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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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ich nicht.« Ich weiß bereits, daß der Weißhaarige der Mörder ist, doch das behalte ich vorläufig für mich.
    »Was soll dann diese Hausdurchsuchung?«
    »Wir könnten auf einen Hinweis stoßen, der uns weiterhilft.«
    Dieser Hinweis fällt zehn Minuten später Vlassopoulos in die Hände. »Sehen Sie mal, Herr Kommissar.«
    Und er überreicht mir einen undatierten Scheck über fünfzehn Millionen. Die Unterschrift darauf ist so deutlich lesbar, daß ich sie sofort als die Karamitris’ identifizieren kann.
    »Was ist das?« frage ich und deute auf den Scheck.
    »Ein Scheck.«
    »Das sehe ich. Das ist einer der undatierten Schecks, die in Koustas’ Besitz waren und mit denen er Sie erpreßte. Wie ist er in Ihre Hände gelangt?« Bevor er antworten kann, füge ich schnell hinzu: »Sehen Sie sich vor, tischen Sie mir keine Lügen auf, denn ich werde Ihre Bankkonten prüfen und dahinterkommen, ob Sie ihn eingelöst haben.«
    »Er ist per Post gekommen«, stammelt er.
    »Mit der Post? Wollen Sie mich auf den Arm nehmen, Karamitris?«
    »Nein, ich sage die Wahrheit. Er kam vorgestern mit der Post.«
    »Und wo ist der Umschlag?«
    »Den habe ich weggeworfen.«
    »Was ist mit dem zweiten Scheck über zwanzig Millionen, den Sie Koustas ausgestellt hatten?«
    »Weiß ich nicht. Im Umschlag war nur der hier.«
    Der Fall beginnt, feste Formen anzunehmen. Ich suchte im Rotlichtmilieu und in Mafiakreisen, und die Lösung war vor meiner Nase. Ich hatte ihn von unserem ersten Gespräch an im Verdacht, doch Koustas’ Geldwaschanlage hatte mich auf eine andere Fährte gesetzt.
    »Herr Karamitris, Sie kommen mit mir auf das Polizeipräsidium, denn Sie sind mir einige Erklärungen schuldig«, sage ich.
    »Der Scheck kam per Post. Ich sage Ihnen die Wahrheit.«
    »Sie erzählen mir ein Ammenmärchen. Wer schickt schon ein Geschenk in der Form eines Schecks über fünfzehn Millionen per Post und nicht einmal mit einem Kurierdienst? Macht mir auch den zweiten ausfindig«, sage ich zu Vlassopoulos.
    Sie bemühen sich redlich, doch sie können ihn nicht auftreiben. Der zweite Scheck lautet auf seine Schallplattenfirma, und wahrscheinlich hat er ihn ins Büro mitgenommen. Karamitris’ Wagen bleibt vor dem Haus stehen, und wir machen uns alle gemeinsam im Streifenwagen auf den Weg.

54
    V lassopoulos und Dermitzakis schließen Karamitris in dem Raum für die Verhöre ein. Ich lasse ihn schmoren und gehe in mein Büro. Wenn ich streng nach Vorschrift handeln wollte, müßte ich Gikas benachrichtigen. Doch ich beschließe, das erst nach dem Verhör zu tun.
    Ich höre das Telefon schon an der Tür und stürze mich darauf. Es ist Adriani. »Du hast gesagt, du kommst bald nach Hause. Was ist passiert?« fragt sie mich voller Unruhe.
    »Ich bleibe auf meinem Posten. Die Lage hat sich geändert, und wir fangen wieder von vorne an.« Ich erzähle ihr, was vorgefallen ist.
    »Recht geschieht ihnen«, lautet ihr schadenfroher Kommentar. »Brauchst du noch lange?«
    »Frag lieber nicht. Keine Ahnung.«
    »Gut, komm einfach, wann du möchtest.« Heute läuft alles wie am Schnürchen. Der Minister hebt meine Dienstsuspendierung auf, und Adriani gewährt mir unbegrenzten Ausgang.
    Dem ersten Anruf folgt unmittelbar ein zweiter, diesmal ist Katerina dran. »Was gibt es Neues, Papi?«
    »Bist du gut angekommen?«
    »Sprechen wir lieber nicht von mir, sondern davon, was bei dir los ist.« Ich erzähle meinen Tagesverlauf in allen Einzelheiten. »Hab ich’s dir nicht gesagt, daß sie nicht wagen werden, dich zu behelligen!« kommentiert sie zufrieden.
    »Und was soll ich mit dem Lexotanil anfangen?« frage ich schelmisch.
    »Behalt es. So wie du alles immer persönlich nimmst, wirst du es bald wieder brauchen.«
    Ich lege auf und rufe Dermitzakis auf einer Dienstleitung. »Bestell die beiden jungen Leute, die die Leiche der Karamitri gefunden haben, zum Porträtzeichner der Spurensicherung. Sie sollen sich mit ihm zusammensetzen und ein Phantombild erstellen.«
    »Ja, aber nach ihrer Aussage haben sie ihn doch nur flüchtig gesehen.«
    »Wenn sie sich anstrengen, werden ihnen noch Einzelheiten einfallen. Lade im Notfall auch Mantas vor. Er hat ihn nachts gesehen, als er auf Koustas zuging, um ihn zu töten. An irgend etwas wird er sich schon erinnern. Und ich brauche einen Hausdurchsuchungsbefehl, damit wir in Karamitris’ Büro können.«
    Ich will mich gerade zum Verhörraum begeben, da hält mich das Telefon zurück. Ich bin seltsam berührt, als

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