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Nachtflug Zur Hölle

Nachtflug Zur Hölle

Titel: Nachtflug Zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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im Zweiten Weltkrieg unter Führung seines Vaters Litauen gerettet hatte.
    »Keine Landeerlaubnis, General«, meldete der Pilot. »Bloß die Aufforderung, wegzubleiben.«
    Palcikas explodierte förmlich. »Dies ist mein Land, mein Luftraum, und ich lasse mir von keinem befehlen, was ich tun soll! Gehen Sie bei den Fahrzeugen dort vorn tiefer – bei dem Stabsfahrzeug mit dem Wimpel. Die anderen Hubschrauber sollen in der Nähe bleiben.«
    »Aber das scheint der Befehlswagen des zuständigen Kommandeurs zu sein, General.«
    »Gehen Sie dort in Schwebeflug über. Mindestens zwanzig Meter entfernt und weniger als zehn Meter hoch.« Palcikas löste seine Gurte, stand vom Copilotensitz auf und ging nach hinten. Auf dem Weg zum Laderaum des mit zwei Triebwerken ausgerüsteten Kampf- und Transporthubschraubers Mil Mi-8 aus sowjetischer Produktion kam er an seinem Adjutanten vorbei. Major Alexei Kolginow, ein noch junger russischer Infanterieoffizier, war seit vielen Jahren mit Palcikas zusammen. »Los, mitkommen, Alexei!«
    »Wollen wir…?« Der Major brachte den Satz nicht zu Ende, sondern starrte Palcikas verblüfft an. Sein Vorgesetzter hatte sich feste Lederhandschuhe übergestreift und ein fünf Zentimeter dickes Kokosseil aus dem Staufach über der Laderaumtür geholt. Jetzt überzeugte er sich davon, daß es sicher an seinem Haken im Kabinendach verankert war. »General, was haben Sie…?«
    »Mitkommen!« Palcikas überprüfte seine Pistole, eine sowjetische Makarow TT-33, schob die linke Kabinentür auf und sah hinaus.
    Kolginow, der jetzt wußte, was Palcikas vorhatte, beeilte sich, ebenfalls Handschuhe anzuziehen und sich seine Maschinenpistole AKSU umzuhängen.
    Generalleutnant Anton Ospowitsch Woschtschanka, der weißrussische Dreisternegeneral, der alle Einheiten im Westen seines Landes befehligte, fluchte laut, als der litauische Kampfhubschrauber über ihnen tieferging. Sein Triebwerkslärm machte jede normale Verständigung unmöglich. Er hielt seine Schirmmütze fest, bevor sie davonflog, wandte sich an Oberst Oleg Pawlowitsch Gurlo, der die weißrussischen Einheiten in Litauen und Kaliningrad kommandierte, und brüllte ihm ins Ohr: »Schreiben Sie sich die Nummer auf und stellen Sie fest, wer der Pilot ist! Ich verlange, daß dieses Arschloch binnen einer Stunde zum Rapport bestellt wird!«
    Der Oberst befehligte seit einigen Monaten alle in Litauen stationierten weißrussischen Infanterie- und Panzerverbände. Der Abschuß des Kampfhubschraubers in der vergangenen Nacht und das Aufkreuzen seines Kommandierenden Generals an der Absturzstelle wuchsen sich allmählich zu einem wahren Alptraum für Gurlo aus.
    Dieser neuerliche Zwischenfall würde ihm den Rest geben – wahrscheinlich konnte er von Glück sagen, wenn er seinen Posten noch eine Stunde lang behielt.
    Der Oberst hob den Kopf und kniff wegen des aufgewirbelten Staubs die Augen zusammen. «Dieser verdammte Hubschrauber gehört den Litauern«, stellte er fest. »Ich sorge dafür, daß er sofort …«
    In diesem Augenblick stürzte sich ein Mann aus der linken Laderaumtür des in knapp zehn Meter Höhe schwebenden Hubschraubers.
    Da er sich buchstäblich kopfüber aus der Maschine stürzte, sah das zunächst wie ein Selbstmordversuch aus. Aber der Schock klang rasch ab, als der Uniformierte ein von seinem Hubschrauber herabhängendes starkes Klettertau zu fassen bekam und daran zu Boden glitt. Gleich darauf folgte ihm ein zweiter Mann, der sich jedoch langsamer und vorsichtiger an dem starken Tau in die Tiefe gleiten ließ.
    Die Soldaten in der Umgebung der beiden weißrussischen Offiziere hielten ihre Waffen schußbereit, aber der erste Uniformierte beachtete sie gar nicht, sondern marschierte geradewegs auf General Woschtschanka zu. »Verdammt noch mal, wie kommen Sie dazu, mir die Landung verbieten zu wollen?« brüllte der litauische Offizier, nachdem er den Hubschrauber, aus dem er mit dem zweiten Mann ausgestiegen war, mit einer Handbewegung weggeschickt hatte. »Ich will wissen, was zum Teufel hier vorgeht!«
    Oberst Gurlo erkannte ihn sofort: Vor ihnen stand kein anderer als General Palcikas, der Oberbefehlshaber der kümmerlichen litauischen Streitkräfte.
    »Wer sind Sie?« fragte General Woschtschanka ebenso laut. »Was wollen Sie von mir? Oberst Gurlo, lassen Sie diesen Mann festnehmen!«
    Der Oberst wußte, daß er Palcikas nicht anrühren durfte – das wäre ein kriegerischer Akt, geradezu eine Kriegserklärung gewesen –, aber er

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