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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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sichtlich über seine Aufgabe, steigt aus dem Streifenwagen, packt den jungen Mann an der Schulter und schubst ihn vor sich her.
    »Wie heißen Sie?« frage ich die junge Frau.
    »Maria … Maria Stathaki.«
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist, Maria. Ganz ruhig, nehmen Sie sich Zeit. Erzählen Sie, und dann können Sie gehen.«
    Sie zieht an ihrer Zigarette und starrt auf die Glut. »Stratos und ich waren gerade auf dem Weg nach Oropos, zur Fähre«, flüstert sie. »Ich hatte die Idee, über Varybombi zu fahren, weil die Waldstrecke am frühen Morgen viel schöner ist. Wir hatten uns aber verfahren und wußten nicht, wie wir auf die Nationalstraße kommen sollten. Wir sahen den geparkten Wagen, und Stratos schickte mich hin, um nachzufragen. Die Frau saß … saß so da, wie Sie sie gesehen haben. Ich klopfte an die Scheibe, doch sie wandte den Kopf nicht in meine Richtung. Das kam mir seltsam vor.«
    Sie beginnt zu zittern und bricht in Tränen aus. Ich fürchte, daß der kleine Nervenzusammenbruch sie vernehmungsunfähig machen könnte, doch sie fährt stammelnd fort.
    »Ich dachte, ihr wäre vielleicht nicht gut – und ich öffnete die Tür … Ich faßte sie an, doch sie rührte sich nicht … Dann – dann sah ich das Einschußloch an der Schläfe.« Nun schluchzt sie laut auf.
    »Und da haben Sie gemerkt, daß sie tot war.«
    Sie nickt bestätigend. »Ich holte Stratos, und der rief die Funkstreife.«
    »Von wo aus telefonierte er?«
    »Von seinem Handy.«
    »Beruhigen Sie sich, Maria. Das war’s auch schon. Sobald ich mit Ihrem Freund gesprochen habe, können Sie fahren.«
    Sie zündet sich eine neue Zigarette an. Der junge Mann sitzt mit knatterndem Motor rittlings auf seiner Maschine. Da wir ihn ein wenig geschubst haben, stellt er sich bestimmt schon auf ein filmreifes Verfolgungsrennen mit der Polizei ein.
    »Um welche Uhrzeit haben Sie die Funkstreife verständigt?« frage ich ihn.
    »So gegen halb zehn vielleicht.«
    »Nachdem Sie festgestellt hatten, daß die Frau tot war, wie lange haben Sie da gebraucht, bis Sie die Polizei gerufen haben?«
    »Ich sehe doch nicht ständig auf die Uhr«, entgegnet er in provokantem Tonfall.
    »Fünf Minuten? Zehn? Eine Stunde? Wie lange in etwa?«
    »An die zehn Minuten.«
    »Haben Sie jemanden vorbeikommen sehen, während Sie hier standen?«
    »Wer sollte denn vorbeikommen?«
    Mich juckt es in den Fingern, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. »Was weiß ich, ich habe Sie gefragt. Ein Fußgänger, ein Wagen, ein Motorrad …«
    »Nein, wir haben niemanden gesehen. Die Strecke war wie ausgestorben. Welcher Verrückte fährt um diese Uhrzeit durch den Wald außer uns?« Und der umgebrachten Karamitri, ergänze ich unhörbar. »Wir haben aber bei der Herfahrt einen Wagen gesehen.«
    »War er bergauf oder bergab unterwegs?«
    »Er fuhr in Richtung Athen. Ein Toyota Corolla. Circa fünfhundert Meter von hier entfernt.«
    »Haben Sie vielleicht auf das Nummernschild geachtet?«
    »Nein.«
    »Dann auf den Fahrer?«
    »Ja.«
    »Dann reden Sie schon und bringen Sie mich nicht zur Verzweiflung!« fahre ich ihn an. »Muß ich Ihnen jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen?«
    »Ich konnte einen Blick auf ihn werfen, weil er das Fenster heruntergekurbelt hatte. Er hatte weißes Haar.«
    »Weißes Haar?« Lambros Mantas, Koustas’ Türsteher im Rembetiko, hatte mir erzählt, daß Koustas’ Mörder weißes Haar hatte. »Und wie sah sein Gesicht aus?«
    »Das konnte ich nicht erkennen. Sobald er uns bemerkte, gab er Vollgas und raste an uns vorüber.«
    Ich rufe einen der Polizeibeamten aus dem Streifenwagen herbei. »Nehmen Sie ihre Personalien auf, damit sie später ihre Aussage machen können«, sage ich. »Dann können sie gehen.«
    Wenn es sich nicht um einen Zufall handelt, dann ist Karamitris Mörder und Koustas’ Mörder ein und dieselbe Person. Und die Tatsache, daß er Vollgas gab, als er das junge Paar sah, bestärkt mich in dieser Auffassung.
    Markidis ist fertig und sammelt seine Gerätschaften zusammen. »Worum handelt es sich?« frage ich ihn.
    »Man hat ihr aus unmittelbarer Nähe in die linke Schläfe geschossen. Sehen Sie?« sagt er und beugt sich in das Wageninnere, um mir die Schläfe der Karamitri zu zeigen. »Der Abdruck der Waffenmündung ist deutlich zu sehen. Das Einschußloch ist vollkommen rund, und die umliegenden Haare sind versengt. Der Schmauchring ist mit bloßem Auge auszumachen. Die Kugel ist an der rechten Schläfe wieder ausgetreten und an der

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