Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachtengel

Titel: Nachtengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danuta Reah
Vom Netzwerk:
›Jemima‹, Gemma Wishart. Aber der Rest der Internetseite hätte wertvolle Hinweise enthalten können. Wishart war Engländerin, aber einige der anderen Frauen auf der Seite nicht, und dies waren die Frauen, die Lynne finden musste. Sie hatte sich von dem Fall Wishart ablenken lassen und ihre eigene Arbeit vernachlässigt.
    Sie überdachte noch einmal, was sie übersehen haben könnte. Eine Fährte zu der Person, die die Internetseite ins Netz gestellt hatte? Wahrscheinlich nicht. Wenn eine Website anonym ins Internet gestellt wurde, war es schwer, dem Anbieter auf die Spur zu kommen. Aber der Zweck der Seite war die Kontaktaufnahme. Eine Pornoseite, das war eine Sache, aber die Internetseite eines Begleitservices war sinnlos, wenn Männer keinen Kontakt aufnehmen und sich eine der Frauen bestellen konnten. Die Telefonnummern? Hätten die etwas gebracht? Oder hatten sie alle Nummern geändert, als sie merkten, was mit Jemima geschehen war? Hätte sie die Nummern gehabt, dann hätte sie damit die ungefähren Telefonstandorte ausfindig machen können, und wenn sie noch benutzt wurden … Auf dem Mobiltelefon, dessen Nummer auf der Angel-Escorts-Karte gestanden hatte und mit dem bei Luke Hagan angerufen worden war, herrschte laut Farnham hartnäckige Funkstille.
    Sie hatte lediglich die Bilder von Jemima, die Farnham mehr nützten als ihr. Sie öffnete die Datei, in der die Bilder abgespeichert waren, und betrachtete sie noch einmal. Das Bild einer unschuldigen, jungen Frau in Jeans und T-Shirt mit windzerzaustem Haar, die in die Kamera lächelte. Dann die anderen – das mit dem mutwilligen Lächeln über hochgezogenen Knien, ein verräterisches Bild, das aber einen unerwarteten Charme hatte. Und die Fotos mit den Fesseln, auf denen Gemma Wishart stand und die zusammengebundenen Handgelenke hoch über den Kopf streckte, und der ganze Körper so straff in die Höhe gereckt war, dass ihre Zehen gerade noch den Boden berührten. Ihre Augen blickten herausfordernd und einladend direkt aus dem Bildschirm heraus. Und das letzte Foto. Lynne fand es sehr düster und im Halbdunkel mehr verdeckend als enthüllend, es war eher unheimlich als verlockend. Oder kam ihr das nur so vor, weil sie das andere Bild von Gemma Wishart gesehen hatte, auf dem sie wie eine obszöne Parodie dieses Fotos wirkte und tot in der Badewanne lag? Frustriert betrachtete sie die Bilder, die ihr, hätte sie nur etwas mehr Informationen, so viel sagen könnten. Luke Hagan hatte die Bilder aufgenommen, aber Farnham glaubte nicht, dass er etwas mit Angel Escorts zu tun hatte. Sein Lebensstil und seine Tätigkeit passten nicht zu dem Profil eines Mannes, der Geschäfte mit Prostituierten machte. Sie suchte auf den Bildern nach eventuell übersehenen Details, ein Blatt Papier, ein Notizbuch, ein Brief, möglicherweise mit dem Hinweis von Wishart: Luke Hagan hat mich umgebracht. Während sie nachdachte, fuhr sie mit der Maus die Linien und Kurven der Gestalt auf den Bildern nach.
    Es war ein geschmackloser Scherz. Als der Cursor über das Schamhaar der zurückgelehnten Gestalt glitt, erschienen auf dem dunklen Schatten eine Hand und die Worte Komm näher und lerne mich besser kennen auf dem Bildschirm. Es war ein Hyperlink, der an eine andere Stelle weiterführte. Auf eine andere Internetseite oder einen anderen Teil dieser Website? Hatte sie diese andere Seite vielleicht damals mit den Bildern heruntergeladen? Sie hielt die Luft an, als sie auf die Stelle klickte, und atmete erst wieder aus, als sie sah, dass sich neue Fotos auf dem Bildschirm aufbauten.
    Es war eine Reihe kleiner Bilder, auf denen nach dem gängigen Schema auf jedem Foto immer ein bisschen mehr gezeigt wurde, bis daraus plumpe anatomische Details wurden. Hier war Wishart in greller Beleuchtung im Stehen oder auf einem Stuhl sitzend aufgenommen. Aber diesen Fotos fehlte die Raffinesse der anderen Aufnahmen, und sie schienen mehr auf Enthüllung des Körpers angelegt. Lynne fragte sich, ob Luke Hagan sie gemacht hatte. Sie vermittelten nicht den Eindruck einer persönlichen Beziehung zwischen dem Modell und dem Fotografen, die sie in den früheren Bildern erkannt hatte.
    Sie würde Farnham später am Abend in ihrer Wohnung sehen, aber diese Sache konnte nicht so lange warten. Sie nahm den Hörer, und fünf Minuten später war er in ihrem Büro und betrachtete sich die Bilder auf dem Monitor. Er zog die Augenbrauen hoch und führte selbst den Cursor über das Foto. Komm näher und lerne

Weitere Kostenlose Bücher