Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
ein und wieder aus.
„ Ich will, dass du gehst!“, wiederholt Cindy nun deutlicher.
„ Aber das ist mein Zimmer“, gibt Amanda ungerührt zurück, „und in dem gelten meine Regeln.“ Sie blickt von Cindy zu mir und wieder zurück. Ich erhebe mich und bewege mich katzenhaft auf Amanda zu.
„ Momentan ist dies hier mein Arbeitsplatz und an diesem gelten meine Regeln.“ Ich fange einen willkürlichen Gedanken Amandas auf und reagiere blitzschnell darauf. „Außerdem gebe ich meinen Namen nicht her für fünftklassige Stümper.“
Amanda schnappt nach Luft. „Fünftklassige Stümper?!“
„ Allerdings“, gebe ich zurück, packe sie dann blitzschnell am rechten Arm, so dass sie ein Stück in meine Richtung gezogen wird und schiebe ihr Oberteil hinauf. Auf ihrem Rücken prangt das, was man ein wirklich verunstaltetes Tattoo nennt. Die Linien sind verwischt und es gibt keine Konturen. „Oder nennen Sie das etwa eine saubere Arbeit?“ Meine Stimme ist wie Säure, die in ihr Bewusstsein sickert.
Verschämt versucht sie sich zu befreien, ich lasse sie aber noch nicht los und ergänze stattdessen: „Wenn das alles ist, was Horus kann, dann ist er nicht nur ein Stümper, sondern eine Schande für meine Zunft.“
Amanda zappelt nun heftiger in dem Versuch sich loszureißen. Cindy versucht neben mich zu treten und ebenfalls einen Blick auf den Rücken zu erhaschen. Wir vollziehen einen seltsam bizarren Tanz in der Kabine, bis ich gewillt bin Amanda gehen zu lassen.
Mit einem schluchzenden Seufzer und einem Kopf so rot, dass er als Alarmknopf dienen könnte, lässt sie sich auf einen Stuhl fallen. Ihre Scham ist gespielt, die Entrüstung dahinter jedoch nicht.
Plötzlich klingelt der Laptop hinter meinem Rücken und Amanda springt auf. „Das ist er.“
„ Wer?“
Hektische Flecken bilden sich auf ihren Wangen. „Horus.“ Ah ja.
„ Und was will er?“
Amanda winkt ab und drängelt sich an mir vorbei. Sie bedient ein paar Tasten auf dem Laptop und plötzlich erscheint ein kleines Fenster darauf, das einen Mann mittleren Alters zeigt. Er ist der typische Tätowierer, den man so vor Augen hat. Momentan sieht er genervt aus.
„ Was ist passiert, Amanda? Ich bekomme keine Bilder mehr.“ Na, das ist ja mal eine Begrüßung.
Nervös blickt sie zu mir und dann zur Webcam. „Die Kamera ist wohl kaputt. Aber wir haben hier ein ganz anderes Problem, Horus.“
„ Ach ja? Welches denn? Hast du dich nicht an unseren Plan gehalten?“
Amanda tritt von einem Fuß auf den anderen. „Doch, das habe ich …“ Ich löse mich von meinem Punkt und trete auf den Tisch zu.
„ Und was ist dann passiert?“
Dong – mein Stichwort. Mit wenigen Griffen fasse ich nach dem Laptop und drehe ihn in meine Richtung.
„ Ich bin passiert“, erkläre ich liebenswürdig und das Gesicht auf der anderen Seite verfinstert sich.
„ Wer bitte sind Sie?“
Amanda tanzt hinter mir herum, so gut es geht, und macht hektische Bewegungen.
„ Sie kennen mich nicht?“ Ich kann so schön lächeln.
„ Nie gesehen.“ Ach wie schade.
„ Gut, Sir, dann kläre ich Sie mal auf. Ich bin diejenige, die Sie ohne Erlaubnis filmen wollten.“
Ihm fällt alles aus dem Gesicht. „Sie sind …?“
Ich nicke nur bestätigend.
„ Ich habe Sie mir ganz anders vorgestellt …“, murmelt er und ich kann in meiner liebenswürdigen Art daraufhin nur eins erwidern:
„ Keine Sorge, das beruht auf Gegenseitigkeit.“
Er weiß anscheinend nicht genau, was er dazu sagen soll und versucht sich mit einer Verlegenheitsgeste zu retten. „Hat Amanda Ihnen nicht erzählt, dass wir Sie ganz groß rausbringen wollen?“
Ich verschränke die Arme vor der Brust. „Nein, erst nachdem ich klargestellt habe, dass ich das nicht möchte.“
Er verzieht das Gesicht. „Sie hätte es Ihnen vorher sagen sollen.“
Leider funktioniert mein Radar nicht über den Bildschirm, also muss ich das erstmal so glauben. Amandas Gesicht hingegen kann ich überprüfen, also drehe ich mich zu ihr um.
Amanda steht das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben. Zeit, sie gegeneinander auszuspielen.
„ Oh, ich denke, sie hat Sie hintergangen.“ Mein Tonfall ist so klebrig wie frischer Honig.
Horus stutzt und sieht mich dann an. „Was hat sie Ihnen gesagt?“
Ich schmunzele. „70 zu 30.“ Amanda will protestieren, ich lasse es aber nicht dazu kommen. „Angefangen hat sie allerdings mit 40 zu 60.“ Amanda will mich vom Bildschirm wegzerren, was Horus nicht
Weitere Kostenlose Bücher