabel auf einer imaginären Tastatur herum. »Ich gewinne.«
    »Sitz still«, befahl seine Mutter scharf.
    Als sie nach dem Essen ins Kinderzimmer gingen, sagte Giovanni leise: »Papa?«
    »Was denn, mein Junge?«
    »Können wir irgendwann ein Spiel zu zweit machen, damit ich auch mal gewinne?«
    »Freilich können wir, und zwar gleich jetzt. Die erste Runde machen wir beide, und der Gewinner spielt dann gegen Toto.«
    Nach fünf Minuten, von denen vier mit nutzlosen Erklärungen verstrichen, konnte er sich freimachen und mit Teresa Kaffee trinken.
    8
    D as ›informelle Gespräch‹ zu dem Rinaldi sich am Nachmittag zurückzukehren bereit fand – wir wollen ihm nicht das Mittagessen verderben, wie der Staatsanwalt in Anspielung auf die angeblich gemeinsam besuchte Abendgesellschaft sagte –, war fast so kurz wie das Computerspiel. Für Rinaldi konnte es augenscheinlich nicht kurz genug sein, und der Grund dafür war der Maresciallo. Der hatte bei solchen Anlässen die Angewohnheit, sich irgendwo im Hintergrund zu postieren und das Reden denen zu überlassen, die darin geübter waren als er. Normalerweise hatte das den Vorteil, daß der Verdächtige oder Zeuge seine Anwesenheit alsbald vergaß und er um so besser beobachten und die Zeichen deuten konnte. Nicht so diesmal. Allein mit dem Capitano und dem Staatsanwalt hätte Rinaldi sich wacker geschlagen. Hätte seine ›WirMänner-von-Welt‹und ›Wir-als-gebildete-und-kultivierte-Menschen‹-Nummer abgezogen. Er wußte nicht, was sie auf der Müllkippe gefunden hatten und war immer noch zuversichtlich, seinen Kopf aus der Schlinge ziehen zu können. Aber während er jetzt sprach, zu viel und eine Spur zu schnell, irrte sein Blick beständig zu dem Maresciallo hin, der sich heute ungefähr so unauffällig fühlte wie eine mächtige schwarze tickende Zeitbombe.
    Rinaldi sagte das, was sie erwartet hatten, daß die Träger stark und kräftig seien und zuverlässig im Umgang mit wertvollen Statuen und anderen Antiquitäten, daß er ansonsten nichts über sie wisse und weiter auch keine Geschäfte mit ihnen mache. Übertrieben emphatisch gab er zu, daß er die beiden schwarz beschäftige, und lehnte sich dann mit noch übertriebenerem Lachen und Seufzern der Erleichterung zurück, scheinbar froh, das einzige, was sein Gewissen belastete, ›gestanden‹ zu haben.
    Dann erhob sich der Staatsanwalt und bat um Entschuldigung für diese Unterbrechung seiner kostbaren Arbeitszeit, und der Capitano erhob sich ebenfalls und dankte ihm fürs Kommen. Der Maresciallo auf seinem Platz bei der Tür blieb stumm. Rinaldi mußte auf dem Weg nach draußen an ihm vorbei, und er hatte Angst vor diesem Gang. Der Maresciallo spürte mehr als daß er sah, wie die beiden anderen über seinen Kopf hinweg fast unisono die Brauen hoben und sich zulächelten. Benahm er sich etwa irgendwie töricht? Ja, in der Tat, er musterte Rinaldis unehrliches Gesicht so konzentriert, daß er gar nicht merkte, wie er dem Menschen den Weg versperrte. Und das kurze Gespräch mußte

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