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Nachtengel

Titel: Nachtengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danuta Reah
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mich besser kennen.
    »Ein bisschen morbid«, sagte er, runzelte die Stirn und sah sich die Bilder genauer an, die bei Aktivierung des Links erschienen. Er zoomte das Gesicht und dann den Oberkörper nahe heran, und seine Augen wurden schmal und nachdenklich. »Ich bin mir nicht sicher …«, sagte er und vergrößerte eines der Bilder auf Monitorgröße. Es war ein plumpes Foto mit geschmacklosen anatomischen Einzelheiten. ›Jemima‹ lag auf einem Teppich, strich sich über die Schamhaare und lächelte entrückt in die Kamera. »Sieh mal«, sagte er. Er rief wieder die Hell-Dunkel-Studie, das Bild mit dem Hyperlink, auf, ein von Luke Hagan aufgenommenes Foto. Lynne beobachtete, wie er zwischen diesem und dem anderen Bild hin- und herwechselte.
    Jetzt sah sie es auch. »Es ist nicht die gleiche Frau«, sagte sie. Auf beiden Bildern lehnte sich die Frau zurück. Auf dem ersten sanken trotz der über den Kopf erhobenen Hände ihre Brüste durch ihr eigenes Gewicht zur Seite. Obwohl auf dem kleineren Foto bei den veränderten Schwerkraftbedingungen ihre Körperhaltung kaum anders aussah, ragten ihre Brüste so steil nach oben wie auf der Zeichnung eines Jugendlichen, als gehörten sie nicht an ihren Körper. Implantate. Gemma Wishart hatte keine Brustimplantate gehabt. Das Gesicht auf den kleineren Fotos gehörte Gemma Wishart, aber nicht der Körper.
    Sie sahen sich an. »Das ist ja widersinnig«, sagte Farnham.
    »Vielleicht wollte sie ihre Bilder schnell im Netz haben?«, schlug Lynne vor. »Und sie nahm welche, die gerade zur Verfügung standen, und hat sie frisieren lassen?«
    »Es wäre schneller und einfacher gewesen, die eigenen Bilder zu verwenden«, sagte er. »Und warum sind sie überhaupt da? Und wenn sie zu sehen sind, warum sie dann verschwinden lassen?« Das war Lynne auch ein Rätsel gewesen. Die primitiven, überdeutlichen Fotos waren nicht untypisch für viele Pornoseiten, von denen es im Web immer mehr gab, aber sie passten nicht zu den Bildern, an die sie sich von der Angel-Website her erinnerte. Das waren Bilder von Glamourgirls, jede Menge Po und Busen, zugegeben, aber darauf angelegt, dem Internet-Surfer Appetit zu machen. Du siehst nur das hier. Manche Leute können alles sehen, alles tun. Ruf uns einfach an … Und sie hatte zugelassen, dass diese Website verschwand.
    »Was meinst du?«, fragte sie.
    »Anderson hält die Website für eine Fälschung«, sagte er. »Oder diese Bilder. Fast glaube ich das auch schon. Wir haben uns Gemma Wisharts Vergangenheit angesehen, und es gibt nichts, absolut nichts, das diese Sache mit der Begleitagentur bestätigt. Niemand weiß etwas davon, nirgendwo gibt es verstecktes Geld, keine Zeiten in ihrem Leben, für die es keine Erklärung gibt – oder jedenfalls nicht viel Zeit. Nur das hier.«
    Lynne erinnerte sich, dass ihr die Bilder von Jemima von Anfang an ungewöhnlich vorgekommen waren. Das erste Bild war kein Foto im Stil eines Glamourgirls. Sie erinnerte sich, dass Des Stanwell sie ›piekfeine Studentin‹ genannt hatte. Die anderen Jemima-Bilder waren düsterer als die erotische Verlockung, die ihr von den restlichen Fotos in Erinnerung geblieben war. Sie fragte sich, wie leicht es wohl wäre, an einer schon existierenden Website etwas zu verändern. »Ich glaube, die Seite war echt«, sagte sie. »Eine meiner Kontakte, eine der Prostituierten, hat den Namen erkannt. Und der Rest der Seite war anders als die Jemima-Seiten. Ich glaube, Angel Escorts gibt es wirklich.«
    Er sah nachdenklich aus. »Vielleicht«, sagte er. »Es gibt eine oder zwei Richtungen, in die wir noch ermitteln müssen.«
    Sie waren zu der Adresse gefahren, die Celia Fry ihnen als die von Anna Krleza gegeben hatte. »Natürlich niemand zu Hause«, sagte er. »Aber jemand muss dagewesen sein – ihre Sachen waren gepackt. Es sah aus, als hätte sie es beim Weggehen sehr eilig gehabt. Aber wir haben das hier mitgenommen.« Er zeigte ihr ein Foto. Lynne betrachtete es. Es war das Brustbild einer dunkelhaarigen jungen Frau mit blassem Gesicht und dunklen Augen.
    »Es sieht aus wie ein Passfoto«, sagte sie.
    Farnham lächelte, blieb aber ernst dabei. »Ist es auch«, sagte er. »Ein junger Mann war in einem der Zimmer im Erdgeschoss. Er sagte, er hätte sich um ihre Sachen gekümmert, da sie eine Weile schon nicht mehr da gewesen sei. Am Montagabend sei jemand ins Zimmer eingedrungen. Er sei auf der Feuerleiter hinaufgestiegen, um nachzusehen, und hätte den Störenfried, wer

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