Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
davon abhält, böse dreinzuschauen.
„ Sie sagen also, Amanda hat Sie nicht informiert und Sie haben nicht zugestimmt?“
Ich nicke.
„ Das ist eine merkwürdige Sache. Mir hat sie nämlich gesagt, sie hätte da etwas Schriftliches.“ Der Mann klingt erstaunlich vernünftig.
„ Glauben Sie mir, das hat sie nicht.“
Er seufzt. „Würden Sie denn mit uns zusammenarbeiten?“
Ich tue kurz so, als würde ich überlegen. „Nicht, bevor ich nicht mit meinem Anwalt darüber gesprochen habe.“
Horus nickt. „Das kann ich gut verstehen.“ Er setzt kurz zurück und beginnt etwas zu suchen. Im Hintergrund erkenne ich einen dunklen Raum, der mit einigen Bildern geschmückt ist. Sind das seine Tattoos? Ach herrje, der Mann muss dringend nochmal nachbessern. Vielleicht sollte ich ihm Nachhilfe geben? Bevor ich mich jedoch zu einer Entscheidung durchringen kann, kommt Horus zurück.
Er hält einen Stapel Papier in die Kamera. „Das hier habe ich Amanda gefaxt. Sie müsste es Ihnen vorgelegt haben. Es ist eine Einverständniserklärung.“
Ich drehe mich zu ihr um. Sie ist knallrot geworden und nestelt an einer Schreibtischschublade herum.
„ Ups, da sind die Unterlagen ja. Ich weiß gar nicht, wie sie darin verschwinden konnten.“ Sie ist eine schlechte Lügnerin.
„ Natürlich nicht.“
Ich nehme sie ihr ab und halte sie vor den Laptop. Mein Gegenüber nickt.
„ Sehr schön. Ich werde meinen Anwalt dazu befragen.“ Amanda beginnt zu strahlen.
„ Aber sicher, rufen Sie ihn an. Wir übernehmen die Kosten des Gespräches.“
Mit einem bösen Lächeln wende ich mich ab, ziehe die Handschuhe aus und benutze das Telefon.
„ Sagen Sie ihm, dass wir eine Kopie des Materials sowie die unterschriebenen Verträge aus England senden werden, auch die Konditionen kann ich nur jetzt so großzügig halten.“
Ja, genau. Ich brumme etwas Unverständliches und melde mich bei der Rezeption. Dort nenne ich meinen Namen und verlange die Suite von Fay und Alex, denn er sagte mir gestern, dass er aus Bens ausgezogen sei. Während ich auf das Freizeichen höre, streiten Amanda und Cindy lautstark im Hintergrund. Ein Blick auf den Bildschirm zeigt mir, dass Horus wohl die Gelegenheit genutzt hat, sich aus der Videokonferenz zu verabschieden.
Es dauert eine ganze Weile, bis sich jemand am anderen Ende meldet, aber ich gebe nicht auf.
„ Windsdon Suite, von Hohenau“, klingt es doch noch aus dem Hörer, kurz bevor ich auflegen will.
„ Alex? Ich bin’s.“
Seine Stimme erwärmt sich. „Christa, wie schön. Ich habe schon gehört, dass wir uns früher treffen können. Was gibt es denn?“
„ Ich brauche dich als meinen Anwalt“, erkläre ich kurz.
„ Wo bist du?“ Nun ist er wieder ganz der Anwalt mit kühler Professionalität in seiner Stimme. Ich nenne ihm die Zimmernummer und er verspricht sich schnell auf den Weg zu mir zu machen.
Cindy sieht mich an. „Ich habe sie dazu gebracht, die Kamera auszumachen, bis Sie sich geeinigt haben.“
„ Das wird sicher schnell gehen, denn so ein gutes Angebot kann man gar nicht ablehnen.“
Amanda strahlt mich an. „Was sagt er? Sind Sie einig geworden?“
„ Nein, leider noch nicht, aber Sie können es ihm gerne persönlich erklären. Er kommt nämlich her.“
Sie wird ganz blass. „Wie, er kommt her?“ Nun sieht sie leicht panisch aus.
„ Ich reise nur mit meinem Anwalt. Sie nicht?“ Okay, das ist jetzt etwas großkotzig, aber sie hat’s einfach verdient.
„ Aber ich dachte …“, stottert sie und wendet sich abrupt zu einem Bildschirm um, den ich bis eben ignoriert habe. Die kleine Webcam sieht unscheinbar aus, das kleine rote Lämpchen ist jedoch ein zwingender Beweis dafür, dass sie überträgt. Der Bildschirm ist zwar dunkel, was aber nicht heißt, dass der PC aus ist.
„ Filmt das Ding?“, kreischt Cindy auf und Amanda wechselt spontan die Farbe. „Spinnst du jetzt?“ Cindy springt auf und schlüpft in ihre weite Bluse.
Bevor Amanda reagieren kann, klopft es an der Tür. Das ging aber schnell.
Alex und Mr. Morgan stehen davor.
„ Guten Abend, Ladies“, grüßt Letzterer freundlich und wirft einen Blick in die Runde. „Was genau tun Sie hier?“ Er mustert interessiert meine Arbeitsgegenstände, die Liege und dann uns alle. Auch Alex hat einen interessierten Blick auf meine Werkzeuge geworfen. Cindy wird rot, während Amandas Gesichtsfarbe eher eine fahle Färbung annimmt.
„ Mr. Morgan, Sir. Das … ähm, ist privat“,
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