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Nachtengel

Titel: Nachtengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danuta Reah
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immer es war, weggejagt.«
    Aber er hatte nicht die Polizei angerufen. »Anna Krleza hat einen Pass?«
    »Ausgestellt auf den Namen Sheila Lovell. Die Fälschung wäre sofort beim ersten Vorzeigen aufgefallen; wer immer ihn gefälscht hat, hatte einen gestohlenen Pass benutzt.« Farnham zuckte die Schultern. Jemand half also den Menschen, sich falsche Pässe zu verschaffen, jemand half ihnen, Arbeit zu finden. »Okay« – er warf ihr ein kurzes Lächeln zu – »bis später.«
    Sheffield, Freitagvormittag
    Als Roz zur Arbeit fuhr, regnete es. Dichter, anhaltender Regen fiel von einem gleichmäßig grauen Himmel. Die Luft war kalt, und der Wind, der um das Arts-Tower-Gebäude wehte, drehte die Schirme nach oben und peitschte ihr den Regen ins Gesicht und auf den Kopf. Als sie im Schutz des Eingangs stand, schüttelte sie sich. Dave, der Portier, grüßte sie mit einem Grinsen. »Schöner Tag heute, was?«
    Der Paternoster war voller Studenten, die sich angestellt hatten, um in ihre Tutorenkurse und Seminare zu gelangen. Roz schob sich durch die Menge zum Treppenhaus, und sobald die Tür zugefallen war, wurde ihr die Stille ringsum bewusst. Sie ging langsam die Treppe hinauf, aber ihre Beine wollten nicht so recht. Ihr gewohnter Schwung und die erwartungsvolle Spannung waren weg, und während sie hinaufstieg, versuchte sie herauszufinden, warum sie sich schlecht fühlte. Wegen Gemmas Tod? Er war in ihr ruhiges Arbeitsleben eingebrochen, und hatte es vergiftet. Aber die Arbeit war geblieben, schien aber nicht mehr auszureichen.
    Dieses Problem beschäftigte sie immer noch, als sie in ihr Büro trat. Sie sah rasch in ihrer Ablage nach, aber da waren nur Hausmitteilungen in einem schäbigen, immer wieder verwendeten Umschlag. Sie rief das Institut für Europäische Studien an, wo die Sekretärin am Apparat war. Marcus Holbrook war nicht da. »Wann könnte ich ihn denn am besten erreichen?«, fragte Roz.
    »Ich glaube, er kommt heute nicht«, sagte die Frau. »Lassen Sie mich kurz nachsehen.« Sie hörte Papier rascheln. »Nein, er hat heute keine Veranstaltungen, sieht so aus, als ob er heute nicht kommt.«
    »Okay.« Roz war genauso frustriert wie zuvor. »Sollte er doch kommen, würden Sie ihn dann bitten, Roz Bishop anzurufen?« Sie gab der Frau ihre Durchwahlnummer.
    Da hörte sie ein Klopfen an ihrer Tür, draußen räusperte sich jemand. Ein junger Mann stand im Flur. Sie sah helles Haar und ein gewinnendes Lächeln, bevor sie Sean erkannte. Sein Haar war feucht, sein Mantel durchnässt, aber er wirkte vergnügt und zufrieden. Auf sie allerdings wirkte er eher deprimierend, denn sie war wirklich nicht in der Stimmung für Sean.
    »Sean«, sagte sie und klang kühl. »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Ich kann etwas für Sie tun«, sagte er mit einem fröhlichen Grinsen.
    Roz hatte keine Lust für irgendwelche Spielchen. »Wollten Sie etwas von mir?«
    Er schwieg und schien über etwas nachzugrübeln. Dann sagte er: »Sie haben mich doch gebeten, etwas für Sie nachzusehen.«
    Gemmas Fragen! Er hatte gesagt, er würde nachsehen, was genau sie gesucht hatte. Roz hatte angenommen, er würde es vergessen. Sie spürte, dass sie rot wurde. »Tut mir Leid«, sagte sie, »ich hatte es vergessen.«
    Er reagierte leicht gereizt. »Das heißt, Sie brauchen es nicht mehr?«
    »Doch, doch, natürlich brauche ich es. Ich hatte nur vergessen, dass Sie gesagt hatten …« Das war wahrscheinlich noch schlimmer, denn sie teilte ihm indirekt mit, dass sie ihn komplett vergessen hatte. »Ich hatte nicht erwartet, dass Sie etwas finden würden«, verbesserte sie sich.
    »Also eigentlich …« Er sah zerknirscht aus. »Eigentlich habe ich auch nichts gefunden. Ich weiß nur, dass sie sich die Dateien angesehen hat, aber wenn sie das gefunden hat, was sie suchte, gibt es dafür keinen Beleg.«
    »Und Sie sind in diesem Wetter hier herübergekommen, um mir das zu sagen?« Roz fand das amüsant und war gerührt. »Das ist eine Tasse Kaffee wert.«
    »In Broomhill gibt es ein neues Lokal«, sagte er sofort. »Wir könnten …«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, wir haben Kaffee hier. Ich hole welchen. Milch? Zucker?« Luke machte es nie etwas aus, wenn Roz seinen Kaffee an Besucher ausschenkte. Sie ging in sein Zimmer und merkte, dass Sean sich an ihre Fersen geheftet hatte. Sie erschrak, als sie die Tür öffnete. Als sei Platz frei geworden, standen auf Lukes Schreibtisch verpackte neue Geräte. Alles war umgeräumt, und Roz

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