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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Fensterscheibe abgeprallt. Sie dürfte im Inneren des Wagens liegen.«
    »Wann ist es passiert?«
    »Vor zwei Stunden höchstens.«
    Ich blicke auf die Uhr. Es ist elf Uhr. »Haben Sie Kampfspuren gefunden?«
    »Nein.«
    »Was für eine Waffe war es?«
    »Auf den ersten Blick würde ich sagen: ein 38er Revolver, doch das kann ich Ihnen erst nach der Obduktion bestätigen.«
    Ich sehe, wie sich von weitem der Krankenwagen nähert. Er parkt neben dem Streifenwagen, und die beiden Sanitäter kommen mit der Tragbahre auf uns zu. Ich rufe Dimitris von der Spurensicherung. »Sucht nach der Kugel, sie muß irgendwo im Wagen liegen.«
    Wenn der Revolver ein 38er Kaliber war, dann handelte es sich in beiden Fällen um denselben Weißhaarigen. Das macht die Sache jedoch noch komplizierter. Nun gut, er hat Koustas umgelegt, weil er der Kopf des Geldwäscheunternehmens war. Wozu aber sollte er die Karamitri ins Jenseits befördern? Irgend etwas paßt hier nicht zusammen. Außer der Weißhaarige hat auch Petroulias getötet. Was hieße, es handelte sich um eine regelrechte Säuberungsaktion. Und man scheint es darauf anzulegen, die Spuren zu verwischen. Darüber könnte uns aber nur der Mörder oder die Blonde aufklären, von der wir weder wissen, wer sie ist, noch wo sie sich aufhält.
    Ein silbergrauer Nissan fährt heran und bleibt vor mir stehen. Die Tür geht auf, und Kosmas Karamitris steigt aus.
    »Ich wurde gerade vor einer halben Stunde verständigt. Ist es wirklich wahr?« fragt er ganz aufgeregt.
    »Ja. Ihre Frau ist aus nächster Nähe erschossen worden. Wo waren Sie, als Sie die Nachricht erhielten?«
    »In meinem Büro.«
    »Um wieviel Uhr sind Sie von zu Hause aufgebrochen?«
    »Um halb neun, wie jeden Morgen.«
    »War Ihre Frau zu Hause, als Sie losgefahren sind?«
    »Ja. Sie war noch nicht aufgestanden.«
    Demzufolge wußte der Mörder, um welche Uhrzeit Karamitris üblicherweise das Haus verließ, oder hatte beobachtet, daß er wegging. Danach rief er Loukia Karamitri an und bestellte sie hierher. Wieso aber ließ sie sich von einem Unbekannten hierherlocken? Kannte sie ihren Mörder? Wie Koustas? Wenn sie ihn kannte, dann war sie in den ganzen Fall viel tiefer verstrickt, als sie zugegeben hatte.
    Dimitris kommt mit einer Plastiktüte auf mich zu. »Wir haben sie gefunden, Herr Kommissar. Es ist eine Kugel aus einem 38er Revolver. Ich wette, daß es dieselbe Waffe ist, mit der auch Koustas umgebracht wurde.«
    »Koustas?« fragt Karamitris baff. »Was reden Sie da? Daß derjenige, der Koustas getötet hat, auch meine Frau erschossen hat?«
    Ich entgegne nichts, denn meine Gedanken bleiben plötzlich bei einer anderen Tatversion hängen. Was ist, wenn ich mich irre? Wenn die, die Koustas und seine geschiedene Frau getötet haben, keine seiner Genossen aus der Mafiaszene waren, sondern Dritte, die von ihrem Ableben profitierten?
    »Fahren wir für alles Weitere in mein Büro«, sage ich zu Karamitris. »Wir müssen sowieso Ihre Aussage aufnehmen.«
    »Mir wurde gesagt, ich solle meine Frau in der Anatomie identifizieren.«
    »Das eilt nicht, das ist ein formaler Akt. Außerdem habe ich sie identifiziert, denn ich kannte sie ja.«
    Eigentlich mag er nicht mitkommen, doch er kann nichts dagegenhalten. »Na dann los«, meint er zu mir.
    »Dürfen wir zuerst Ihr Haus durchsuchen?«
    Ein Verdacht kriecht in ihm hoch, und er mustert mich. »Bin ich tatverdächtig?« fragt er.
    Ich zucke mit den Schultern. »In jedem Mordfall ist das nächste Umfeld des Opfers verdächtig, bis das Gegenteil bewiesen ist«, antworte ich so vage wie möglich. »Wenn Sie einwilligen, kann das nur heißen, daß Sie nichts zu verbergen haben.«
    Er zaudert ein bißchen, doch dann gibt er klein bei. »Na gut, aber ich möchte dabeisein.«
    Ich winke Vlassopoulos und Dermitzakis heran, die ich auf die Suche nach möglichen Augenzeugen geschickt hatte und die erfolglos zurückgekehrt sind. Karamitris fährt mit seinem Wagen voraus, und wir folgen ihm.
    Ich lasse Vlassopoulos und Dermitzakis die Durchsuchung übernehmen, während wir in den beiden Wohnzimmersesseln Platz nehmen. Ich blicke mich um. Nichts hat sich seit meinem letzten Besuch verändert. Es bietet sich dasselbe Bild eines gesellschaftlichen Abstiegs, der auch durch verschiedene kleine Tricks nicht mehr zu verbergen ist.
    »Meine Angestellten können bestätigen, daß ich gegen Viertel nach neun ins Büro gekommen bin, so wie jeden Morgen«, erklärt Karamitris.
    »Das bezweifle

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