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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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schätzen.“ Der Gute.
    „ Dafür bin ich Ihnen überaus dankbar.“
    Er strahlt mich an und wird dann ernst.
    „ Der Kapitän hat gesagt, ich soll Sie als Erstes zu ihm bringen.“
    Hatte ich so etwas vermutet? Ja, wahrscheinlich schon. Dennoch trifft es mich irgendwie unvorbereitet. Ein Gefühl stellt sich ein, ganz so, als müsste ich zum Direktor der Schule; oder zu Pater Lawrence ins „Audienzzimmer“. Aber es lässt sich einfach nicht ändern, und so ergebe ich mich meinem Schicksal.
    „ Na dann los, Sully. Bringen Sie mich hin.“
    Er verbeugt sich leicht und gemeinsam schreiten wir den Gang entlang zu den Aufzügen. Davor bleibt er stehen, mustert die Anzeige kurz und steckt einen Schlüssel in ein bisher von mir unentdecktes Schloss. Auf dem Display, das sonst nur das Deck anzeigt, prangt nun in leuchtendem Rot das Wort „Express“. Einer der beiden Fahrstühle hält nur wenige Momente später vor uns und Sully bittet die Fahrgäste höflich, aber bestimmt, einen anderen zu nehmen. Sie murren ein wenig, sind dann aber dazu bereit.
    Wir steigen ein und Sully steckt den Schlüssel nun in ein dafür vorgesehenes zweites Schloss am Display des Fahrstuhls. Er dreht ihn um und der Schriftzug „Vorzugsfahrt“ erscheint. Der Fahrstuhl schließt die Türen und setzt sich sofort in Bewegung. Er scheint schneller als gewohnt und binnen weniger Augenblicke sind wir auf Deck 12.
    Der Weg zur Brücke führt kurz über das Außendeck, das dank der schneidenden Kälte menschenleer daliegt. Auf unserem Weg öffnet Sully diverse Türen, auf denen eindeutig zu erkennen ist, dass sie nur von autorisierten Personen geöffnet werden dürfen. Aber was soll’s. Anscheinend ist Sully autorisiert und ich folge ihm auf Einladung des Kapitäns.
     
    Die Brücke erinnert ein bisschen an die Einrichtung der frühen Folgen des Raumschiffs Enterprise. Auch hat man von hier aus eine wahnsinnige Aussicht.
    „ Miss Ashton?“ Ein Offizier kommt auf mich zu und ich nicke zustimmend. „Einen Augenblick noch, bitte. Der Kapitän ist gleich für Sie da.“
    „ Kein Problem. Ich habe Zeit“, ist meine knappe Antwort. Boahr, was bin ich doch großzügig heute. Während wir warten und den Steuerleuten bei ihrer Arbeit zusehen, raunt Sully mir verschiedene Informationen zu. Er ist erstaunlich gut informiert für einen Butler. Aber vielleicht gehört das ja mit zu seiner Ausbildung.
    Die Brücke hat eine Breite von circa 45 Metern und liegt circa 41 Meter über dem Wasserspiegel. Bei gutem Wetter kann man von hier aus etwa 25 Kilometer weit sehen, soweit die Angaben im Reiseführer. Ich bin einfach zu faul sie jetzt umzurechnen und vertraue darauf, dass die Erbauer wussten, was sie da vermessen haben. Jetzt, bei nächtlicher Dämmerung, sieht man ganz einfach nur völlig unspektakuläre Dunkelheit, abgesehen von den Positionsleuchten des Schiffes. Hier drinnen herrscht so viel Licht, dass die Dunkelheit jenseits der Positionsleuchten noch undurchdringlicher wird und man sich wie auf einem Präsentierteller fühlt.
    Einfach alles gibt Licht ab. Die Kabinen, die Restaurants, die Poolbeleuchtung auf den unter uns liegenden Decks und natürlich die schwachen Lichter der Reflexionen auf den Schaumkronen der Wellenkämme. Kein Wunder, dass die Titanic den Eisberg gerammt hat! Ganz ehrlich, ich wäre sicher auch blind gewesen.
    Sully unterbricht meinen Gedankenfluss, indem er zu berichten fortfährt, dass die Firma Kelvin Hughes die Brücke mit modernster Leit- und Navigationstechnik ausgestattet hat. Diese verarbeitet Daten von Radar, Navigation, Sicherheitssystemen, Schiffstechnik und Wetter, welche auf einem Flachbildschirm dargestellt werden und so eine genaue Bestimmung zur Lage des Schiffes darstellen. Er lenkt meinen Blick unauffällig dorthin und ich erkenne ausschließlich ein buntes Gemisch aus Zahlen und Diagrammen. Wer auch immer etwas damit anfangen kann, ich kann es nicht.
    Ich muss grinsen, denn beinahe sieht es aus wie die Oberfläche eines modernen Computerspiels. Ob ich vielleicht mal auf einen Knopf drücke? Vielleicht auf den großen Roten? Aber nein. Ich verschränke meine Finger hinter dem Rücken und sehe mich ein wenig um. Bisher bin ich mäßig erstaunt, doch als Sully mir erklärt, dass das Schiff mit einem einzelnen Joystick gesteuert werden kann, bin ich doch beeindruckt.
    Wo ist das gute alte Schiffsrad geblieben? Vermutlich hat sich meine Frage auf meinem Gesicht widergespiegelt, denn Sully bemüht sich zu

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