Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
hat“, ergänzt Cindy strahlend und deutet auf den Skizzenblock.
Mr. Morgan blättert kurz darin, während ich mir meine Handschuhe überziehe und mich zu meiner Kundin setze.
„ Das sind sehr gute Zeichnungen, Cindy.“ Sein Lob treibt ihr ebenfalls die Röte ins Gesicht. „Ich werde dies in einem passenden Moment erwähnen.“
Nun strahlt sie. „Vielen Dank, Sir.“
Er verabschiedet sich und wendet sich im Gehen noch an mich. „Es ist immer wieder erstaunlich, in welch merkwürdigen Situationen man Sie antrifft Miss Ashton.“
Ich zwinkere ihm zu. „Ich fürchte, ich bin ein Naturtalent, Sir.“
„ Das scheint mir auch so.“
Mit diesen Worten ist er gegangen und Alex sieht mich an. „Darf ich dir dabei zusehen?“
Ich zucke mit den Schultern. „Das stört mich nicht. Dich, Cindy?“
Sie schüttelt den Kopf und ich mache die Maschine an.
Alles, was man für eine Weile hört, ist das melodische Summen der Nadel, die unaufhörlich Bilder in nackte Haut sticht.
44. Musicalgala
„ Das war eine interessante Erfahrung, dir bei der Arbeit zuzusehen“, erklärt mir Alex, nachdem das zweite Bild ebenfalls fertig und das Tattoo damit komplett ist. Er war ein ebenso angenehmer Zuschauer wie Cindy eine Kundin. Anstelle von Amanda hat er sich nun mit ihr unterhalten, um sie abzulenken. Anfangs dachte ich noch, dass mich seine Anwesenheit ablenken würde, doch genau das Gegenteil war der Fall. Sie hat mich nicht nur beruhigt, sondern war eine angenehme Rückendeckung. Seine Ausstrahlung, gemischt mit dem Geruch von Cindys Blut, hat mich zu Höchstleistungen angetrieben. Vielleicht sollte ich ihn öfter mitnehmen.
„ Es ist übrigens fantastisch geworden.“
Ich winke ab. „Ach, das ist nur meine Arbeit.“
Lächelnd hänge ich an seinem Arm, nachdem wir mein Werkzeug in die Kabine gebracht haben. Zum Glück ist die Suite aufgeräumt. Auf Sully ist eben doch Verlass.
Alex sieht mich halb tadelnd, halb schmunzelnd an. „Du kannst ruhig mal ein Lob annehmen“, neckt er mich. „Wofür hast du eigentlich das Foto gemacht?“
„ Für meine Mappe.“
„ Deine Mappe?“
Ich nicke. „Meine Mappe ist mein Aushängeschild. Ich kann ja nicht ohne Referenzen in ein Studio gehen und mich da einfach anstellen lassen. Man erwartet dann schon von mir, dass ich etwas parat habe, das mich qualifiziert. Sonst könnte da ja jeder kommen.“
Er nickt. „Hast du nicht einen Namen in der Szene mit einem dazugehörigen Ruf?“
Ich grinse. „Doch, den habe ich, aber man kann sich immer für jemand anderen ausgeben, wenn man sich nicht kennt.“
Er zieht seine geliebte Augenbraue hoch. „Wäre das nicht töricht?“
Ich grinse. „Ja, das wäre es, aber da ich auf dem alten Kontinent noch nicht gearbeitet habe, ist es besser so.“
Er nickt. „Ich habe mich schon immer gefragt, wie so etwas vonstattengeht.“
„ Jetzt weißt du es.“ Ich grinse und er schweigt. „Außerdem steckt hinter jedem meiner Bilder eine ganz persönliche Geschichte. Ich erinnere mich gerne dran.“
Alex legt seinen Arm um meine Taille und zieht mich an sich. „Das sind die Momente, die ich an dir sehr gerne habe.“
Verwirrt betrachte ich ihn. „Wie meinst du das?“
Er streift mir eine verirrte Strähne meines Haares aus dem Gesicht. „Die Momente, in denen du von dir selbst sprichst und es ernst meinst.“ Wie ist das denn jetzt gemeint?
Er lacht. „Jetzt sieh mich nicht so an.“
„ Ich weiß nicht genau, was ich dazu sagen soll.“
Er zieht mich noch ein Stück näher an sich heran und ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Nähe gerade möchte. „Sag doch einfach gar nichts und nimm es so an.“ Auch gut.
Er lässt mich los, nicht ohne einen kleinen Kuss auf meine Hände zu setzen. „Ich habe übrigens festgestellt, dass du selber keine Tattoos trägst.“ Gut beobachtet.
„ Du hast ja noch nicht meinen ganzen Körper gesehen“, witzele ich und er wirft mir einen Seitenblick zu. „Das stimmt wohl.“
Plötzlich wird mir irgendwie ganz wohlig bei dem Gedanken.
„ Hast du eins?“ In seiner Stimme schwingt eine Mischung aus Faszination und Interesse.
Ich lache. „Du kannst es ja herausfinden.“
Er sieht mich schmunzelnd an. „Ich belasse es momentan bei der Überlegung, wenn du nichts dagegen hast.“
Ach wie schade. Oder? Im Grunde gestehe ich mir gerade ein, dass es genau diese Form der Zurückhaltung ist, die mir angenehm ist.
„ Ben hätte mich jetzt wohl anzüglich
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